Nach dem EM-Finalsieg gegen England Italien feiert seine Europameister

Stand: 12.07.2021 20:10 Uhr

Italiens neue Fußball-Europameister haben ihren EM-Pokal stolz den jubelnden Fans in der Heimat präsentiert. Zuvor war das Team von Trainer Roberto Mancini von Staatspräsident Sergio Mattarella und Regierungschef Mario Draghi empfangen worden.

Italiens neue Fußball-Helden schwenkten stolz den silbernen EM-Pokal, winkten den jubelnden Fans zu und stimmten dann spontan die Nationalhymne an. Mit einer Fahrt im offenen Bus durch die Straßen Roms feierte die "Squadra Azzurra" am Montagabend (12.07.2021) mit Tausenden jubelnden Fans ihren zweiten EM-Titel. "Das ist das Schönste, die Freude mit den Fans zu teilen", sagte Nationaltrainer Roberto Mancini: "Wir haben seit gestern Morgen nicht geschlafen, aber das ist es wert." Langsam bahnte sich der Bus den Weg, aus den Lautsprechern schallte der Refrain "notti magiche" - "magische Nächte" - des WM-Hits 1990 "Un'estate italiana" von Gianna Nannini, der das Team seit dem Eröffnungsspiel in Rom durch die EM begleitet hatte.

Mattarella: "Kompliment an alle. Der Sieg war verdient"

Zuvor hatte Präsident Sergio Mattarella das Team empfangen, sein erster Weg führte zu Trainer Mancini. "Kompliment an alle. Der Sieg war verdient, weil er im Stadion des Gegners errungen wurde und vor einer deutlichen Mehrheit englischer Fans", sagte Mattarella an seinem Dienstsitz in Rom, dem Quirinalspalast. Für die frischgebackenen Europameister ertönte gleich darauf die Nationalhymne - und die Mannschaft stimmte lauthals ein. Dann wurden Bilder eingespielt von der Siegerehrung, vom ausgelassenen Jubel auf dem Rasen und bei den italienischen Fans auf den Tribünen. Der 79-jährige Mattarella war am Sonntagabend im Londoner Wembley-Stadion selbst Augenzeuge beim Gewinn des zweiten EM-Titels der "Squadra Azzurra" nach 1968 durch ein 3:2 im Elfmeterschießen gegen England.

Empfang im Garten des Palastes

Die Spieler um die Abwehrchefs Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci hatten gemeinsam mit Mancini im Garten des Palastes Platz genommen, die Goldmedaillen hingen um ihren Hals. Bei sonnigem Wetter war die Stimmung gelöst, der EM-Pokal stand auf einem Tisch auf dem Podest. Von Mancini und Chiellini bekam der Präsident ein blaues Trikot der Nationalmannschaft mit der Nummer 10 und seinem Namen geschenkt. "Das bedeutet uns viel. Wie haben alle für den anderen gespielt, es war ein Sieg des Kollektivs. Wir waren gestern wahre Brüder Italiens", sagte Chiellini in seiner kurzen Ansprache. Gleich danach machte sich die Mannschaft auf zu Italiens Ministerpräsident Mario Draghi.

Schon auf dem Weg zum Palazzo Chigi wurde das Team von Tausenden Fans begeistert bejubelt. Zahlreiche Menschen säumten die Straßen der Hauptstadt, durch die der Mannschaftsbus fuhr. Die Menschen schwenkten Fahnen, jubelten den Spielern zu und applaudierten. Die Mannschaft brauchte daher deutlich länger als vorgesehen für die kurze Strecke durch die Stadt, weil der Bus nur langsam vorankam und immer wieder anhalten musste. "Ihr habt Geschichte geschrieben. Ihr habt uns stolz gemacht und in der Feier vereint", sagte Draghi: "Der Sport vereint die Menschen und lässt uns träumen. Ihr seid Vorbilder, auch für uns."

Titel für Davide Astori

Den Titel widmet das Team dem früheren Nationalspieler Davide Astori, der 2018 an einem Herzstillstand gestorben war. "Wir hätten ihn gerne heute hier bei uns gehabt", sagte Chiellini. Astori hatte zwischen 2011 und 2017 insgesamt 14 Spiele für die Nationalmannschaft bestritten und dabei auch mit zahlreichen Profis aus dem aktuellen Europameister-Team zusammengespielt. Der damalige Kapitän des AC Florenz war 2018 vor einem Spiel in der italienischen Serie A tot in seinem Hotelzimmer gefunden worden.

Jubel schon im Morgengrauen

Schon im Morgengrauen nach dem Rückflug aus London hatten Hunderte glückliche Tifosi die Sieger am Flughafen und am Teamhotel in Empfang genommen. Als Mancini und Chiellini nach der Landung auf dem Flughafen Fiumicino um 6.06 Uhr mit dem EM-Pokal in den Händen ausstiegen, gab es Freudenschreie der Fans und Airport-Mitarbeiter. Chiellini reckte mit einer goldenen Krone auf dem Kopf stolz die Trophäe in die Höhe. "Wir haben Geschichte geschrieben, genießen wir es", forderte Chiellini.

Chiellini und Bonucci nehmen Pokal mit ins Bett

Den silbernen Pokal hatten er und Bonucci nicht mehr aus den Augen gelassen. Nach ihrer "unvergesslichen" Titel-Nacht in London, wie die "Gazzetta dello Sport" schrieb, gönnten sich Italiens Europameister ein paar Stunden Schlaf in ihren Hotelbetten und nahmen die EM-Trophäe in ihre Mitte. "Keine Angst, er wird gut schlafen. Wir passen auf ihn auf", schrieb Bonucci zu einem Foto der beiden breit grinsenden Innenverteidiger. Auch beim anschließenden Mittagessen war die Trophäe auf dem Tisch mit dabei. "Keine Sorge, wir haben ihn unter Kontrolle", kommentierte Bonucci.

Mancini erst bei seinen Eltern

Mancini, der seine müden Augen bei der umjubelten Ankunft in Rom am Morgen hinter einer Sonnenbrille versteckte, gönnte sich zunächst einige Stunden Ruhe bei seiner Familie. "Wir können noch nicht begreifen, was wir geschafft haben", sagte er. Die Eltern des 56-Jährigen verfolgten das Finale vor dem Fernseher. "Das Schönste ist, dass Roberto 55 Millionen Italiener glücklich gemacht hat", sagte der stolze Vater Aldo.

Jubel in ganz Italien

Heulende Schiffssirenen, Feuerwerk und ein Meer aus Fahnen: In Italiens Städten tobte die gesamte Nacht zu Montag eine Riesenparty. Tausende strömten auf die großen, teils weltberühmten Plätze in Rom, Neapel oder Mailand. Die Verkehrsadern in der Hauptstadt Rom waren hoffnungslos verstopft mit Autos, aus denen sich einige Fans waghalsig und Fahnen schwenkend herauslehnten - immer begleitet von einem Dauer-Hupkonzert. "I campioni d'Europa siamo noi" ("Wir sind die Champions von Europa") stimmten die Tifosi immer wieder an. Viele Fans rissen sich ihre Trikots vom Leib. Einige badeten in den Brunnen, was die Polizei sonst mit horrenden Geldstrafen ahndet.

Wie eine Erlösung

Der lang ersehnte Titel wirkt auf das von Corona gebeutelte Land wie eine Erlösung. Es scheint, als könnte der Triumph den Pandemie-Schleier, der Italien mit über 100.000 Toten und gravierenden wirtschaftlichen Folgen anderthalb Jahre umhüllte, auflösen.

Chiellini widmete den Sieg den Ärzten, Pflegern und all "denjenigen, die durch die Pandemie in die Knie gezwungen wurden". Und Bonucci sagte: "Es lag etwas Magisches in der Luft. Es ist nur recht, dass alle Italiener in allen Ecken dieser Welt heute Nacht feiern."