13. Etappe der Tour de France Interessenkonflikte und ein Sturz verhindern einen Sprint
Es ist keine leichte Tour de France für die Sprinter. Die Strecke bietet ihnen nur nur sehr wenige Chancen. In Saint Étienne scheitern sie an verschiedenen Faktoren.
Einzeln kamen die Fahrer angerollt auf dem breiten Boulevard Thiers hinter dem Ziel in Saint Étienne. Auf den Trikots zeichneten sich Salzkrusten vom Schweiß des Tages ab, die Gesichter abgekämpft. "Kaputt", rief Yves Lampaert im Vorbeifahren. Der Bauernsohn aus Belgien, wie er sich selbst genannt hatte, als er beim Auftaktzeitfahren der Tour de France in Kopenhagen das erste Gelbe Trikot erobert hatte.
Zwei Wochen sind seitdem vergangen, 13 Etappen und mehr als 2.000 Kilometer sind zurückgelegt. Das Rennen hat seine Spuren hinterlassen. Jedes Team, jeder Fahrer hat mit Problemen zu kämpfen. Die Sprinter haben aber vielleicht am meisten gelitten. Die Strecke der Tour de France ist in diesem Jahr nicht gemacht für die Kraftpakete mit den dicken Oberschenkeln, mit denen sie für kurze Zeit bis zu 1.600 Watt treten können.
Nur zwei statt vier Sprints bisher
Erst zwei Mal ist das Feld bei dieser Tour geschlossen ins Ziel gekommen und hat den Sprintern erlaubt, ihr Ding auf den letzten 500 Metern durchzuziehen. Vier Gelegenheiten hat es bisher - zumindest auf dem Papier - für sie gegeben. Doch auf der 4. Etappe in Calais machte Wout van Aert den schnellen Männern mit einer späten Attacke einen Strich durch die Rechnung.
In Saint Étienne nun gewann der Däne Mads Pedersen zwar im Sprint, aber nur gegen zwei verbliebene Konkurrenten aus der ursprünglich sechs Fahrer umfassenden Ausreißergruppe. Der ehemalige Weltmeister ist ein endschneller Radprofi, aber kein klassischer Sprinter. Dass diese auch auf der ersten Etappe nach den schweren Tagen in den Alpen wieder nicht zum Zuge kamen, hatte mit Interessenkonflikten, fehlender Kraft, taktischen Entscheidungen und einem Sturz zu tun.
Keine ruhigen Etappen bei der Tour
Viele Teams hatten sich auf eine klassische Überführungsetappe ohne Hektik eingestellt. Eine frühe Ausreißergruppe, der man die lange Leine lässt, und ein bisschen Ruhe für die strapazierten Körper und Köpfe. "Wir hatten gedacht, dass es heute etwas ruhiger wird, aber eine ruhigere Etappe gibt es bislang nicht bei der Tour", sagte Maximilian Schachmann vom Team Bora-hansgrohe.
Dort hatte man den deutschen Meister Nils Politt auserkoren, um in einer Ausreißergruppe sein Glück zu versuchen. Politt versuchte dann auch, mit einer größeren Gruppe zu den ersten drei Flüchtigen des Tages aufzuschließen. Das aber wurde vom Team Alpecin-Deceuninck verhindert, das bei einer solchen Konstellation um eine Chance für ihren Sprinter Jasper Philipsen fürchtete. "Ich hätte nicht gedacht, dass Alpecin das nochmal zufährt, aber auf einmal waren sie wieder hinten dran", sagte Politt.
Ewans Sturz verändert das Rennen
Unterstützung erhielt die niederländische Mannschaft von der belgischen Équipe Lotto-Soudal, die mit dem Australier Caleb Ewan einen der weltbesten Sprinter in ihren Reihen hat. Die auf sechs Fahrer angewachsene Spitzengruppe hielt die beiden Teams mit ihrer Tempoarbeit an der Spitze des Feldes an der kurzen Leine. "Die Jungs haben einen richtig guten Job gemacht, die Gruppe war nie zu weit vorne", sagte Ewan. "Und dann weiß ich nicht, was passiert ist. Es hat mitten in der Kurve gekracht und ich konnte nirgendwo mehr hin."

Der australische Radrenn-Profi Caleb Ewan nach seinem Sturz bei der 13. Etappe
Nach dem Sturz 70 Kilometer vor dem Ziel blutete Ewan am Knie und saß eine Weile auf einer Absperrung am Streckenrand. Den Versuch, danach wieder ins Feld zu gelangen, musste er dann nach zwanzig Kilometern aufgeben. Das Team Alpecin-Deceuninck hatte nach dem Sturz und der damit ausbleibenden Unterstützung von Lotto-Soudal die Tempoarbeit eingestellt, weil niemand anderes bereit war, mitzuhelfen.
BikeExchange arbeitet erst spät mit
Das Team Quick Step-Alpha Vinyl, dass mit Fabio Jakobsen den Gewinner des Sprints auf der 2. Etappe dabei hat, war nicht interessiert, weil der Niederländer schon früh den Anschluss verpasst hatte. Dann aber setzte sich das Team BikeExchage vor das Peloton. Doch da war der Vorsprung der Ausreißer schon deutlich angewachsen. Die Tempoarbeit kam zu spät und verhinderte obendrein die Rückkehr von Caleb Ewan ins Feld.
"Sie sind viel zu spät eingestiegen", ärgerte sich Alexander Krieger, der bei Alpecin-Deceuninck die Sprints für Philipsen vorbereitet. Krieger beschwerte sich auch über das Team DSM, das mit dem Italiener Alberto Dainese ebenfalls einen Sprinter dabei hat, sich aber vornehm zurückhielt. "Warum nehmen sie ihn mit, wenn sie nicht für ihn arbeiten wollen?" fragte Krieger.
Noch maximal drei Chancen
Die Antwort allerdings liegt auf der Hand. Mit dem Franzosen Romain Bardet hat DSM nach den Alpen den Gesamtvierten mit guten Chancen auf das Podium in Paris im Team. Der ursprüngliche Plan, Etappen zu gewinnen, ist bei der niederländischen Mannschaft deshalb inzwischen längst vom Tisch. Nun gilt es vor allem, Bardet sicher in die Pyrenäen zu geleiten.
Maximal drei Chancen gibt es nun noch für die Sprinter auf einen Etappensieg. Am Sonntag in Carcassonne könnte es eine Massenankunft geben und vielleicht auch auf der 19. Etappe in Cahors. Ganz sicher aber wird es einen Massensprint in Paris geben. Bis dahin müssen die endschnellen Radprofis mit weiteren Interessenkonflikten rechnen.