Die UEFA hat Teams aus Belarus bislang nicht ausgeschlossen.

Vorstoß des 1. FC Köln Auch unterdrückte Sportler fordern Ausschluss von Belarus aus der UEFA

Stand: 25.07.2022 07:49 Uhr

Belarus unterstützt Russland beim Angriffskrieg gegen die Ukraine, trotzdem sind von der UEFA derzeit nur russische, nicht aber belarusische Teams suspendiert. Der 1. FC Köln, der in der Europa Conference League auf ein Team aus Belarus treffen könnte, fordert von der UEFA den Ausschluss der Klubs. Während die UEFA öffentlich nichts sagt, fordert eine Sport-Organisation für Opfer der belarusischen Diktatur noch mehr als der FC.

"Belarus ist im Krieg gegen die Ukraine ein Aggressor wie Russland, das ist ganz offensichtlich", sagt Alexander Apeikin im Gespräch mit der Sportschau. Apeikin steht der Belarusian Sport Solidarity Foundation (BSSF) vor, die sich während der mit Gewalt und Repressionen beendeten Massenproteste gegen die Dikatatur in Belarus 2020 gegründet hat, um vom Regime verfolgte Sportlerinnen und Sportler zu unterstützen. "Die bisherigen Sanktionen der UEFA sind nicht ausreichend, der ganze Verband aus Belarus muss suspendiert werden", sagt Apeikin.

Die Klubführung des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln hatte in einem Brief an UEFA-Präsident Aleksander Ceferin den Ausschluss aller belarusischen Teams gefordert. Apeikin sagte, dass er den Vorstoß der Kölner begrüße, ihm gleichzeitig ein Ausschluss der Teams nicht reiche. "Sport ist ein Propagandamittel von Diktator Alexander Lukaschenko. Der Verband beging schon vor dem Krieg Manipulation, Korruption und Menschenrechtsverletzungen, nun kommt die Unterstützung beim russischen Angriff hinzu", sagt Apeikin. "Wir wissen nicht, warum die UEFA den belarusischen Verband schützt. Das Vorgehen ist sehr intransparent."

UEFA: "Kein weiterer Kommentar"

Die Sportschau fragte die UEFA schriftlich, was sie von dem Anliegen des 1. FC Köln halte, und warum sie nur Russlands Teams, nicht aber die aus Belarus suspendiert habe. In ihrer Antwort verwies die UEFA auf die bisher ausgesprochenen Sanktionen gegen Belarus sowie die vorgenommenen Einschränkungen bei Auslosungen und fügte hinzu: "Wir haben keinen weiteren Kommentar abzugeben."

Die UEFA hatte im März wie die FIFA russische Teams von ihren Wettbewerben ausgeschlossen, nicht aber die aus Belarus. Stattdessen entschied sie sich zu der Maßnahme, dass belarusische Teams ihre Heimspiele auf neutralem Boden und ohne Fans austragen müssen, "da die Invasion des ukrainischen Territoriums durch die russische Armee durch den Zugang aus dem benachbarten Territorium von Belarus erleichtert wurde", so die UEFA damals. Später wurde verfügt, dass Klubs aus der Ukraine und Belarus bis auf weiteres nicht mehr aufeinandertreffen dürfen. Solche Ausschlüsse von Begegnungen bei Auslosungen gibt es mehrere in der UEFA.

In der UEFA derzeit politisch ausgeschlossene Begegnungen
Ukraine - Russland*
Ukraine - Belarus
Kosovo - Serbien
Kosovo - Bosnien-Herzegowina
Kosovo - Russland*
Armenien - Aserbaidschan
Spanien - Gibraltar
*Teams 2022/23 suspendiert

Ukraine unter Beschuss - auch aus Belarus

Als der russische Krieg gegen die Ukraine begann, erhielt Russland Unterstützung aus Belarus. Zwar ist Belarus offiziell nicht am Angriff beteiligt, bietet dem Verbündeten aus Moskau aber sein Territorium als Aufmarschgebiet und Stützpunkt. Beispielsweise am 25. Juni meldete die Ukraine mehrere Raketenbeschüsse von belarusischem Staatsgebiet und Angriffe von Kriegsflugzeugen, die aus belarusischem Luftraum gekommen sein sollen. Am selben Tag trafen sich die Präsidenten Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko in Sankt Petersburg.

Die Präsidenten Alexander Lukaschenko (Belarus, r.) und Wladimir Putin (l.) am 25. Juni 2022

Die Präsidenten Alexander Lukaschenko (Belarus, r.) und Wladimir Putin (l.) am 25. Juni 2022.

Keine zwei Wochen danach rollte für Dinamo Minsk regulär der Ball. Im Hinspiel der 1. Qualifikationsrunde der Europa Conference League gegen den FK Dečić aus Montenegro gab es ein 1:1, eine Woche später setzte sich der Klub aus Minsk mit 2:1 durch und ist nun als Teilnehmer der 2. Runde wie der FK Gomel und BATE Borisov möglicher Gegner der Kölner in den Playoffs. Bei einem Erreichen der Gruppenphase wäre der belarusische Meister Shakhtyor Soligorsk ebenfalls ein denkbares Los.

Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln, nannte Belarus einen "Vasallenstaat", den man als indirekten Kriegsteilnehmer betrachten müsse. Wolf sagte, dass der FC alle anderen teilnehmenden Klubs angeschrieben habe, "mit der Bitte, uns zu unterstützen". Im Fall der Fälle - einer Auslosung gegen einen der Klubs aus Belarus, würde man aber wohl spielen. "Unter den jetzigen Umständen würden wir antreten", sagte Wolf im WDR. "Aber die Bühne würden wir nutzen, um auf diese Unrechtssituation deutlich hinzuweisen." Belarus ist dem FC nicht unbekannt: 2017 spielten die Kölner in der Gruppenphase der Europa League bei BATE Borisov.

Oktober 2017: Der 1. FC Köln zu Gast bei BATE Borisov in Belarus

Oktober 2017: Der 1. FC Köln zu Gast bei BATE Borisov in Belarus

IOC hatte Suspendierung von Teams beider Länder empfohlen

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hatte nach dem Beginn des russischen Angriffs die Suspendierung von Athletinnen, Athleten und Teams beider Länder empfohlen. Der Sport ging unterschiedlich vor. Im Handball beispielsweise darf Belarus nicht mehr mitspielen, im Fußball dagegen schon. Und das, obwohl zuletzt 35 Staaten, darunter Deutschland, einen kompletten Ausschluss von russischen und belarusischen Sportverbänden aus den internationalen Sportorganisationen wie der UEFA gefordert haben.

Doch die IOC-Empfehlung betraf weder die die Verbände noch die Funktionäre beider Länder, die im IOC wie in den Verbänden der Sportarten aktiv bleiben. Belarus ist zumindest in einigen unteren Gremien der UEFA weiterhin vertreten, Russland konnte die UEFA mit seiner zwischenzeitlichen EM-Bewerbung blamieren, und Gazprom-Manager Alexander Dyukov sitzt bis heute stimmberechtigt im UEFA-Exekutivkomitee.

Apeikin: "Wir müssen Geldströme stoppen"

Das Exekutivkomitee der UEFA, das als Gremium Sanktionen beschließen könnte und in dem auch der DFB durch Rainer Koch vertreten ist, müsste sich bei einer möglichen Befassung mit der Kölner Forderung allerdings mit einem technischen Problem des Kölner Vorstoßes auseinandersetzen: Die ersten Qualifikationsrunden des Europapokals sind gespielt, das Exekutivkomitee müsste also in den längst gestarteten Wettbewerb eingreifen.

Für Apeikin von der BSSF überwiegen dennoch die Argumente für einen Ausschluss. Er kritisiert die UEFA und die FIFA vor allem dafür, dass nur russische Teams, nicht aber die Verbände als Mitglieder suspendiert wurden. "Damit fließt weiter Geld an die Verbände aus Belarus und Russland", sagt Apeikin. "Diese Geldströme müssen gestoppt werden." Mehrfach forderte die BSSF in der Vergangenheit die UEFA auf, Belarus zu suspendieren. Zuletzt im April 2022.

Am 27. Juni verschickte die UEFA ein Rundschreiben an ihre Mitglieder, in der sie die Ausschüttungen aus einem Geldverteilungsprogramm auflistete. Belarus und auch Russland standen für die Saison 2021/22 demnach jeweils 2,4 Millionen Euro zu. 2020/21 sollen laut UEFA-Finanzbericht außerdem rund 6 Millionen Euro an sogenannten Solidaritätszahlungen aus dem Europapokal nach Belarus gegangen sein. Währenddessen zeigte Belarus auch sportlich, wo es steht. Nachdem russische Teams international suspendiert worden waren, hatten sie in Freundschaftsspielen vor allem einen Spielpartner: Belarus.

Fan aus der Ukraine: "Es ist eine Schande"

Den russischen Angriff mit belarusischer Unterstützung hat Oleg Soldatenko seit Beginn miterlebt. "Man muss zu jeder Zeit auf alles vorbereitet sein", sagte er als ukrainischer Vertreter bei der Generalversammlung des Fanbündnisses Football Supporters Europe in Frankfurt am Main am Freitag. Soldatenko durfte mit einer Ausnahmegenehmigung seine Heimat verlassen, per Bus ging es von Lwiw nach Polen und dann nach Frankfurt. Der 51-Jährige berichtete von Zerstörung, Leid und Tod, und wie auch Fußballfans in der Ukraine von dem Krieg betroffen sind.

"Ich stimme dem 1. FC Köln völlig zu", sagte Soldatenko anschließend im Gespräch mit der Sportschau. "Dass die Teams aus Belarus noch mitspielen dürfen, ist meiner Meinung nach eine Schande."