Handball-Bundesliga Füchse Berlin und SC Magdeburg - ernsthafte Titelkandidaten in der HBL

Stand: 11.10.2021 11:38 Uhr

Die Saison ist noch jung, doch die Füchse Berlin haben schon gezeigt, dass sie im Titelrennen mitlaufen könnten. Der ebenfalls starke SC Magdeburg hat die Feuerprobe unmittelbar vor der Brust.

Wenn man als Torhüter zwei Sekunden vor dem Abpfiff das Unentschieden festhält, jubelt man normalerweise ausgelassen. Auch im Handball und vor allem, wenn es gegen den THW Kiel geht. Dass aber Dejan Milosavljev von den Füchsen Berlin erst einmal von seinen Kollegen beinahe getröstet werden musste, sagt viel über das Selbstverständnis der Hauptstädter in dieser Saison aus.

Denn der serbische Keeper hatte unmittelbar nach seiner starken Parade gegen den Wurf von Sander Sagosen gedankenschnell noch selbst den Ball in Richtung des verwaisten Kieler Gehäuses gefeuert. Doch weil eben nur noch eine statt der benötigten zweieinhalb Sekunden zu spielen waren, rollte das Spielgerät deutlich nach der Schlusssirene über die so wichtige Linie. Es war im sechsten Spiel der erste Punktverlust für die Mannschaft von Jaron Siewert - genau wie für die Kieler. Das 28:28 (14:14) war leistungsgerecht.

Aktive Abwehr - schnelle Gegenstöße

Und es steht auch stellvertretend für die bisherige Saison der Füchse. Gewonnene Bälle in der sehr aktiven Defensive und daraus resultierende Gegenstöße sorgten dafür, dass die Kieler trotz mehrfacher Führung nicht davonziehen konnten. Und wenn es knapp wird, gehen die Führungsspieler der Berliner dahin, wo es weh tut. Paul Drux ließ sich in der Schlussminute gleich von drei Gegenspielern in die Mangel nehmen, um den Siebenmeter herauszuholen, den Routinier Hans Lindberg verwandelte.

Tatsächlich sind die Füchse nicht das Team, das aus der großen Rückraumdistanz zu vielen "einfachen" Toren kommt - die gelingen eher über die Gegenstöße, weil die Abwehr und eben auch Milosavljev bisher eine starke Saison spielen. 30 Gegenstoßtore sind Ligaspitze.

Die Füchse sind das, was Melsungen gerne wäre

Neben dem Abnutzungskampf gegen Kiel war vor allem die Partie mit der MT Melsungen ein Fingerzeig darauf, was von den Berlinern im Optimalfall in dieser Spielzeit zu erwarten sein könnte. Denn die MT, die mit vielen Nationalspielern gespickt ist und eigentlich seit Jahren "auf dem Sprung" in die Ligaspitze sein will, hatte so gar keine Chance gegen die auch damals überragenden Milosavljev und Co. und ging mit 25:33 (9:15) baden.

Natürlich dürfen sich die Leistungsträger des ja noch so jungen Trainers Siewert (27), dessen Handschrift in seinem zweiten Jahr immer mehr sichtbar wird, nicht verletzen. In der Spitze ist der Kader um die dänischen Rückraumspieler Jacob Holm und Lasse Andersson und die Deutschen Fabian Wiede und Drux noch nicht so breit besetzt, dass er langwierige Verletzungen ohne Probleme wegstecken kann, aber wenn alles (weiter) optimal läuft, sind die Berliner ein Titelkandidat.

Klub-Weltmeister Magdeburg ist längst die "dritte Kraft"

Trifft das auch auf den SC Magdeburg zu? Der SCM gewann jüngst die Klubweltmeisterschaft und hat sich in den vergangenen Jahren etwas "unter dem Radar" zur dritten Kraft der Bundesliga hinter Kiel und Flensburg gemausert. Neben diesen beiden Argumenten ist da auch noch die Tabelle: Der SCM ist als einziges Team noch verlustpunktfrei - 12:0 Zähler und die Tabellenführung stehen da schwarz auf weiß. Es fällt schwer, das Team, das ja auch gerade Champions-League-Sieger FC Barcelona mit 33:28 abgefrühstückt hat, nicht als Titelaspiranten zu sehen.

Weber und Jensen als wichtige Verstärkungen

Omar Ingi Magnusson "ballert" im rechten Rückraum fast schon wieder so wie in der vergangenen Saison, als er Torschützenkönig wurde und Philipp Weber bringt als beweglicher und vor allem torgefährlicher Spielmacher noch einmal eine neue Komponente in das Angriffsspiel des SCM. In der Defensive präsentieren sich die Magdeburger ohnehin weiterhin stark. "Neu" ist, dass sie sich im Tor nicht mehr primär auf Jannick Green verlassen (müssen), weil Neuzugang Mike Jensen bisher eine richtig starke Saison spielt und sogar mit einer etwas besseren Quote als sein Positionskollege aufwartet.

Wenn man sich, was die "Titelreife" der Magdeburger angeht, aber aus irgendeinem Grund noch nicht so sicher ist, kann man auch noch ein paar Tage abwarten. Denn am kommenden Sonntag (17.10.2021) empfängt die Mannschaft von Bennet Wiegert zunächst die SG Flensburg-Handewitt, ehe es eine Woche später beim THW Kiel zum nächsten Spitzenspiel kommt. Bis zum Duell mit den Berlinern, bei denen Magdeburgs Ikone Stefan Kretzschmar inzwischen als Sportvorstand arbeitet, dauert es dann auch nur noch drei Wochen.

Wenn die Magdeburger Flensburg und/oder Kiel Punkte abringen können, wäre das ein klarer Hinweis darauf, dass es in dieser Spielzeit keinen Zwei-, sondern einen Drei- oder Vierkampf um die Meisterschaft geben könnte. Das hat die Handball-Bundesliga sehr lange nicht gesehen.