Union Berlins Torwart Frederik Rönnow wehrt einen Schuss von Dortmunds Marco Reus ab
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Titelrennen in der Datenanalyse Warum Union eine Festung und der BVB wieder ernst zu nehmen ist

Stand: 24.02.2023 14:53 Uhr

Wer wird Meister? Diese Frage stellt sich in dieser Bundesligasaison tatsächlich mal. Die Datenanalyse birgt überraschende Fakten und zeigt, wie schwierig eine Prognose ist.

Sechs Mannschaften haben noch berechtigte Chancen, deutscher Meister zu werden. Nur fünf Punkte trennen vor dem 22. Spieltag den Spitzenreiter FC Bayern München vom Tabellensechsten Eintracht Frankfurt.

Prognosen sind schwierig, weil der Fußball so viele Komponenten hat: Qualität, Taktik, Glück, Pech, Verletzungen, Trainer, Schiedsrichter. Leichter scheint es, erklären zu können, warum die aktuelle Tabelle so aussieht. Es gibt etliche Daten, aus denen ein Bild zusammengefügt werden kann. Doch manchmal lassen einen auch Zahlen ratlos zurück.

Die Sportschau hat mithilfe ihres Datendienstleisters "Sportec Solutions" zehn Tabellen ermittelt mit Kategorien, die zusammengenommen zumindest einigermaßen die aktuelle Bundesligatabelle widerspiegeln sollten. Doch aus diesen Tabellen ergibt sich noch drängender die Frage, warum der 1. FC Union Berlin punktgleich mit dem FC Bayern an dritter Stelle platziert ist.

Union mit weniger als einer Großchance pro Spiel

Bei den Großchancen etwa kommen die Münchner auf 57 und damit auf mehr als dreimal so viel wie die Berliner. Union verwertete zwar die Hälfte davon, aber angesichts der Masse und der nur um wenige Prozentpunkte geringeren Effizienz sind die Bayern in dieser Kategorie zusammengerechnet deutlich vorn. Freiburgs Wert von nur 39,5 Prozent verwerterter Großchancen ist der schlechteste in der ganzen Liga.

Großchancen und verwertete Großchancen
Verein Anzahl davon verwertet (in Prozent)
1. FC Bayern 57 45,6
2. Borussia Dortmund 47 42,6
3. Eintracht Frankfurt 44 54,5
4. SC Freiburg 43 39,5
5. RB Leipzig 40 47,5
6. 1. FC Union Berlin 18 50

Festung aus Köpenick

Ein Erfolgsgeheimnis der Unioner ist, dass sie dem Gegner im Schnitt auch nur weniger als eine Großchance gestatten. Die anderen Titelanwärter liegen bei mehr als 20 zugelassenen Großchancen, die Freiburger sogar bei deutlich mehr als 30.

Zugelassene Großchancen
Verein Anzahl
1. 1. FC Union Berlin 16
2. FC Bayern 21
3. RB Leipzig 24
4. Borussia Dortmund 27
5. Eintracht Frankfurt 29
6. SC Freiburg 34

Bayern schießt mit Abstand am häufigsten aus dem Strafraum

Nahezu alle hier aufgeführten Kategorien haben die Schwäche, dass sie nur Quantität, aber keine Qualität messen. Daher sind an dieser Stelle auch nur die Abschlüsse innerhalb des Strafraums aufgeführt, die in der Regel eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, ins Tor zu gehen.

Auch in dieser Kategorie sind die Bayern deutlich vorn, allein schon vor dem Zweitplatzierten aus Dortmund, erst recht vor den Berlinern.

Torschüsse innerhalb des Strafraums
Verein Anzahl
1. FC Bayern 271
2. Borussia Dortmund 211
3. RB Leipzig 196
4. SC Freiburg 184
5. Eintracht Frankfurt 163
6. 1. FC Union Berlin 150

Enger ist das Feld zusammen bei den Torschüssen des Gegners, die im Strafraum zugelassen werden. Leipzig ist hier vorne, die Bayern und Union sind dicht beisammen.

Gegnerische Torschüsse im Strafraum
Verein Anzahl
1. RB Leipzig 116
2. FC Bayern 125
3. 1. FC Union Berlin 133
4. Eintracht Frankfurt 160
5. Borussia Dortmund 162
6. SC Freiburg 189

Freiburg bei den Standardtoren vorn

Tore nach Eckstößen, Freistößen und Elfmetern: In dieser Kategorie sind die Freiburger vorn, bei den Bayern und Dortmundern sind die Zahlen noch einstellig. Die relativen Zahlen verdeutlichen Freiburgs enorme Standardstärke noch besser: Fast die Hälfte seiner Tore erzielte der SCF bislang nach Standards.

Tore nach Standardsituationen
Verein Anzahl Anteil Standardtore (in Prozent)
1. SC Freiburg 15 44,1
2. Eintracht Frankfurt 13 31,0
3. 1. FC Union Berlin 12 34,3
3. RB Leipzig 12 28,0
5. FC Bayern 9 14,8
6. Borussia Dortmund 7 15,9

BVB stark verbessert

Das defensive Verhalten bei gegnerischen Standardsituationen galt mal als Schwäche von Borussia Dortmund. Aktuell führt der BVB diese Rangliste im Kreis der Titelanwärter an. Leipzig hingegen kassiert 46 Prozent nach Standards - der schlechteste Wert der sechs Mannschaften.

Gegentore nach Standardsituationen
Verein Anzahl Anteil Standardgegentore ( in Prozent)
1. Borussia Dortmund 5 18,5
2. SC Freiburg 7 22,6
2. FC Bayern 7 33,3
4. 1. FC Union Berlin 10 41,7
4. Eintracht Frankfurt 10 34,5
6. RB Leipzig 12 46,2

Überraschung bei den Zweikampfwerten

Die wohl überraschendste Zahl liefert die Tabelle der Zweikampfwerte. Die Bayern führen mit deutlichem Abstand, die Unioner, von den meisten wahrscheinlich höher getippt, landen auf dem letzten Platz. Aber auch hier ist zu beachten: Die Zahl sagt nichts über Ort und Brisanz des Zweikampfs aus.

Zweikämpfe
Verein gewonnen (in Prozent)
1. FC Bayern 55,1
2. RB Leipzig 51,2
3. SC Freiburg 50,1
4. Borussia Dortmund 49,9
5. Eintracht Frankfurt 48,7
6. 1. FC Union Berlin 48,5

Was den Ballbesitz anbelangt, dürfte die Tabelle so erwartet worden sein. Drei der Mannschaften aus den Top sechs haben weniger als 50 Prozent Ballbesitz, ligaweit liegt hinter Union nur der Berliner Stadtrivale Hertha BSC.

Spielanteile
Verein Ballbesitz (in Prozent)
1. FC Bayern 61,2
2. Borussia Dortmund 56,3
3. RB Leipzig 55,5
4. SC Freiburg 49,5
5. Eintracht Frankfurt 49,3
6. 1. FC Union 45,1

Rönnow der X-Faktor?

Sollte die letzte Instanz entscheiden, könnte tatsächlich im Mai der 1. FC Union die Nase vorn haben. Torhüter Frederik Rönnow wehrt prozentual die meisten Schüsse ab, und, wie oben aufgeführt, lassen die "Eisernen" vergleichsweise wenig Abschlüsse des Gegners im Strafraum zu. RB Leipzig darf froh sein, dass es diese Kategorie anführt, denn Torhüter Janis Blaswich wehrt weniger als 60 Prozent aller Schüsse ab. Auch in dieser Kategorie ist ligaweit nur die Hertha schlechter.

Torhüter
Torhüter Verein abgewehrte Schüsse (in Prozent)
1. Frederik Rönnow 1. FC Union Berlin 77,2
2. Gregor Kobel Borussia Dortmund 75,6
3. Manuel Neuer FC Bayern 73,8
4. Yann Sommer Gladbach/FC Bayern 73,5
5. Mark Flekken SC Freiburg 69,6
6. Kevin Trapp Eintracht Frankfurt 62,2
7. Janis Blaswich RB Leipzig 59

* aufgeführt sind nur Torhüter mit mindestens einem Drittel der möglichen Spielzeit

Bayern in Gesamtwertung vorn

Wird aus den zehn Kategorien eine Gesamtwertung erstellt mit sechs Punkten für den jeweils Ersten, fünf für den Zweiten bis einen Punkt für den Sechsten, ergibt sich eine Tabelle mit klarem Bild: Die Bayern sind weit vorne mit elf Punkten Vorsprung auf den BVB. So sah in den vergangenen Jahren häufig die einzige Tabelle aus, die wirklich zählt.

Gesamtwertung aus verschiedenden Kategorien
Verein Punkte
1. FC Bayern 48
2. Borussia Dortmund 37
3. RB Leipzig 34
4. 1. FC Union Berlin 33
5. Eintracht Frankfurt 31
6. SC Freiburg 30