Der niederländische Handballer Dani Baijens im Spruingwurf

Handball-WM 2023 Alarmstufe Oranje - die schnellen Niederländer kommen

Stand: 21.01.2023 11:59 Uhr

Deutschlands Handballer haben bei der WM richtig Fahrt aufgenommen. Das passt gut. Denn gegen die Niederlande wird es nicht nur ein wichtiges Hauptrundenspiel, sondern auch extrem schnell.

Von Robin Tillenburg, Kattowitz

Wenn Deutsche über die Grenze in die Niederlande fahren, müssen sie sich erst einmal an das Tempolimit auf den Autobahnen gewöhnen. Diese Sache dürfte den deutschen Handballern im zweiten WM-Hauptrundenspiel am Samstagabend (21.01.2023, live in der Audio-Vollreportage) erspart bleiben. Denn die Niederländer sind nicht nur hervorragend ins Turnier gekommen, sondern auch pfeilschnell. Tempolimit: Fehlanzeige.

Ein Deutschland-Sieg bedeutet Viertelfinale

Nach dem berauschenden deutschen Sieg über die Argentinier, mit dem das DHB-Team den vierten Sieg im vierten Spiel feierte, waren die Spieler am Sportschau-Mikrofon zwar verständlicherweise euphorisch, wollten aber den Blick dann doch schnell auf die kommenden Aufgaben richten. "Wir wissen, dass wir noch lange nicht am Ziel sind, und jetzt geht der Fokus auf die nächsten Spiele", sagte zum Beispiel Kapitän Johannes Golla.

Der Bedeutung des Spiels sind sich im deutschen Lager alle bewusst. Ohne große Rechnerei: Mit einem Sieg ist das Viertelfinale eingetütet und im letzten Spiel gegen Norwegen ginge es maximal noch um den, allerdings nicht unwichtigen, Gruppensieg. Das ist eine Ausgangslage, die das DHB-Team sich mit seinen tollen Leistungen verdient und erarbeitet hat, sie muss aber auch genutzt werden.

Denn bei einer Niederlage muss gegen Norwegen wohl gepunktet werden, wenn man das Ausscheiden verhindern will. Es gäbe zwar auch bei zwei Niederlagen noch eine Konstellation, in der die Deutschen mit Serbien und der Niederlande in einem Dreiervergleich gewinnen würden, die ist aber sehr unwahrscheinlich.

Steins, Smits, Baijens - schnell und sehr, sehr torgefährlich

Wenn man die deutschen Spieler auf den kommenden Gegner anspricht, fällt besonders oft ein Name: Luc Steins. Blickt man auf den Statistikbogen des ersten Hauptrundenspiels der Niederlande, das 32:30 (15:19) über Katar, verwundert das zunächst. "Nur" zwei Treffer stehen da beim niederländischen Spielmacher.

Das täuscht allerdings über seine Bedeutung für das Angriffsspiel der Mannschaft hinweg. Steins gehört zu den besten Vorbereitern des Turniers und ist mit seiner Geschwindigkeit, seiner Übersicht und vor allem seiner internationalen Erfahrung auf Top-Niveau als Spieler von Paris Saint-Germain der Dreh- und Angelpunkt des niederländischen Angriffs. Torgefährlich ist er übrigens trotzdem - mit seinen 1,73 Metern Körpergröße ist er nur sehr schwierig fair zu verteidigen.

Der niederländische Handballer Luc Steins im Sprint

Es spricht für den Rest der Mannschaft, dass Steins gar nicht so viele Tore erzielen muss. In Hamburgs Dani Baijens und vor allem dem Magdeburger Kay Smits hat Steins exzellente Nebenleute im Rückraum, die er in Szene setzen kann. Beide übrigens auch physisch keine "Riesen", aber deshalb nicht minder torgefährlich. Nach eigenen Ballgewinnen schaltet die Mannschaft zudem extrem schnell um, die ballfernen Außenspieler starten beim gegnerischen Abschluss, ähnlich wie bei der deutschen Mannschaft, bereits ihren Sprint nach vorne.

Katar-Spiel der Niederlande nicht überbewerten

Nach Kantersiegen über Argentinien und Nordmazedonien unterlag "Oranje" in der Vorrunde nach teilweise deutlicher Führung am Ende extrem unglücklich mit einem Tor Differenz gegen Topfavorit Norwegen. Die Mannschaft, die seit etwa einem halben Jahr vom ehemaligen Kieler Weltklasse-Spieler Staffan Olsson trainiert wird, zeigte begeisternden Tempo-Handball.

Den gab es auch gegen Katar, doch weil die eigene Defensive so gar nicht in die Partie fand, die Torhüter keine Hand an den Ball bekamen und vorne etliche freie Wurfchancen ausgelassen wurden, lag man lange Zeit zurück und sicherte den knappen Sieg erst in den Schlussminuten.

An diesem Tag kam für die Niederlande im negativen Sinne viel zusammen - und sie gewann am Ende ja trotzdem. Deshalb wäre es auch nicht klug, die Niederlande aufgrund des knappen Spiels gegen Katar zu unterschätzen - zumal ja auch die Deutschen zwischendurch gegen Katar Probleme hatten. Das sah auch Patrick Groetzki so: "Das wird für uns ein schwieriges Spiel. Da ändert auch so ein knappes Spiel gegen Katar meine Meinung nicht."

Deutschland konnte zuletzt durchwechseln - die Niederlande eher nicht

In der Defensive zeigten sich die Niederländer gegen das Emirat über den Kreis allerdings durchaus verwundbar, offenbarten dort Abstimmungsschwierigkeiten. Hier sollte die deutsche Auswahl mit Spielmacher Juri Knorr und den beiden starken Kreisläufern Johannes Golla und Jannik Kohlbacher ansetzen können. In der Tiefe ist der Kader, abgesehen von den Außenpositionen, nicht auf dem Niveau der internationalen Spitze, die Topspieler müssen in engen Spielen nahezu durchspielen.

Nach vier Spielen in acht Tagen dürfte es ein großer Vorteil für die deutsche Mannschaft sein, dass sie in den vergangenen beiden sehr deutlichen Partien viel durchwechseln konnte. Für die Niederlande waren die letzten beiden Spiele bisher die schwierigsten.

Wenn "Oranje" allerdings noch ein paar Kraftreserven mobilisieren und eine Leistung wie beispielsweise gegen Norwegen zeigen kann, kann dieses Schlüsselspiel für den DHB ein ganz schön schwieriges werden. Verstecken muss sich das deutsche Team allerdings in der aktuellen Verfassung vor keinem Gegner. Und was Hochgeschwindigkeiten angeht, ist man in Deutschland ja rein traditionell schon unbegrenzt unterwegs - egal wie man das finden mag.