Christian Eriksen gibt bei der WM sein Comeback auf der internationalen Bühne

FIFA WM 2022 Eriksen weckt die WM-Emotionen - Dänemarks Herz ist zurück

Stand: 21.11.2022 13:47 Uhr

Knapp 17 Monate nach seinem Herzstillstand kehrt Christian Eriksen auf die große Fußball-Bühne zurück und beschert der WM in Katar damit das, was bislang fehlt: echte Emotionen. Dänemark könnte profitieren.

Die Bilder vom 12. Juni 2021 gingen um die Welt und brannten sich tief hinein in die Köpfe aller Fußball-Fans. Christian Eriksen war beim ersten EM-Spiel der dänischen Nationalelf gegen Finnland nach einem Herzstillstand auf dem Platz zusammengebrochen und regungslos auf dem Rasen liegengeblieben. Seine Teamkollegen bildeten damals einen Kreis um ihren Anführer und standen ihm bei. Eriksen wurde wiederbelebt und später unter den Augen des ebenso erleichterten wie konsternierten Publikums abtransportiert. An Fußball dachte niemand mehr.

Eriksen kehrt auf die große Bühne zurück

In der Reha kämpfte sich der heute 30-Jährige dann zurück ins Leben und im Laufe der Zeit sogar zurück auf den Fußballplatz. Am Dienstag (22.11.2022) wird Eriksen exakt 529 Tage nach diesem traumatischen Erlebnis von Kopenhagen nun sein Comeback auf der ganz großen WM-Bühne feiern. Eriksen ist zurück. "Es ist sehr bitter, wenn man darüber nachdenkt, wie meine Karriere und mein Leben damals waren. Ein kompletter Kontrast dazu, jetzt hier zu sitzen und an der WM teilzunehmen."

Es ist müßig, darüber zu diskutieren, dass Eriksens Turnier-Comeback einen anderen Ort verdient gehabt hätte, als das sterile Katar. Die positiven Reaktionen, die Eriksen in den vergangenen Monaten auslöste und sicher auch mit seinem Auftritt gegen Tunesien auslösen wird, sind letztlich aber genau das, was dieser WM in den Augen vieler Beobachter fehlt: echte Emotionen. Dass Eriksen im Vorfeld mehrfach Proteste gegen die Menschenrechts-Verletzungen im Gastgeberland ankündigte, passt in dieses Bild.

Dänemark hat das Zeug zu einer Überraschung

So oder so ist aber auch klar, dass für Eriksen und sein dänisches Team ab dem Anpfiff der Auftaktpartie nur noch das Sportliche zählen wird. Die Dänen, die bei der EM im vergangenen Jahr unter dem Eindruck des Eriksen-Schocks noch enger zusammenwuchsen und erst im Halbfinale in der Verlängerung an Gastgeber England scheiterten, haben auch dieses Mal das Potenzial für eine Überraschung. In der WM-Qualifikation gewannen die Dänen neun von zehn Spielen, in der anschließenden Nations League gab es zwei Siege gegen Frankreich. "Wir haben gezeigt, dass wir jeden schlagen können. Unser Traum ist es, etwas zu gewinnen", fasste Trainer Kasper Hjulmand die Ambitionen zusammen.

Ein Blick auf das Team zeigt, dass diesen großen Worten tatsächlich auch Taten folgen könnten. Da das Gerüst des EM-Erfolgs unverändert geblieben ist, ist die Mannschaft eingespielt. Die Abwehr um Kapitän Simon Kjaer und Barcelona-Profi Andreas Christensen ist eine Wucht, das Mittelfeld um Eriksen, inzwischen Stammspieler bei Manchester United, und seine "Bodyguards" Pierre-Emil Höjberg und Thomas Delaney spielerisch und kämpferisch stark. Hinzu kommen mit Mikkel Damsgard, Kasper Dolberg und Jesper Lindström von Eintracht Frankfurt ein paar junge Wilde in der Offensive. Das Duell in der Gruppe mit Frankreich wird eine Standortbestimmung. Sollte Dänemark in dieser Partie Selbstvertrauen sammeln können, ist ein ähnlicher Coup wie im vergangenen Jahr nicht ausgeschlossen.

Eriksen macht den Unterschied

Der größte Trumpf fernab der sportlichen Qualität des Teams ist aber, das betonen im Vorfeld alle, die reine Anwesenheit von Eriksen. Auf dem Rasen hebt er die Dänen auf ein anderes Niveau, entscheidend ist aber seine Präsenz abseits des Platzes. "Er ist unser Herz, unser Herzschlag. Er ist ein fantastischer Spieler und eine noch bessere Person", betonte Trainer Hjulmand fast schon mit etwas zu viel Pathos. Kapitän Kjaer ergänzte: "Wir lieben ihn. Es ist ein Plus für Dänemark."

Und Eriksen selbst? Der genießt aktuell den Moment, weiß die Dinge aber auch richtig einzuordnen. "Es ist etwas ganz Besonderes, hier zu sein. Ich wollte immer zurückkommen und wieder der sein, der ich vorher war", sagte er bei einem Medientermin auf dem dänischen Trainingsgelände. "Mein erstes Ziel war es immer, ein Freund und Vater zu sein. Die einfache Tatsache, am Leben und bei meiner Familie zu sein, weiß ich jetzt voll und ganz zu schätzen." Ein Gewinner ist Eriksen - unabhängig vom Ausgang dieser WM - schon jetzt.