LIV-Turnierserie

Golf Sündhafte Verlockung: Streit um saudisch finanzierte Golfserie

Stand: 25.05.2022 16:31 Uhr

Dem internationalen Profi-Golfsport droht eine Zerreißprobe. Eine neue Turnierserie verspricht exorbitant hohe Preisgelder, finanziert aus Saudi-Arabien. Der Streit ist sehr politisch, es geht um Macht und viel Geld. Auch Deutschlands Golfstar Martin Kaymer muss sich entscheiden.

Das hat es noch nie gegeben. Bei der PGA Championship am Wochenende, einem der vier bedeutenden Majorturniere im Golf, verzichtete der Titelverteidiger auf einen Start: der US-Amerikaner Phil Mickelson, eine Legende im Golf und im Vorjahr mit 50 Jahren ältester Majorsieger der Geschichte.

Mickelson fehlte nicht etwa verletzt oder erkrankt, sondern aus freien Stücken. Hintergrund ist der längst offen geführte Streit um die LIV Invitational Golf Series. Ein neues Turnierformat, das übernächste Woche in der Nähe von London seine Premiere feiert.

Wer LIV spielt, wird für die PGA Tour gesperrt

Acht Turniere sollen jährlich von LIV Golf veranstaltet werden. Mit schwindelerregenden Preisgeldern für die Teilnehmer. Mickelson hatte öffentlich erklärt, teilnehmen zu wollen. Der Streit mit dem Profiverband PGA eskalierte.

PGA-Präsident Tyler Dennis stellte jüngst noch einmal klar: Alle Profis, die bei LIV teilnehmen, verlieren ihre Startberechtigung auf der PGA-Tour. Mickelson wütete in Interviews, warf dem Verband "manipulative, nötigende und brutale" Taktiken vor, um die Spieler zu hindern, ausreichend an den Gewinnen beteiligt zu werden.

Saudi-Arabien finanziert die exorbitanten Preisgelder

Pikant ist der Streit vor allem aufgrund des Hintergrunds der LIV. Geschäftsführer ist der Australier Greg Norman, selbst eine Legende im Golfsport. Die Geldgeber aber sitzen in Saudi-Arabien. Der Hauptanteilseigner ist der Public Investment Fund (PIF), ein saudischer Staatsfond, dessen Vorsitzender Kronprinz Mohammend Bin Salman ist.

Greg Norman

Zuletzt übernahm der PIF bereits den englischen Fußballklub Newcastle United und verpflichtete Lionel Messi als Tourismusbotschafter. Bei einem Gesamtvermögen von mehr als 500 Milliarden US-Dollar stellt das kein Problem dar. Auch die sündhaft hohen Preisgelder, die in der neuen Golf-Turnierserie ausgelobt wurden, überraschen da wenig.

"Sportwashing" mit Hochglanz-Golf?

Allein der Sieger soll vier Millionen Dollar pro Turnier erhalten. Selbst der Letzte geht mir einer sechsstelligen Prämie nach Hause. Zum Vergleich: Der Gewinner der PGA Championship kassierte vergangenes Wochenende nur 2,7 Millionen Dollar.

Kritiker werfen Saudi-Arabien längst "Sportwashing" vor. Die Machthaber des Landes würden mit ihrem illustren Sportengagement von den Menschenrechtsverletzungen ablenken. Ob der Unterdrückung von Frauen, der Verfolgung von Homosexuellen, den zahlreichen Hinrichtungen in Saudi-Arabien oder dem Mord an dem Journalisten und Regimekritiker Jamal Khashoggi, den Bin Salman in Auftrag gegeben haben soll.

Unterschiedliche Reaktionen auf die LIV-Pläne

Selbst Phil Mickelson bezeichnete die Strippenzieher der LIV als "furchterregende Mistkerle". Von einer Teilnahme werde ihn das aber nicht abhalten, ließ der mittlerweile 51-Jährige durchblicken.

Gar keine Bedenken hat Greg Norman: "Schauen Sie, jeder von uns macht mal Fehler, und wir alle bemühen uns darum, aus diesen Fehlern zu lernen und sie in Zukunft zu korrigieren", sagte der Golf-Chef der LIV, angesprochen auf die Vorwürfe in Richtung Saudi-Arabien. Eine Aussage, für die er wenig überraschend viel Kritik einstecken musste.

Doch selbst die Drohung der PGA-Tour, Spieler bei Teilnahme am neuen Format dauerhaft auszuschließen, schreckt nicht alle Topstars ab. "Das ist mein Job. Ich arbeite für Geld. Wenn jemand um die Ecke biegt und dir eine Gehaltserhöhung anbietet, dann musst du dir darüber Gedanken machen", sagte der Engländer Lee Westwood beispielsweise.

Martin Kaymer plant Start an der neuen Serie

Und auch Deutschlands bester Golfer Martin Kaymer bestätigte auf Sportschau-Anfrage, dass er beim Turnierauftakt der LIV teilnehmen wolle. "Das ist ein spannendes, neues Kapitel in der Geschichte des Golfsports. Ein total neues Produkt, vergleichbar mit Tesla in der Automobilindustrie", sagte er.

Martin Kaymer

Furcht vor einem dauerhaften Ausschluss auf der US-Tour, habe er nicht. "Ich glaube, dass Sanktionen den etablierten Tourformaten schaden würden", erklärte er. Moralische Bedenken spielen offenbar ebenso keine Rolle. Auf Sportschau-Anfrage erklärte er: "Ich bin Sportler und nicht Politiker."

Zwei Milliarden Dollar in den nächsten drei Jahren

Die Pläne der LIV nehmen indes weiter Form an. Chef Greg Norman hat schon verkündet, dass bis 2025 rund zwei Milliarden Dollar in den Sport gepumpt werden sollen. Die Zahl der Turniere soll von acht auf 14 erhöht werden.

Beim Platzhirsch PGA dagegen hoffen sie, dass die Androhung von Sanktionen ausreicht, um die Topspieler des Sports von einer Teilnahme abzuhalten. Noch sind die wichtigsten Turniere wie die vier Majors in Hand der US-Tour.

Verbieten kann die PGA den Spielern eine Teilnahme aber nicht. Justin Thomas, frisch gebackener Majorsieger vom Wochenende, sagte kürzlich, in einem Interview angesprochen auf die LIV: "Wissen Sie, wenn jemand gehen will, dann soll er gehen." Stand jetzt ist es aber eine Abkehr ohne Rücktrittsmöglichkeit.