Olympia | Kommentar Dopingfall Walijewa: Worst Case für den russischen Sport

Stand: 11.02.2022 12:34 Uhr

Das alles sieht schon verdammt schlecht aus für Russland. Ausgerechnet der Dopingfall einer heimischen Star-Athletin könnte der spektakulärste jener Olympischen Spiele werden, die die letzten für das Team ROC unter Einschränkungen sein sollten. Die letzten, bevor es wieder als russisches Team bei Olympia unter eigener Flagge erstrahlen darf.

Und dann auch noch Kamila Walijewa, das Gesicht der vermeintlich neuen, unschuldigen Generation russischer Athletinnen und Athleten. Sie ist gerade mal 15 Jahre alt. Wenn der Fall abschließend bestätigt wird, wäre es Kinderdoping. Schlimmer geht’s kaum für Russland.

Die Chancen für Walijewa auf einen Freispruch vor der Außenstelle des Internationalen Sportgerichtshof CAS in Peking sind ungewiss. Dabei dürfte der Fall sportrechtlich eigentlich klar sein: Trimetazidin steht seit 2014 auf der Verbotsliste, 2016 wurde das Verbot sogar verschärft. Seitdem ist die Einnahme des sogenannten Stoffwechselmodulators nicht nur innerhalb eines Wettkampfes, sondern auch in der Trainingsphase verboten.

Auch junge Sportlerinnen tragen Verantwortung

Klar ist: In Walijewas Dopingprobe hat sich ein Dopingmittel befunden. Und auch wenn bei Minderjährigen nicht ganz so scharfe rechtliche Rahmenbedingungen gelten wie bei erwachsenen Sportlern, gilt auch hier: Die junge Sportlerin trägt zunächst einmal selbst die Verantwortung für in ihrer Probe entdeckte Dopingsubstanzen. Auch sie steht wie jeder andere Athlet zunächst in der Verantwortung, die Unschuld zu beweisen.

Übrigens der CAS: Das Internationale Sport-Schiedsgericht hat bei der Aufarbeitung des russischen Staatsdoping-Skandals seine Weigerung, eine komplette Verbannung zu verhängen, auch mit dem Schutz der jungen russischen Athletengeneration begründet. Ein Hohn, wenn sich nun herausstellen würde, dass ausgerechnet eine so junge Athletin gedopt ist.

Späte Übermittlung sorgt für Unverständnis

Eine weitere Frage stellt sich: Wie kann man angesichts der Tatsache, dass das Ergebnis dieser Dopingprobe erst sechs Wochen nach dem Test übermittelt worden ist, die Integrität des Wettbewerbs künftig besser schützen? Die späte Übermittlung hat dieser Integrität schwersten Schaden zugefügt. Denn wäre der Fall vorher behandelt worden, wären die Medaillen längst vergeben, und Athletinnen, Offizielle und nicht zuletzt Millionen Fans hätten längst Klarheit. So schneidet sich die Anti-Doping-Bewegung ins eigene Fleisch.

Diese Aussage trifft natürlich auch auf die Tatsache zu, dass Hunderte russischer Verdachtsfälle aus dem Staatsdopingskandal noch immer nicht aufgeklärt sind. Dieses Ergebnis einer ARD-Recherche ist ein Armutszeugnis für die betroffenen Verbände und Institutionen, die mit ihrer nachlässigen Vorgehensweise alle potenziellen Betrüger quasi zu Missetaten ermutigen: Lasst uns ruhig betrügen, es passiert ja eh nichts.