Aston Villa Trainer Unai Emery

Dritter in der "Emery-Tabelle" Aston Villa in der Premier League - Zeit für Träume(r)

Stand: 20.04.2023 18:59 Uhr

Aston Villa ist die Mannschaft der Stunde in der Premier League. Das hat viel zu tun mit dem Trainer Unai Emery. Er träumt von Großem und wirkt im Kleinen. Und mit Ollie Watkins, er trifft und trifft und trifft.

Am vergangenen Wochenende, als Aston Villa in der Premier League gegen Newcastle United gewann, haben Fans des Klubs ihren neuen Helden besungen. Es ist ein kurzes Lied, der Text ist einfach, die Melodie eingägig. Es geht um den Klub-Boss Christian Purslow, der auf der Suche nach einem neuen Trainer mit seinem Sportwagen nach Spanien gefahren sei und tatsächlich einen gefunden habe, nämlich "super Unai Emery."

Nach allem, was man so gelesen und gehört hat, ist Purslow nicht mit einem Lamborghini die 2000 Kilometer vom englischen Birmingham ins spanische Villarreal gefahren. Er hat stattdessen ein Flugzeug genommen. Aber das mit Unai Emery stimmt, er trainiert seit Anfang November Aston Villa.

Emery hat als Trainer für Klubs wie den FC Arsenal und Paris Saint-Germain gearbeitet. Und er hat mit zwei spanischen Klubs viermal die Europa League gewonnen, da kann kein Trainer mithalten. Zuletzt hat er mit dem kleinen FC Villarreal das Halbfinale der Champions League erreicht und nicht nur die Bayern geärgert.

Träume, die Realität werden könnten

Und nun also Villa, zu diesem Zeitpunkt Tabellensechzehnter der Premier League. Nur ein Punkt trennte den Klub von einem Abstiegsplatz. Natürlich sprach Emery bei seiner Vorstellung über den Abstiegskampf, lieber aber sprach er über Träume. Das hat er schon immer gerne getan.

Einmal, Emery war gerade bei Villarreal als Trainer bestätigt worden, sagte er: "Träume sind frei, und ich träume von einem Titel mit Villarreal." Am Ende der Saison gewannen Villarreal und Emery ziemlich überraschend die Europa League.

Und nun, am ersten Tag im November, träumte Emery wieder, es ging ihm um Titel und Europa, nur diesmal eben mit Aston Villa. "Mein Traum ist es, mit Aston Villa eine Trophäe zu gewinnen", sagt er. "Mein zweiter Traum ist es, in Europa zu spielen."

Nur der FC Arsenal und Man City holten mehr Punkte, sagt die "Emery-Tabelle"

Keine sechs Monate sind seitdem vergangen, und Emery hat aus dem Abstiegskandidaten Aston Villa eine Mannschaft geformt, die vom ersten Einzug in einen europäischen Wettbewerb seit mehr als einem Jahrzehnt träumen darf. Nach 31 von 38 Spieltagen ist Villa Sechster der Tabelle und sowas wie die Mannschaft der Stunde in der Premier League.

Seit dem Amtsantritt von Emery haben nur der FC Arsenal und Manchester City mehr Punkte in der Liga geholt. Zuletzt war in England deswegen manchmal von der Emery-Tabelle zu lesen, für Villa weist sie einen Schnitt von 2,1 Punkten pro Spiel aus. Und dann hat die Mannschaft auch noch sieben der vergangenen acht Ligaspiele gewonnen, zuletzt fünf in Serie.

Aston Villas Trainer Unai Emery steht am Spielfeldrand

Als dem Klub das zuletzt gelungen ist, schrieb man das Jahr 1998, am Ende qualifizierte sich Villa für Europa. Gegen eine Parallelität der Ereignisse hätten sie in Birmingham sicher nichts einzuwenden.

Über Popcorn und die Schönheit des Verteidigens

Die Entwicklung von Aston Villa ist dann auch eng mit der Person des Trainers Emery verbunden. Er träumt von Großem, aber wirkt im Kleinen - so war das oft in seiner Karriere. Und immer begann es mit Akribie und der Liebe zum Detail. Als er im Jahr 2008 seine erste Trainerstation beim FC Valencia antrat, war Emery 36. Er fertigte stundenlang Videos von Spielsequenzen an, seine Taktik-Schulungen waren ausführlich, für manchen im Kader zu ausführlich.

Einer der Spieler war Joaquín, ein Offensivspieler, ein Freigeist auch. Einmal, nachdem Emery über Fußball doziert hatte, sagte Joaquín: "Er hat so viele Videos gezeigt, mir ging das Popcorn aus."

Auch bei Aston Villa sieht man den Einfluss von Emery, nur scheint sich dort niemand an Taktik-Schulungen zu stören. Er hat sich früh auf eine 4-4-2-Formation festgelegt, die er mitunter zu einem 4-2-3-1 abwandelt. Aston Villa verteidigt seitdem derart strukturiert, dass mancher Schönheit darin entdecken mag. In den vergangenen acht Ligaspielen musste Torhüter Emiliano Martinez, Weltmeister mit Argentinien, nur zwei Gegentore hinnehmen.

Und mit dem Ball hat Villa oft eine Idee. Natürlich liegt das an Individualisten wie dem Sechser Douglas Luiz, der feine Pässe spielt und selten den Ball verliert. Es liegt aber auch an Emerys Idee von Fußball. Vor vielen Jahren, als er Arsenal trainierte, hat er einmal gesagt, ihm schwebe eine Art "Chamäleon-Fußball" vor. Fußball, sagte Emery, bestehe aus verschiedenen Phasen - und für jede brauche es einen Plan. Für das Ballbesitzspiel, das Spiel gegen den Ball, für die Umschaltaktionen.

Aston Villa - wo Träume wieder möglich sind

Einer, der offenbar wie gemacht ist für "Chamäleon-Fußball", ist der Angreifer Ollie Watkins, 27. Für Watkins hat Aston Villa vor bald drei Jahren viel Geld bezahlt, und Watkins hat es mit Toren zurückgezahlt. Nur der Start in diese Saison war kein erfolgreicher. Als Emery übernahm, hatte Watkins in vierzehn Ligaspielen nur zwei Tore erzielt. Seitdem trifft und trifft und trifft er, allein in den vergangenen zwölf Spielen war er elfmal erfolgreich.

Ollie Watkins von Aston Villa jubelt

Gegen Newcastle am Wochenende hat Watkins zwei Tore erzielt, und irgendwo auf der Tribüne saß der Nationaltrainer Gareth Southgate. Auch er wird wissen, dass in der Premier League gerade niemand so regelmäßig trifft wie Watkins, nicht einmal Erling Haaland. Und so darf Watkins dann auch wieder davon träumen, dass er irgendwann doch noch die Chance auf ein achtes Länderspiel bekommt.

Womöglich ist auch das ein verbindendes Element: dass bei Villa alle spüren, dass noch mehr gehen könnte, die Fans, der Trainer Emery, der Torjäger Watkins. Das Frühjahr 2023 ist für alle, die es mit Aston Villa halten, eine Zeit, in der das Träumen wieder möglich ist.