Santiago Bernabeu, das Stadion von Super-League-Befürworter Real Madrid

Urteil in Madrid Spanisches Gericht verbietet UEFA die Blockade der Super League

Stand: 27.05.2024 17:45 Uhr

Ein spanisches Gericht hat der UEFA untersagt, mit ihren Statuten die Gründung einer Super League zu verhindern - von einem Start ist die Super League aber weit entfernt.

Das 17. Handelsgericht in Madrid gab einer Klage der "European Super League Company" teilweise statt und entschied, dass einige Statuten der UEFA und auch der FIFA nicht mit europäischem Recht vereinbar seien. Die Richterin Sofia Gil Garcia erklärte, dass die beiden Verbände nach Auffassung des Gerichts ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen. Beide Verbände müssten ihr Verhalten zur Einschränkung eines freien Wettbewerbs beenden. Alle Paragraphen in dieser Frage müssten geändert oder beseitigt werden. Die Verbände haben die Möglichkeit, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen.

Gericht in Spanien setzt EuGH-Urteil um

Das Gericht in Madrid hatte den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg um eine Einschätzung gebeten und setzte diese nun in ein konkretes Urteil um. Der EuGH erklärte am 21. Dezember 2023 die Regeln der UEFA, nach denen nur sie europäische Wettbewerbe veranstalten darf, als grundsätzlich unvereinbar mit europäischem Recht. Im Grundsatz bedeutet das Urteil nun: Die UEFA darf eine Super League nicht weiter blockieren.

Die Vorgaben des EuGH waren unter anderem, dass es ein objektives, transparentes, diskriminierungsfreies Verfahren gibt, das eine Verhältnismäßigkeit wahrt. Aber: Das Verfahren bezieht sich auf die Zustände des Jahres 2021.

UEFA passte ihre Statuten bereits an - aber reicht das?

Die UEFA beschloss 2022 in Erwartung des EuGH-Urteils, das Ende 2023 erfolgte, bereits im Vorfeld ein neues Reglement zur Zulassung von Wettbewerben und passte später auch ihre grundsätzlichen Statuten an, um einer Rechtsprechung zu genügen. "Das Gericht hat bestätigt, dass die aktuelle Fassung der UEFA-Genehmigungsregeln in der im Juni 2022 verabschiedeten Fassung von dem heutigen Urteil nicht betroffen ist", teilte die UEFA in einer Stellungnahme auf Anfrage der Sportschau mit.

Diese Regeln haben aus Sicht der UEFA also Gültigkeit, weil sie nicht beanstandet worden sind. Damit gilt aus Sicht der UEFA: Sie gibt vor, wie ein neuer Wettbewerb gegründet werden kann. "Kurz gesagt, das Urteil gibt Dritten nicht das Recht, ohne Genehmigung Wettbewerbe zu entwickeln", so die UEFA.

Die UEFA teilte darüber hinaus mit, sie nehme "erfreut zur Kenntnis", dass das Gericht grundsätzlich die Gültigkeit eines Zulassungssystems für die Genehmigung von Wettbewerben durch die UEFA bestätigt habe. Die Frage ist, ob diese Regeln künftig den Anforderungen standhalten können.

Super League oder Champions League?

Marcus Bark, Chaled Nahar, Sportschau, 28.03.2024 16:48 Uhr

Jurist: "Die Verbände sollten das Urteil ernst nehmen"

"Das Urteil bezieht sich nicht direkt auf die Super League. Tatsächlich wird davon ausgegangen, dass das ursprüngliche Projekt nun aufgegeben wurde", sagt der portugiesische Jurist Miguel Maduro im Gespräch mit der Sportschau. "Es wird jedoch deutlich, dass die UEFA und die FIFA nichts tun können, um die Einrichtung eines neuen Wettbewerbs zu verhindern, bis sie ein Genehmigungsverfahren und nichtdiskriminierende Kriterien im Einklang mit dem EU-Recht eingeführt haben, was derzeit nicht der Fall ist."

Die Verbände sollten das Urteil ernst nehmen, sagt Maduro. "Sonst sind sie ironischerweise dafür verantwortlich, den Weg für die Gründung einer Super League zu geebnet zu haben." Maduro war früher Generalanwalt am EuGH und leitete zwischenzeitlich die Governance-Abteilung der FIFA.

Miguel Maduro, früherer Leiter der Governance-Abteilung der FIFA und Generalanwalt am EuGH

Miguel Maduro, früherer Leiter der Governance-Abteilung der FIFA und Generalanwalt am EuGH

Noch hat die UEFA die wichtigen Akteure auf ihrer Seite

Neben den Änderungen der Regeln spielt die UEFA weiter ihre beste Karte: Alle Interessenvertretungen bekennen sich öffentlich zum System der UEFA. Klubs, Ligen, Spieler, Fanbündnisse und Spielergewerkschaft erteilten der Super League bei einem Medientermin der UEFA nach dem EuGH-Urteil eine Absage.

Auch in Deutschland gab es klare Formulierungen: Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen sagte im Gespräch mit der Sportschau Ende März 2024: "Es bleibt beim eindeutigen Nein gegenüber einer Super League." Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte zuvor bei der Mitgliederversammlung des Klubs: "Es wird mit Borussia Dortmund keine Super League geben, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche." Hinzu kommt, dass das EuGH-Urteil nach dem EU-Austritt Großbritanniens keine Anwendung in England findet. Dort droht die Premier League abtrünnigen Klubs in ihren Regeln mit 35 Punkten Abzug in der Tabelle.

Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen

Bayern Münchens Vorstandschef Jan-Christian Dreesen

In Italien dagegen fügte man sich bereits dem EuGH-Urteil. Dort setzte der Fußballverband vorläufig eine Regelung aus, die den Klubs des Landes eine Teilnahme an einer Super League verbietet.

EuGH-Urteil entfaltet im Fußball immer weiter seine Wirkung

Die Rechtsprechung des EuGH spiegelt sich aktuell in immer mehr Vorgängen im Fußball wieder. Die FIFA öffnete zuletzt die Tür für Ligaspiele im Ausland und bezog sich dabei deutlich auf das EuGH-Urteil, wonach es "objektiver Kriterien" bedarf und eines "nicht-diskriminierenden und transparenten Verfahrens". Die FIFA darf die Spiele nicht einfach verbieten - es ist eine zumindest ähnliche Situation.

Willian von Fulham bei einem Spiel in Landover/USA

Willian von Fulham bei einem Spiel in Landover/USA

Die nationalen Ligen lieferten sich eine öffentliche Debatte mit der FIFA um die neue, ausgeweitete Klub-WM. Dabei forderten die Ligen bei der Erstellung des Kalenders in einem Brief an die FIFA, der der Sportschau vorliegt, ebenfalls objektive Kriterien sowie ein "nicht-diskriminierendes und transparentes Verfahren". Die Wortwahl ist kein Zufall, sondern ein Hinweis, dass die Ligen das Urteil auf ihrer Seite sehen.

Auch das Bundeskartellamt nahm das Urteil auf. Derzeit ist bei dem Amt immer noch die finale Entscheidung zur 50+1-Regel und ihrer Vereinbarkeit mit Wettbewerbsrecht offen. Der gefundene Kompromiss mit der DFL liegt derzeit auf Eis. Das Amt erklärte, dass man angesichts des EuGH-Urteils und wegen der Abläufe rund um die Abstimmung über den Investoreneinstieg bei der DFL mit Blick auf die Rolle von Hannover 96 die Frage neu bewerten werde.