Der US-amerikanische Sprinter Fred Kerley bei der Leichtathletik WM 2022 in Eugene.

Aus der Armut auf den Sprint-Thron? Kerley kann sich zum König der WM krönen

Stand: 16.07.2022 15:35 Uhr

100-m-Sprinter Fred Kerley ist auf einer Mission. Der gläubige Christ aus Texas will nach der Olympia-Silber-Enttäuschung von Tokio nun Gold bei der Heim-WM in Eugene. Es wäre eine Geschichte, wie sie nicht nur die Amerikaner lieben.

Kerleys erster Auftritt im Hayward Field war beeindruckend: 9,79 Sekunden im Vorlauf, mit angezogener Handbremse. Keine Frage, Gold geht am Sonntag (17.07.2022/4.50 Uhr MESZ/im Liveticker bei sportschau.de) nur über den selbstbewussten Amerikaner, der bei den US-Trials noch drei Hundertstel schneller war.

"Ich bin in der Kirche aufgewachsen", sagt Kerley: "Man muss den Glauben haben, um nach oben zu kommen. Man muss daran glauben, dass man gewinnen wird. Man muss daran glauben, dass man Großes vollbringen wird - und ich glaube, dass ich Großes vollbringen werde."

Konzentration auf kurze Sprintstrecken erst seit 2021

Es ist Kerleys erste WM als Hauptdarsteller auf der ganz großen 100-m-Bühne. 2017 und 2019 war er noch über die 400 m dabei, wurde Siebter und Dritter. Erst nach einer Verletzung konzentriert sich der 27-Jährige seit dem Vorjahr auf die 100 m und 200 m. Die Staffel noch dazu genommen, könnte sich Kerley zum König dieser WM krönen.

Aufgewachsen bei der Tante - als Teenager fast im Gefängnis

Es wäre der vorläufige Höhepunkt einer Lebensgeschichte, die auch anders verlaufen hätte können. Als Kleinkind wurde Kerley zusammen mit seinen vier Geschwistern von seiner Tante Virginia adoptiert. Sie zog damit 13 Kinder groß, nicht immer wurden alle satt. Als Teenager landete Kerley fast im Gefängnis. Über den Sport schaffte er es dann ans College.

"Silber ist nicht genug"

"The Legend", wie sich der Amerikaner selbst nennt, will den Titel unbedingt, nachdem er bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr "nur" Silber mit nach Hause nehmen konnte. "Ich habe etwas erreicht, aber Silber ist nicht genug - ich wollte Gold."

Ich weiß, was ich für die Goldmedaille tun muss. Und ich weiß, dass 2022 eines der besten Jahre meines Lebens sein wird.
Fred Kerley

Kerleys Ziel ist nicht weniger als der Weltrekord

Und auch WM-Gold wird den Getriebenen wohl nicht vollends befriedigen. "Wann immer ich Usain Bolts Weltrekord kriegen kann - das ist es, was ich anstrebe", sagt Kerley. Die 9,58 Sekunden des Jamaikaners schlagen seit der WM 2009 in Berlin als Bestmarke zu Buche - sie scheinen mit Kerley auf der Bahn aber nicht mehr so unantastbar.

Bolt selbst sieht das naturgemäß anders. "Ich glaube, in Eugene werden wir keinen Weltrekord sehen", sagte der inzwischen 35 Jahre alte Jamaikaner der Funke Mediengruppe. Er fügte aber noch hinzu: "Man sagt nicht umsonst: Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Aber ob das eines Tages passiert? Ich weiß es nicht."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 15.07.2022 | 20:20 Uhr