Formel 1 Erdteil-Hopperei - die Formel 1 widerspricht sich selbst

Stand: 08.11.2021 23:00 Uhr

Gerade raste der Formel-1-Zirkus durch Mexiko, davor durch die USA und die Türkei. Jetzt zieht die Karawane nach Brasilien und Katar. Wie passt all das zu den hehren Umweltzielen?

Das Rennjahr der Formel 1 begann Ende März in Bahrain, dann ging es über Europa ins vorderasiatische Aserbaidschan und zurück nach West-Europa. Jetzt im Herbst der Saison folgen Schlag auf Schlag die Erdteile Nordamerika, Mittelamerika, Südamerika und Asien.

Florida zwischen Italien und Spanien

2022 wird es nochmal deutlich verrückter, denn auch der fünfte Kontinent kehrt nach derzeitigem Plan zurück. Zwischen dem zweiten Saisonrennen in Saudi-Arabien jettet der Riesen-Tross nach Australien, dann ist zwischen Italien und Spanien mal kurz ein Rennwochenende in Miami/Florida eingebettet.

Auch die Terminfolge Monaco, Aserbaidschan, Kanada und nach der Sommerpause zurück nach Europa klingt mindestens widersinnig, wenn nicht sogar bizarr. Zumal die Königsklasse des Motorsports bis 2030 klimaneutral sein will.

Es klingt nach "Greenwashing"

Ob die FIA Formula One World Championship dabei im Blick hat, dass nicht mal ein Prozent des CO2-Ausstoßes von den Autos herrührt, erscheint angesichts der irren Aufteilung des Rennkalenders fraglich. Der österreichische "Standard" hat errechnet, dass der PS-Zirkus mit all seiner Logistik, seinen Trucks und Flugzeugen in einem Jahr mehr als 20-mal um den Erdball reist. Da von Klimaneutralität der gesamten Sportart oder von Nachhaltigkeit zu sprechen, klingt nach demselben "Greenwashing", das viele große Unternehmen im Moment in TV-Werbespots zelebrieren.

Bei den Motoren ist die Rennserie dagegen auf dem richtigen Weg. Die beim Bremsen entstehende Energie wird ebenso für die Schubkraft wiederverwertet wie die heißen Auspuffgase. Ab 2025 ist festgelegt, dass nur noch klimaneutrale und nachhaltige Kraftstoffe aus biologischem Abfall verwendet werden dürfen - hier kann die Formel 1 sogar ein Vorbild für den normalen Straßenverkehr sein.

Die Düne als Tribüne

Ob die Ziele von Liberty Media und der FIA in Zukunft dann noch mit der Austragung von Rennen wie in Zandvoort vereinbar sind, erscheint fraglich. Die spektakuläre Rennstrecke am Nordseestrand der Niederlande führt durch ein Naturschutzgebiet. Dünen sollen die gerade in den Niederlanden sehr verwundbare Küste schützen, das schließt eine Nutzung als Tribüne für Tausende von Formel-1-Fans prinzipiell aus.

Umweltaktivisten von "Extinction Rebellion" kritisierten die Austragung als "Beispiel für unnötige Emissionen, die Zerstörung der Natur und die Vetternwirtschaft, die unsere Zukunft bedrohen". Am Rennsonntag veranstaltete die Gruppe ein "Formel-0-Radrennen" am Rand der Strecke und fand Gehör bei den Fahrern. Sebastian Vettel beispielsweise begrüßte die Aktion, weil er für gut und wichtig halte, "Aufmerksamkeit zu erregen".

Vettel: Die Formel 1 muss mehr tun

Dass Vettel selbst Teil der umweltzerstörenden Industrie ist, schließt dabei überhaupt nicht aus, dass er sich sinnvolle Gedanken über die Verbesserung der Gesamtsituation macht - im Gegenteil. Vettel muss sich in den Sozialen Medien zwar oft anhören, er sei ein Heuchler, wenn er ein 1.000-PS-Auto fährt und gleichzeitig über Umweltschutz spricht. Dabei sagt er total nachvollziehbare Sätze wie: "Die Formel 1 hat erste Schritte unternommen, das ist gut. Aber ist es schon genug? Nein. Die Menschheit kann noch sehr viel tun, und die Formel 1 kann auch noch sehr viel tun." Beispielsweise den Rennkalender reformieren.