Deutsche Fans bei der Handball-WM in Kattowitz

Handball-WM 2023 Das DHB-Team und die Chance auf die Euphoriewelle

Stand: 14.01.2023 17:29 Uhr

Die deutschen Handballer erlebten beim WM-Auftakt in Polen echte Heimspielatmosphäre. Die Chance auf einen Handball-Hype scheint so gut wie lange nicht mehr.

Von Robin Tillenburg (Kattowitz)

Ein bisschen getrübt war die Stimmung bei den deutschen Fans in der Halle in Kattowitz kurz vor der Halbzeitpause schon. Nach teilweise berauschender Anfangsphase des DHB-Teams hatte sich Katar bis auf 17:13 herangekämpft und kurz vor der Halbzeit die Chance, sogar auf drei Treffer zu verkürzen.

Der Wurfversuch blieb allerdings erfolglos. Simon Ernst warf den abgeprallten Ball aus der Abwehr auf den links enteilten Lukas Mertens, der den Ball in einer akrobatischen Bewegung im Vollsprint fing und bei noch genau einer verbleibenden Sekunde knallhart im Tor unterbrachte. Mertens riss kniend die Arme hoch und der Geräuschpegel in der Halle explodierte. Die Halbzeitsirene ging schon im vom DJ eingespielten "Oh wie ist das schön" unter.

Desirée Krause, Sportschau, 14.01.2023 17:51 Uhr

Deutsche Mannschaft hat Kredit für Fehler

Solche Aktionen wie das Tor von Mertens, wie einige spektakuläre Paraden von Andreas Wolff oder wie die ansatzlose Fackel von Juri Knorr zum 29:25 sind es, die die Fans auf die Seite einer Mannschaft ziehen. Und an diesem Abend auch zogen.

Denn obwohl die deutsche Mannschaft auch viele Fehler machte, waren die Fans da. Obwohl die vergangenen Turniere sportlich nicht gerade erfolgreich waren, hat die Mannschaft offenbar einen Kredit bei ihren Anhängern, von dem die DFB-Elf der Männer beispielsweise zuletzt nur träumen konnte.

"Die erste Halbzeit war wirklich hervorragend"

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Kann das DHB-Team weiter begeistern?

Wer als deutscher Journalist gerade mit der Heimat spricht, der merkt, dass das Interesse am Turnier auch bei eigentlich nicht so handball-affinen Menschen groß ist. Größer als bei einigen der vergangenen Turniere.

Das mag auch daran liegen, dass die Fußball-Bundesliga der Männer wegen der im Winter ausgetragenen Fußball-WM im Gegensatz zum Start sonstiger Handball-Großturniere gerade schon etwas länger pausiert.

Da ist eine Lücke, die es in Sportdeutschland jetzt zu füllen gilt. Und auch wenn das natürlich erst einmal nur eine "gefühlte" Wahrheit ist: Das DHB-Team hat eine gute Chance, eine Euphoriewelle loszutreten, die gerade ganz langsam anfängt, aus Deutschland gen Osten bis nach Schlesien in genau diese Lücke zu schwappen.

Knorr, Wolff und Mertens werden gefeiert

Wenn man die Augen schloss, konnte man in der Halle am Freitagabend vergessen, dass nur etwa 2.500 der 11.000 Plätze belegt waren. Das hatte, natürlich, zwei Tage zuvor beim Eröffnungsspiel der polnischen Gastgeber noch anders ausgesehen.

Deutschland gegen Katar - die Zusammenfassung

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Der deutsche Fanblock, der wegen der Bauart der "Spodek" (dt. "Untertasse") genannten Halle in Kattowitz, extrem nah am Spielfeldrand saß - und oft stand - war aber trotzdem in der Lage, seinen Support auf das Spielfeld zu tragen.

Dabei hatten die Fans an diesem Abend zwei eindeutige Favoriten: "Juri, Juri," schallte es für den mit acht Toren besten Schützen Juri Knorr immer wieder durch die Halle. "Andi, Andi" wiederum für den starken Andreas Wolff, der sich kurz vor Spielende leicht an der Wade verletzte, aber für das Spiel am Sonntag gegen Serbien laut DHB wieder einsatzfähig sein wird. Aber auch Lukas Mertens wurde mehrfach mit persönlichen Sprechchören gefeiert.

Serbien als Schlüsselspiel

Wer sich schon einmal auf einem Surfbrett versucht hat, der weiß aber auch, dass auf den ersten Blick vermeintlich stark aussehende Wellen sich am Ende als reine "Schaumschubser" entpuppen können. Wie das im Sport nun mal so ist, braucht es eben auch starke Leistungen, um dauerhaft für Begeisterung zu sorgen.

Am Sonntag gegen Serbien (15.01.2022, live im Ersten und auf sportschau.de) steht das sportlich stärkste Kaliber der Vorrunde auf dem Plan. Ein Spiel, bei dem die Weichen für den weiteren Turnierverlauf gestellt werden - Wellenbrecher oder Rückenwind?