Fans im Stadion von Portland protestieren gegen Missbrauch in der US-Profiliga NWSL

Missbrauchsskandal im Fußball Ermittlungsbericht klagt US-Profiliga NWSL an

Stand: 15.12.2022 13:36 Uhr

Ein neuer Bericht hat das Ausmaß im Missbrauchsskandal im US-Fußball dokumentiert. Bei mehr als der Hälfte der Klubs in der Profiliga NWSL gab es Berichte über Fehlverhalten. Die Ermittler nahmen die Liga in die Pflicht: "Die Spielerinnen haben kein Vertrauen, dass Fehlverhalten konsequent verfolgt wird."

Die Veröffentlichung des Berichts, der das Ausmaß des systemischen Missbrauchs im US-Profifußball dokumentiert, zwang am Mittwoch (14.12.2022, Ortszeit) auch die Klubs der NWSL zum Handeln. Die Vereine veröffentlichten zahlreiche Statements.

Darin begrüßten sie die Arbeit der Untersuchungskommission und versicherten ihre Kooperation. Einige Klubs, darunter Washington Spirit, entschuldigten sich bei ihren Spielerinnen für das "Versagen, ein sicheres Arbeitsumfeld geschaffen zu haben".

Die Houston Dash zogen weitere Konsequenzen. Der Klub erklärte, dass die Zusammenarbeit mit dem bereits seit April suspendierten Cheftrainer James Clarkson endgültig beendet werde. Die Vorwürfe gegen Clarkson hatten sich in dem nun veröffentlichen Ergebnisbericht weiter erhärtet, der Klub aus Houston sprach in der Mitteilung von "emotionalem Fehlverhalten" des Trainers. Clarkson habe ein Arbeitsklima geschaffen, das "Angst bei den Spielerinnen" erzeugte, hieß es in dem Bericht.

Berichte über Fehlverhalten "bei mehr als der Hälfte der NWSL-Klubs"

Der Ligaverband und die Spielerinnengewerkschaft der NWSL hatten die Untersuchung in Auftrag gegeben. Im vergangenen Jahr waren Vorwürfe von Missbrauch und Fehlverhalten gegen mehrere Trainer bekannt geworden, eine Studie der früheren US-Bundesanwältin Sally Yates sprach von einer "Missbrauchskultur" im US-Profifußball. Ein unabhängiges Ermittlungsteam ging daraufhin in den vergangenen 14 Monaten lang Beschwerden wegen Fehlverhaltens nach, sie interviewten mehr als 100 frühere und aktuelle Spielerinnen.

Die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigten nicht nur den Yates-Report. Sie lieferten auch neue Erkenntnisse über das Ausmaß von "systemischen Versäumnissen", die "physischen und emotionalen Missbrauch von Spielerinnen" zuließen. Bei "mehr als der Hälfte der Klubs" sei den Ermittlern von "andauerndem Fehlverhalten" gegenüber Spielerinnen und Teamangehörigen berichtet worden. Dokumentiert wurden dabei auch diskriminierende Äußerungen hinsichtlich ethnischer Herkunft.

Kommission nimmt Liga-Management und Klubs in die Pflicht

Besonders hervorgehoben wurde dabei das Versäumnis der Verantwortlichen in den Klubs sowie bei den Verbänden. So habe Liga-Commissioner Jeff Plush bewusst Informationen über Anschuldigungen verschwiegen. Die Franchises aus Portland, Chicago und Louisville, aber auch der US-Verband hätten den Ermittlern zudem lange den Zugang zu wichtigen Dokumenten und Zeugen vorenthalten, hieß es in dem Report.

Dies alles habe dazu beigetragen, eine Kultur in der Liga zu schaffen, in der Übergriffe stattfinden konnten. Und außerdem Betroffene davon abgehalten, Fehlverhalten anzuzeigen: "Die Spielerinnen hatten einfach kein Vertrauen darin, dass die Liga Fehlverhalten konsequent aufklärt und verfolgt."

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Im Zuge des Skandals um die Missbrauchsvorwürfe hatten im Vorjahr neben vier Trainern in der NWSL auch Offizielle von Klubs und Ligaverband ihren Posten räumen müssen. Zuletzt gab es Forderungen, dass Merritt Paulson, Besitzer der Portland Thorns, seine Anteile verkaufen solle. Paulson wurde vorgeworfen, die Missbrauchsanschuldigungen gegen den früheren Portland-Coach Paul Riley, Auslöser der Ermittlungen im US-Fußball, unter den Teppich gekehrt zu haben. Dies führte dazu, dass der im Herbst 2015 in Portland freigestellte Riley weiter in der NWSL arbeiten durfte - und sogar für den Posten des Nationaltrainers gehandelt wurde.

Untersuchungsbericht fordert "Kulturwandel" in der NWSL

Das Untersuchungsteam forderte deshalb als Schlussfolgerung nun einen grundlegenden Kulturwandel, zu dem sich alle Klubs und die Ligaspitze verpflichten müssten. Zwar habe es erste verändernde Maßnahmen gegeben, die Liga stehe aber erst am Anfang. Die NWSL müsse sich langfristig "einer systemischen kulturellen und strukturellen Veränderung verpflichten".

Dafür sollen die Maßnahmen gegen Belästigung verstärkt, Schulungsprogramme auferlegt und Richtlinien für angemessene Interaktionen durchgesetzt werden, so die Empfehlung. Nur so könne auf Dauer ein besseres Umfeld für Spielerinnen und Staff-Mitglieder geschaffen werden. Die Verantwortung dafür, betonte der Report, liege klar bei den Klubs: "Unachtsamkeit, Versäumnisse und Verschweigen schüren das Fehlverhalten."