Motor Saporischschja im Testspiel gegen den SC Magdeburg.

2. Handball-Bundesliga Motor Saporischschja - Auftakt für einen besonderen Gast

Stand: 31.08.2022 08:39 Uhr

Von seinem Exil am Rhein sind es 2.000 Kilometer bis in die Heimat - und doch ist der Schrecken von Saporischschja für Alexander Kasai ganz nah. Die Welt sorgt sich vor einer atomaren Katastrophe, der Handballprofi bangt um seine Familie in der umkämpften Region in der Ukraine.

"Jeden Tag rufe ich meine Familie an und checke die Situation in unserem Land", sagt Kasai. Jeden Tag dasselbe Ritual: erst trainieren, dann telefonieren.

Alexander Kasai und seine Teamkollegen vom ukrainischen Meister HK Motor Saporischschja haben in Düsseldorf eine Übergangsheimat gefunden, denn dort, wo sie sich zu Hause fühlen, ist an Sport kaum zu denken. Dabei hilft ihm der Handball auch mal abzuschalten und nicht immer an den Krieg zu denken: "Manchmal beruhigen sich dann die Gedanken."

"Kontroverse Diskussion über das Für und Wider"

Beruhigt hat sich inzwischen auch die Diskussion über das Aufnahmeprojekt in die 2. Handball-Bundesliga. Der ukrainische Klub wurde drei Monate vor Saisonbeginn als 20. Verein in die Liga integriert und spielt gewissermaßen als Gastmannschaft mit - außer Konkurrenz.

Scharfe Kritik hatte es gegeben, Bundesliga-Boss Frank Bohmann verteidigte sein Handeln im Sportschau-Gespräch: "Wichtigster Punkt war erst einmal, die Gesellschaft auf unsere Seite zu kriegen und dabei insbesondere die Klubs der 2. Liga. Das war auch eine kontroverse Diskussion, das Für und Wider."

Es habe sich niemand gegen die menschliche Notwendigkeit ausgesprochen, es habe aber Gegenargumente gegeben wie mehr Belastung, eine zusätzliche Auswärtsfahrt und andere Klubs in Krisengebieten. Am Ende habe die "Konkretheit und die klare Ausgangslage" für Saporoschschja gesprochen, sagte Bohmann. Der Ort ist mit seinem Atomkraftwerk akute Frontlinie.

Auftaktspiel gegen Bayer Dormagen

Fragen bleiben, besonders sportlicher Art. Wie lange bleibt das Team in der Liga? Was passiert, wenn es in der Ukraine grünes Licht für den Spielbetrieb gibt?

Im Auftaktspiel treffen die Ukrainer im Vorprogramm des Supercups am Mittwoch (31.08.2022, 16.15 Uhr) in Düsseldorf auf TSV Bayer Dormagen. "Es wird ein außergewöhnlicher Tag", sagt der litauische Trainer von HK Motor, Gintaras Savukynas. Es ist für seine Spieler auch wieder eine Pause für den Kopf. Permanent, sagt Alexander Kasai, ließen sich die dunklen Gedanken ohnehin nicht verbannen.

Sein Verein hat in der NRW-Landeshauptstadt Unterkunft gefunden, Heimspiele und Training finden in der Mehrzweckhalle Castello statt. Die Mannschaft hat sich ordentlich eingelebt, im Training wird gemeinsam gelacht - das tut gut.

Seit 2013 Abo auf den Meistertitel

Der Qualitätsunterschied zwischen der deutschen und der heimischen Liga ist laut Savukynas und Kasai "sehr groß". Beim 31:31 im Testspiel gegen den Liga-Konkurrenten Eintracht Hagen zeigte die Mannschaft, die in der Ukraine seit 2013 ein Abonnement auf den Meistertitel hat, aber, dass sie es mit den deutschen Teams aufnehmen kann.

Auch die Aufnahme in die erste Bundesliga sei ein Thema gewesen, sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann, schließlich habe der Klub bereits in der europäischen Champions League gespielt. Das sei aber wegen der Kurzfristigkeit unmöglich gewesen umzusetzen. In der 2. Bundesliga habe es in diesem Jahr den glücklichen Umstand gegeben, dass die Liga mit 19 Klubs gestartet wäre und somit ein Platz noch frei war, erklärte Frank Bohmann.

"Der Sport ist noch am Leben"

Sportliche Ergebnisse bleiben selbstverständlich nicht mal eine Nebensache. So viel monumentaler sind die Traumata des Krieges, und doch, genau darum geht es ja auch: "Trotz des hässlichen Krieges in der Ukraine ist der Sport noch am Leben", sagt Savukynas. Alexander Kasai will der Welt zeigen, "dass wir stark sind".