Analyse der Mittelstürmer von Belgien und Italien Lukaku und Immobile - echte Neuner unter der Lupe

Stand: 03.07.2021 08:00 Uhr

Italien und Belgien zeigten im Viertelfinale der EURO 2020 ein hervorragendes Fußballspiel. Beide Mannschaften spielten mit einem echten Mittelstürmer. Die Aufgaben von Ciro Immobile und Romelu Lukaku waren aber weitestgehend verschieden.

Die Szene in der 13. Minute war bezeichnend für das Spiel der Italiener. "Goal Italy", leuchtete auf den Monitoren auf. Torschütze Leonardo Bonucci drehte jubelnd ab, doch bei der Überprüfung durch den Videoassistenten stellte sich heraus, dass der Treffer aus einer Abseitsposition erzielt wurde.

Schiedsrichter Slavko Vincic pfiff, hob die Hand zum Zeichen der Abseitsstellung, und mit einer nur minimalen Zeitverzögerung bewegte auch Jorginho die Arme. "Vor, vor, drauf, drauf", bedeutete die Bewegung des zentralen Mittelfeldspielers der Italiener. Seine Kollegen gehorchten, allen voran Ciro Immobile.

Immobile lief und lief

Der Mittelstürmer lief nach vorne und widmete sich seiner Aufgabe, mit der er keine Schlagzeilen machen würde. Anlaufen, stören, in diesem Fall die Passwege so zustellen, dass die Belgier dazu gezwungen wurden, ihren Aufbau auf die Flügel zu verlagern.

Immobile lief und lief, genau wie seine Kollegen, die bei mehr Ballbesitzanteilen von 53 zu 47 Prozent auf eine bemerkenswert höhere Laufleistung von 113 zu 106 Kilometern kamen.

Perfektes Pressing der Italiener

Die italienische Mannschaft von Trainer Roberto Mancini spielte wieder ein nahezu perfekt orchestriertes hohes Pressing, an dem sich der Mittelstürmer wie alle anderen beteiligte.

Das war einer der Unterschiede zum zentralen Stürmer der Belgier. Romelu Lukaku ist weitestgehend von der Aufgabe befreit, den Gegner im Aufbau zu stören. Er spart seine Kräfte, eine dauernde Hatz des Gegners wird von ihm nicht verlangt.

Anders als etwa die deutsche Nationalmannschaft spielten und spielen die Viertelfinalisten der EURO 2020 mit einem klaren Mittelstürmer, der diese Position auch hält. Nur ganz selten wich Immobile bei eigenem Ballbesitz auf die Flügel aus, die von Lorenzo Insigne und Federico Chiesa auch konsequent besetzt wurden.

Packende Duelle, wie es die Namen versprachen

Lukaku blieb auch meistens im Zentrum, in der Regel etwas rechts versetzt, so dass er in vielen direkten Duellen auf Italiens linken Innenverteidiger in der Viererkette, Giorgio Chiellini, traf. Die Duelle waren so packend, wie es die Namen versprachen. Auf italienischer Seite der erfahrene, harte und so geschickte Chiellini, auf Belgiens Seite der wuchtige Lukaku, der mit seinem Körper den Ball abschirmt, sich dann entweder dreht oder ablegt.

Bei der Ablage, vor allem der direkten, zeigten sich allerdings seine technischen Schwächen. Die belgische Mannschaft mit Trainer Roberto Martinez preist sie mit ein, spielt Lukaku daher häufig hoch an oder versucht ihn mit einem Steilpass direkt in den Raum zwischen Torwart und Abwehrkette zu bekommen.

Anders Immobile bei den Italienern. Er ist in das Kombinationsspiel mit flachen Pässen eingebunden, bewegt sich oft im Raum zwischen der Abwehrkette und dem Mittelfeld, auch um einen Innenverteidiger mitzuziehen und damit hinter sich Raum für einen Kollegen zu schaffen.

Lukakus kräftige Statur zulasten der Technik

Lukaku erzielte kurz vor der Pause den Treffer zum 1:2-Endstand per Elfmeter und bewies bei zwei guten Möglichkeiten, dass er die Fähigkeit hat, am richtigen Ort zu sein. Bei einer Chance zeigte sich aber auch, dass die kräftige Statur ein wenig zulasten der Technik und Koordination geht. Seine enorme Abschlussstärke kam daher im Viertelfinale nicht zum Tragen. Zwei Schüsse aufs Tor und zwei abgeblockte Schüsse standen außer des Treffers für den Profi von Inter Mailand zu Buche.

Bei Immobile, der nach 75 Minuten auch wegen der enormen Laufleistung ausgewechselt wurde, waren es ebenfalls zwei abgeblockte Schüsse, dazu kam ein Abschluss, der das Tor verfehlte. Der Spieler von Lazio Rom überzeugte aber, weil er wichtiges Teil einer beeindruckenden Mannschaft war.

Auch weil Kevin De Bruyne im offensiven Mittelfeld die Verletzungen der vergangenen Wochen anzumerken waren, hoffte Beglien dagegen zu sehr darauf, Lukaku in Position bringen zu können. Die Möglichkeiten für einen weiteren Treffer waren zwar da, aber das großartige Spiel nahm seinen gerechten Ausgang.