Baku als Spielort bei der EURO 2020 Die EURO 2020 in Baku - wo Menschenrechte wenig zählen

Stand: 03.07.2021 17:00 Uhr

Aserbaidschans Präsident Alijew regiert das Land autokratisch, die Menschenrechtslage ist katastrophal. Nun kommt die UEFA mit dem Viertelfinale der EURO 2020 zu einem vierten Spiel in die Hauptstadt Baku.

Tschechien und Dänemark treffen im Viertelfinale der EM am Samstag (03.06.2021) in Baku aufeinander - dem problematischsten Spielort der EURO 2020. Präsident Ilham Alijew führt das Land mit harter Hand wie einen Familienbetrieb - den er 2003 von seinem Vater Heyder übernommen hatte. Menschenrechte zählen in Aserbaidschan wenig.

Pressefreiheit und Menschenrechte? Kaum vorhanden

"Reporter ohne Grenzen" bescheinigen Aserbaidschan Platz 167 von 180 in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit. "Wer sich dem unablässigen Druck durch Schikanen, Schlägertrupps, Erpressung oder Kooptation nicht beugt, wird unter absurden Anschuldigungen zu Haftstrafen verurteilt", so die Einschätzung von "Reporter ohne Grenzen".

In Aserbaidschan sind sexuelle Handlungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts seit dem Jahr 2000 zwar nicht mehr verboten. Das Auswärtige Amt schreibt bei seinen Reisehinweisen zu dem Land aber, dass "Homosexualität gesellschaftlich kaum akzeptiert und mit Tabus belegt ist". Einen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung gibt es jedoch nicht. Die UEFA untersagte unter dem Verweis auf gesetzliche Rahmenbedingungen seinem Sponsor VW, in Regenbogenfarben auf den Spielfeldbanden zu werben.

Amnesty International sieht die Menschenrechtslage in Aserbaidschan unverändert schlecht. Die Behörden hätten den Konflikt mit Armenien und die Corona-Pandemie als Vorwand genutzt, um noch härter gegen Kritiker vorzugehen. Oppositionelle seien willkürlich festgenommen und inhaftiert worden. "Die Rechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wurden angesichts wachsenden öffentlichen Unmuts weiter eingeschränkt, das Recht auf Vereinigungsfreiheit blieb stark beschnitten", so Amnesty. Außerdem gebe es Berichte über Folter von Inhaftierten. Der organisierte Sport hat damit offenbar wenig Probleme.

Sport als Bühne für den Machthaber

Denn trotzdem lässt die UEFA hier wiederholt Spiele austragen. Nach dem Europa-League-Endspiel 2019 zwischen Chelsea und Arsenal bekommt Aserbaidschan einige der wichtigsten Spiele der UEFA. Nach drei Spielen der Gruppe A spielen am Samstag (03.07.2021) Tschechien und Dänemark im Viertelfinale der EM in Baku. SOCAR, der staatliche Energiekonzern in Aserbaidschan, war bis kurz vor dem Turnier einer der größten Sponsoren der UEFA. Präsident von SOCAR ist Rovnag Abdullayev, der auch Präsident des aserbaidschanischen Fußballverbandes ist, mit besten Verbindungen zu Ilham Alijew.

Viola von Cramon, Europaabgeordnete der Grünen, kritisiert die UEFA für den Spielort Baku. Sie sei die perfekte Bühne für Aserbaidschans Machthaber: "Präsident Alijew wird das Turnier nutzen, seine Macht weiter zu zementieren und zu legitimieren. Auch wenn das offiziell so aussieht, als habe Sport und Politik nichts miteinander zu tun, wird genau das Gegenteil gemacht."

Und die UEFA ist nicht die einzige Sportorganisation, die Alijew eine Bühne bietet. Seit Jahren kommt die Formel 1 regelmäßig nach Aserbaidschan. 2015 fanden in Baku die ersten Europaspiele statt, eine Veranstaltung mit mehr als 6.000 Athleten und zwanzig Sportarten, größer als die Olympischen Winterspiele.

"Kaviar-Diplomatie" und der Sport - Aserbaidschans Einfluss im Westen

Einfluss aus dem Westen hält man in Aserbaidschan auf eine besondere Weise klein. Immer wieder gibt es Berichte über Politiker aus CDU und CSU, denen Geschäftsbeziehungen mit Aserbaidschan vorgeworfen werden, die in Zusammenhang mit Lobbyismus stehen sollen. Diese Strategie Aserbaidschans wird als "Kaviar-Diplomatie" bezeichnet, da die Beeinflussung über teure Einladungen und Geschenke ablaufe.

Der Sport ist ein anderes Instrument von Alijew, sich weiter zu legitimieren und im Glanz der großen Spiele zu zeigen. Die UEFA gibt ihm am Samstag die nächste Gelegenheit dazu.