Schiedsrichter Lutz Wagner Lutz Wagner: "Felix Brych hätte das Finale absolut verdient"

Stand: 01.07.2021 18:30 Uhr

DFB-Schiedsrichterlehrwart Lutz Wagner freut sich über die Ansetzung von Felix Brych als Referee für das Viertelfinale England gegen Ukraine. Brych, sagt Wagner, habe es sich verdient, auch über das Spiel hinaus im Turnier zu bleiben.

Die Nominierung zeige die große Wertschätzung, die Felix Brych bei der UEFA genieße. Er habe sich den Viertelfinaleinsatz mit seinen Leistungen in diesem Turnier in jedem Fall verdient, sagte Lutz Wagner, der auch als Schiedsrichterexperte der ARD-Sportschau fungiert.

Der Münchner Felix Brych war am Donnerstag (01.07.2021) für die Begegnung England gegen Ukraine in Rom nominiert worden. Das Viertelfinale ist damit bereits das vierte Spiel für den deutschen Spitzenreferee bei dieser Europameisterschaft. Zuvor war er in zwei Gruppenspielen (Niederlande - Ukraine / Finnland - Belgien) sowie im Achtelfinale zum Einsatz gekommen.

Schwierige Aufgabe im Achtelfinale

Gerade das Achtelfinale zwischen Portugal und Belgien sei ein "sehr schwieriges Spiel" gewesen, nicht nur wegen des engen Verlaufs, sondern vor allem auch wegen der Einzelcharaktere wie Romelu Lukaku (Belgien) sowie Pepe und Ronaldo (beide Portugal). "Das sind schwierige Typen. Felix hat es sehr gut gelöst. Vielleicht hätte er in einigen wenigen Szenen einen Tick früher zugreifen können", sagte Wagner.

Insgesamt habe Felix Brych mit seiner konsequenten, gradlinigen Art überzeugt. "Er lässt sich nie verbiegen und ist durchaus bereit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen", sagte Wagner.

Hinzu komme, dass Brych "extrem fit" sei. "Das sieht man daran, wie gut er steht", sagte der Sportschau-Experte. Brych könne aufgrund seiner guten körperlichen Verfassung die meisten Entscheidungen im Stand treffen, weil er zuvor die Spielentwicklung analysiere und sich entsprechend rechtzeitig positioniere - ein großer Vorteil bei der Spielleitung.

Felix Brych bei großen Turnieren
Turnier Einsätze Endstation
WM 2014 in Brasilien 2 Gruppenphase
EM 2016 in Frankreich 3 Viertelfinale
WM 2018 in Russland 1 Gruppenphase
EM 2021 in Europa ? (mind. 4) ? (mind. Viertelfinale)

"Damals zwischen die Fronten geraten"

Dass er mit seinen bisherigen Leistungen bei der EURO die Scharte der WM 2018 ausgewetzt habe, ist für Wagner nicht mehr Gegenstand der Diskussion. Vor drei Jahren hatte Felix Brych in der WM-Vorrunde zwischen Serbien und der Schweiz einen vermeintlichen Elfmeter für die Serben nicht gegeben und war heftig kritisiert worden. Es blieb sein einziger Einsatz bei dem WM-Turnier. "Damals war Felix zwischen die Fronten geraten. Umso mehr freut es mich, dass er nun so überzeugen kann", so Lutz Wagner.

Ob er es im Gegensatz zur deutschen Mannschaft bis ins Finale schaffen kann? "Felix hätte es absolut verdient", meint Lutz Wagner. Das hänge aber nicht alleine von seinen Leistungen ab, sondern auch von anderen Faktoren wie der Länderneutralität. Zudem gebe es auch drei, vier andere europäische Referees auf absolutem Topniveau.

"Tolles Turnier" auch für Daniel Siebert

Auch dem zweiten deutschen Schiedsrichter bei dieser EURO, EM-Neuling Daniel Siebert, stellte Wagner ein gutes Zeugnis aus. "Es war auch für ihn ein tolles Turnier, für einen Neuling hat er das Optimale herausgeholt und sich nachhaltig für weitere große Aufgaben empfohlen. Er ist ja zwischenzeitlich auch noch Vater geworden. Chapeau", so Lutz Wagner.

Dass die Europameisterschaft insgesamt aus Schiedsrichtersicht relativ geräuschlos verlaufe, führt Wagner auf das gestiegene Niveau der Top-Schiedsrichter in Europa zurück, die auch in europäischen Wettbewerben immer wieder auf höchster Ebene gefordert seien. "Das zahlt sich aus. Die Schiedsrichter machen als Mannschaft bei diesem Turnier insgesamt einen guten Job", bilanzierte Wagner.