Sevillas Trainer Jorge Sampaoli

Neuer Trainer des FC Sevilla Jorge Sampaoli - der Besessene vom Baum

Stand: 10.10.2022 19:48 Uhr

Nach der 1:4-Pleite vor einer Woche wird der FC Sevilla in der Champions League im Rückspie" bei Borussia Dortmund ein anderes Gesicht zeigen. Der Grund: Jorge Sampaoli.

Allein das Erscheinungsbild des neues Trainers lässt erahnen, dass es Borussia Dortmund in der Champions League mit einem anderen FC Sevilla zu tun bekommt als noch vor einer Woche. Da wurde das Team aus Andalusien noch von Julen Lopetegui betreut. Der kam an der Seitenlinie immer sehr freundlich und sogar manchmal schüchtern rüber.

Sein Nachfolger Jorge Sampaoli ist 18 Zentimeter kleiner, dafür mächtig muskelbepackt, trägt gerne seine zahlreichen Tätowierungen zur Schau und sieht eher aus wie der Anführer einer Motorrad-Gang. Und manchmal benimmt sich der 62-jährige Argentinier an der Seitenlinie auch so.

Rückkehr nach Andalusien

Lopetegui wurde kurz nach dem 1:4 gegen den BVB entlassen, Sampaoli stand da schon als Nachfolger bereit. Zum Verhängnis wurde dem geschassten Coach aber eher das schlechte Abschneiden in der spanischen Liga. Da rangierte der FC Sevilla nämlich völlig überraschend nur auf Platz 17.  

Sampaoli soll das ändern. Er ist beim FC Sevilla kein Unbekannter, es ist seine zweite Amtszeit. Schon in der Saison 2016/17 hatte er den Klub trainiert, ihn ins Achtelfinale der Champions League und in der Liga auf Platz vier geführt.

Copa-Sieg mit Chile

Dann rief die Heimat. Sampaoli wurde argentinischer Nationaltrainer. Um ihn aus dem laufenden Vertrag beim FC Sevilla freizukaufen, zahlte der Verband 1,5 Millionen Euro. Einen Namen hatte er sich zuvor in Chile gemacht. Unter ihm holte das Nationalteam 2015 zum ersten Mal die Copa América.

Nach dem frühen Aus im Achtelfinale bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland musste Sampaoli die "Albiceleste" aber wieder verlassen. Er trainierte in Brasilien den FC Santos und Atlético Mineiro und landete dann beim französischen Erstligisten Olympique Marseille. Nach Platz fünf in der Ligue 1 und der Qualifikation für die Champions League forderte er mehr Geld für neue Spieler. Die bekam er nicht - und ging.

Gewiefter Taktiker

Jetzt also wieder der FC Sevilla. In der Liga holte er in seinem ersten Spiel daheim im Sánchez Pizjuán zuletzt immerhin ein 1:1 gegen den Tabellen-Dritten Athletic Bilbao.

Sampaoli gilt als gewiefter Taktiker. Er ist dafür bekannt, sein System ständig flexibel an den Gegner anzupassen und seine Schützlinge auf jeden Gegner punktgenau einzustellen. 

Seine Teams spielen sehr variabel. Er wechselt munter zwischen verschiedenen Spielsystemen hin und her und verbringt angeblich ganze Nächte damit, den nächsten Gegner zu studieren. Das hat ihm auch den Ruf eingebracht, ein Fußball-Besessener zu sein.

Anweisungen vom Baum

Dazu passt auch eine Anekdote aus seinen Traineranfängen. Nachdem er in einem Spiel des von ihm betreuten Amateurteams einen Platzverweis kassiert hatte, coachte er die Mannschaft einfach von außerhalb des Platzes weiter, indem er auf einen Baum kletterte. Ein Foto dieser Aktion landete in der Lokalzeitung. Die Newell’s Old Boys fanden das so bemerkenswert, dass sie ihn zum Trainer der Reservemannschaft machten.

Er selbst beschreibt sich als bescheiden, als akribischen Arbeiter und gleichzeitig als leidenschaftlichen Menschen. "Überall dort, wo ich arbeite, möchte ich etwas revolutionieren. Ich versuche, die alten Strukturen aufzubrechen und neue Impulse zu geben", hat er einmal gesagt.

Jorge Sampaoli war zuvor Cheftrainer bei Olympique de Marseille

Jorge Sampaoli

Mutiger Offensivstil und hohes Tempo

Borussia Dortmund darf sich auf einen mutigen Offensivstil und hohes Tempo gefasst machen. Unter Sampaoli wird Sevilla ganz anders auftreten als zuletzt unter Lopetegui.

Jedenfalls theoretisch. Denn inwieweit der neue Trainer in nur einer Woche sein Team verändern kann, bleibt abzuwarten. "Was Sevilla vorhat, können wir nicht wissen. Durch den Trainerwechsel wird etwas passieren", mahnte aber schon Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl. Und auch Coach Edin Terzic weiß: "Einige Dinge werden sich verändern."