Isak Dybvik von Bodo/Glimt in Aktion

Nach Niederlage bei Tottenham Bodö/Glimt - das nächste Wunder muss her

Stand: 01.05.2025 23:07 Uhr

Bodö/Glimt hat bei Tottenham Hotspur eine 1:3 (0:2)-Hinspiel-Niederlage im Europa-League-Halbfinale kassiert. Für den norwegischen Außenseiter muss nun eine Art Wunder her.

Nach 38 Sekunden schauten sich die Spieler von Bodö/Glimt am Donnerstag (01.05.2025) ratlos an. Die Außenseiter aus Norwegen waren mit so großen Hoffnungen zum Halbfinal-Hinspiel der Europa League zu Tottenham Hotspur gereist - und dann lagen sie schon zurück, bevor das Spiel so richtig losgegangen war.

Die Norweger verloren den Ball im Aufbau und die "Spurs" spielten sofort nach vorn. Pedro Porros Flanke von rechts fand am langen Pfosten Richarlison, der die Kugel perfekt für Brennan Johnson auflegte, der keine Mühe mehr hatte, zum 1:0 zu verwandeln. Ein Tiefschlag für Bodö, von dem sich das Team nur schwer erholte.

Tottenham - körperlich überlegen

Was auch daran lag, dass Tottenham im ersten Abschnitt mit der Führung im Rücken wie befreit aufspielte. Über die Europa League wollen die "Spurs" unbedingt ihre verkorkste Saison retten - mit dem Titelgewinn könnten sie sozusagen auf Umwegen in die ersehnte Champions League einziehen.

Bodö bemühte sich, die Offensivbemühungen prallten aber immer wieder an der körperlichen Überlegenheit der Spieler aus der Premier League ab. Was ja auch gar nicht so verwundern sollte. Transfermarkt-Experten haben vorgerechnet, dass acht Spieler im Kader Tottenhams einzeln jeweils einen höheren Transferwert besitzen als das komplette Team von Bodö.

Die Londoner nutzten ihre Chancen. Das 2:0 leitete wieder Abwehrmann Porro ein. Sein langer Ball landete punktgenau bei James Maddison, der die Kugel aus der Drehung zum zweiten Treffer versenkte (34.). Nach einer Stunde Spielzeit verwandelte Dominic Solanke einen Strafstoß zum 3:0.

Enorme Heimstärke von Bodö/Glimt

Gemessen an dem Geschehen dieses Abends dürfte das Aus von Bodö/Glimt eigentlich besiegelt sein. Wäre da nicht die besondere Geschichte dieses Außenseiters, der als erstes norwegisches Team überhaupt das Halbfinale der Europa League erreicht hat. Vor allem daheim in ihrem nur 8.000 Zuschauer fassenden Stadion in der 43.000-Einwohner-Stadt Bodö haben die Norweger eine fast beängstigende Stärke gezeigt. Und das seit Jahren.

Nach dem Aufstieg in die erste norwegische Liga 2018 übernahm Trainer Kjetil Knutsen das Team. Der 56-Jährige impfte seinen Leuten ein gnadenloses Offensivsystem ein, mit dem er anschließend nicht nur fünf nationale Meisterschaften feierte, sondern immer wieder auch hochrangige europäische Konkurrenz überraschte.

Die Spieler von Bodo/Glimt feiern den Einzug ins Europa-League-Halbfinale

Die Spieler von Bodo/Glimt feiern den Einzug ins Europa-League-Halbfinale

Viel Mut im hohen Norden Norwegens

Im Oktober 2021 ging das los, als die Norweger mit einem spektakulären 6:1 über die AS Rom mit dem exzentrischen Trainer José Mourinho überraschten. Danach gelangen Erfolge gegen Schwergewichte des europäischen Fußballs wie Celtic Glasgow, den FC Porto und Beşiktaş Istanbul und schließlich in diesem Jahr der sensationelle Triumph über Lazio Rom.

Dass solcherlei Dinge möglich sind, ist einerseits mit der mutigen Spielweise von Knutsens Team zu erklären. Andererseits aber auch damit, dass es hoch oben im Norden ungemütlich sein kann für ausländische Teams, um es einmal vorsichtig auszudrücken.

Kunstrasen mit Schnee bis in den April

Weil das strenge Wetter vegetationstechnisch kaum einen Naturrasen zulässt, liegt im kleinen Stadion von Bodö Kunstrasen. Und der war beispielsweise am Tag vor dem Spiel gegen Lazio im April noch mit einem halben Meter Schnee bedeckt.

In diesem Umfeld ist Bodö zu einigem fähig - und leistet seinen fußballerischen Höhenflug zumeist mit Spielern, die aus der eigenen Jugend großgezogen wurden. Mittelfeldmotor Patrick Berg ist so einer, sein Nebenmann Ulrik Saltnes ebenfalls. Berg fehlte in London gelbgesperrt, seinen Ausfall konnte Bodö bei den "Spurs" nicht kompensieren.

Jens-Petter Hauge - aufgeblüht nach Frankfurt-Gastspiel

Aber Berg wird im Rückspiel wieder dabei sein. Ebenso wie Jens-Petter Hauge, der nach seinem glücklosen Gastspiel bei Eintracht Frankfurt im hohen Norden Norwegens wieder aufgeblüht ist. Und selbst am verkorksten Abend in London gab es am Ende fast so etwas wie ein Happy-End. Ulrik Saltnes erzielte in der 82. Minute noch den 1:3-Ehrentreffer.

Tottenham wird dennoch mit einer guten Ausgangslage ins Rückspiel gehen können. Aber abschreiben? Nein, das sollte man die "gelbe Horde", wie das Team von Bodö liebevoll genannt wird, keineswegs.