Deutschlands Nationalspieler Jamal Musiala beim Training vor dem WM-Gruppenspiel gegen Japan

FIFA WM 2022 Jamal Musiala - immer einen Zug voraus

Stand: 23.11.2022 08:38 Uhr

Jamal Musiala ist mit 19 Jahren schon ein wichtiger Spieler beim FC Bayern München und in der Nationalmannschaft. Die Kunst des Schachspielers, dem Gegner einen Zug voraus zu sein, ist zum WM-Auftakt gegen Japan gefragter denn je.

Von Marcus Bark, Doha

Die Gefahr, dass Jamal Musiala den Status als jüngster deutscher A-Nationalspieler mit mindestens einem Einsatz bei einem Turnier verlieren wird, ist zumindest gegeben. Youssoufa Moukoko wird 18 Jahre und drei Tage alt sein, wenn die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Mittwoch (23.11.2022, 14 Uhr MEZ, live im Ersten und im Stream bei sportschau.de) gegen Japan in die Weltmeisterschaft startet.

Bayern-Youngster debütiert bei EURO 2020 für DFB-Team

Musiala war 18 Jahre und 117 Tage alt, als er bei der EURO 2020 im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn eingewechselt wurde und daran beteiligt war, dass noch der 2:2-Ausgleich erzielt wurde, der die Teilnahme am Achtelfinale rettete. Anderthalb Jahre später hat Musiala den Status verloren, ein "Joker" zu sein, einer der durch die Wand dribbelt, an der andere abprallen. Einer, der Räume findet, von denen andere gar nicht ahnen, dass sie sich öffnen könnten.

Musiala scheut Vergleiche mit Messi

Jamal Musiala hat inzwischen den Status, dass er sogar der Star der WM werden könnte. Lothar Matthäus verglich ihn mit Lionel Messi. Mal langsam, sagte Musiala: "Ich glaube, egal welchen Spieler man mit Messi vergleicht, das ist schon ein bisschen schwer." Musiala will sich auf das konzentrieren, "was ich besser machen kann als Jamal".

Matthäus schwärmt von Musialas Fähigkeiten

Lothar Matthäus, der deutsche Rekordspieler mit 150 Länderspielen, kam im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk auch ohne Vergleiche mit dem argentinischen Superstar aus. "Seine Bewegungen, seine Dribblings, seine Leichtigkeit", schwärmte Matthäus von den Fähigkeiten Musialas: "Er sieht die Situationen vorher, in denen er dann dem Gegner voraus ist." Das habe damit zu tun, dass Musiala Schachspieler sei.

Bayern-Profi auf dem Weg zum Topstar

Weiter als andere hochveranlagte Fußballer in der nahen Zukunft denken zu können, ahnen zu können, was die Gegner machen werden und zu wissen, was er machen wird, ist eine Eigenschaft, die den Unterschied zwischen Topniveau und einer Stufe darüber ausmachen dürfte, auf der nur ganz wenige stehen. Es ist eine Bürde für Jamal Musiala, ihn mit 19 Jahren schon in die Kategorie Topniveau zu stellen, andererseits kommt niemand, der ihn Fußball spielen sieht, daran vorbei, das zu tun.

Herausragende Werte in der Bundesliga

In der laufenden Bundesliga-Saison kommt Musiala auf neun Treffer und sechs Vorlagen bei 14 Einsätzen. Er ist der Spieler des FC Bayern, der die meisten Zweikämpfe bestritt. Davon gewann er 52 Prozent, das ist eine sehr gute Quote für einen Spieler, der in der Regel schon weit in der Hälfte des Gegners, oft sogar im Angriffsdrittel an den Ball kommt.

Musiala, bislang 17 Länderspiele mit einem Tor und drei Vorlagen, ist ein "Zehner", der auf allen anderen Positionen in der Offensive auftaucht, vor allem auch im Strafraum und den Räumen, in denen ein klassischer "Neuner" zu finden ist, von denen die deutsche Nationalmannschaft gegen Japan vermutlich keinen in der Startelf haben wird.

Musiala gegen Japan in der Sané-Rolle?

Nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Leroy Sané könnte es sein, dass Musiala nominell auf der linken Seite beginnen wird, aber das dürfte angesichts der ohnehin von Bundestrainer Hansi Flick geplanten Positionswechsel kaum einen Unterschied ausmachen.

Japan ist ein Gegner, dessen defensive Disziplin und vermutlich auch Ausrichtung beim DFB gefürchtet wird. Umso wichtiger werden Musialas Dribblings sein, seine Fähigkeit, einen Zug voraus zu sein.

Extra-Schichten mit Sportwissenschaftler Tepel

Das Schachspiel allein ist dem äußerst ehrgeizigen Musiala zu wenig, um diesen Vorteil zu trainieren. Deshalb arbeitet er mit dem Sportwissenschaftler Steffen Tepel zusammen, um die neurologischen Fähigkeiten zu schulen. Zu dem Programm gehört etwa ein Training mit einer Brille, die zeitweise die Sicht ganz oder teilweise verhindert. Die Frage, wann ein Pass ankomme, sei somit leichter zu beantworten, auch wenn der Ball von Musiala nicht gesehen wurde.

Tepel spricht von einem "Magnetfußeffekt". Dieser Begriff ist im Fußball noch nicht verbreitet. Aber wer Jamal Musiala spielen sieht, kennt die Definition.