Die ukrainische Fechterin Olga Kharlan

Krieg gegen die Ukraine Ukraines Fechtverband - "Werden nicht gegen Russen antreten"

Stand: 21.03.2023 15:45 Uhr

Ukraines Fechtverband hat einen Boykott aller Veranstaltungen angekündigt, bei denen Kämpferinnen und Kämpfer aus Russland oder Belarus antreten.

Wie der ukrainische Verband NFFU der Sportschau am Dienstag (21.03.2023) mitteilte, werde er weder Fechterinnen und Fechter, noch Kampfrichter oder Trainer zu solchen Wettbewerben entsenden. Darüber habe das Präsidium des Verbands Maßnahmen besprochen, um "die rechtswidrige und beschämende Entscheidung" des Weltverbands FIE zur Rückkehr von Sportlerinnen und Sportlern aus Russland und Belarus vor Gericht anzufechten.

Russland führt seit mehr als einem Jahr einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, Belarus stellt sein Territorium dabei als Aufmarschgebiet bereit, mehrfach meldete die Ukraine Raketenbeschüsse auch aus Belarus. Der Angriff Russlands auf die Ukraine trifft neben der Zivilbevölkerung auch den Sport. Zahlreiche Sportlerinnen und Sportler wurden von Russland getötet, viele Sportstätten zerstört.

Mit deutscher Stimme: FIE beschließt "neutrale" Wiederzulassung

Am 10. März hatte der Kongress der FIE trotzdem die Wiedereingliederung von Sportlerinnen und Sportlern unter neutraler Flagge beschlossen, eine Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris 2024 wäre damit möglich. Der Deutsche Fechter-Bund (DFB) trug dazu aktiv bei. Nach Informationen der Sportschau hatte das DFB-Präsidium seine Präsidentin Claudia Bokel beauftragt, für die Wiederzulassung von Einzelsportlerinnen und -sportlern zu stimmen. Dagegen sollte Bokel mit "Nein" bei den Fragen stimmen, ob auch Teams und Offizielle wieder teilnehmen dürfen.

Das Internationale Olympische Komitee hatte nach Beginn des russischen Angriffs zunächst Sportverbänden empfohlen, russische und belarusische Sportler auszuschließen. Zuletzt aber öffnete das IOC unter seinem deutschen Präsidenten Thomas Bach die Tür für eine Wiederzulassung und berief sich darauf, dass Menschen aus Russland und Belarus nicht allein wegen ihrer Staatsangehörigkeit ausgeschlossen werden dürften. Der Deutsche Olympische Sportbund plädierte dagegen noch am Freitag dafür, diesen Ausschluss beizubehalten.

Deutsche Fechterinnen und Fechter reagieren entsetzt

"Fechten ist sehr eng mit Russland verwoben", kritisierte die deutsche Fechterin Léa Krüger im Gespräch mit der Sportschau die Entscheidung der FIE. "Der Weltverbandsvorsitzende Usmanow ist ein russischer Oligarch, der sehr viel Geld in den Fechtsport gesteckt hat. Das heißt, das Geld im Fechten kommt aus Russland. Und natürlich gibt es dann auch ein großes Interesse daran, dass man das Geld auch weiterhin bekommt."

Der frühere Fechter Max Hartung reagierte ähnlich. Er sei über die Entscheidung und auch über die Haltung des deutschen Verbands enttäuscht, sagte der Gründungspräsident der Athletenvertretung Athleten Deutschland im Gespräch mit der Sportschau. "Ich hätte mir gewünscht, dass man sowohl kommuniziert, wie man abstimmt, als auch die Entscheidung begründet - so wie andere Verbände das gemacht haben."

Ukrainische Fechterin: "Ich kann mir nicht vorstellen, gegen sie anzutreten"

Die ukrainische Fechterin Olga Kharlan sagte zur Sportschau: "Ich kann mir nicht vorstellen, gegen sie zu fechten und will es ehrlich gesagt auch nicht." Sie hoffe, dass eine solche Situation nicht eintreten werde. Die Konsequenzen seien ihr bewusst. "Natürlich kann es mein letzter Wettkampf sein", sagte sie beim Weltcup der Säbelfechterinnen in Sint-Niklaas in Belgien.

Léa Krüger wies ebenfalls auf diese Situation hin: "Es könnte einer der letzten Wettkämpfe sein, auf denen wir Olga und die anderen Ukrainer:innen sehen. Und gerade Olga war für viele, auch für mich, früher ein großes Vorbild und Idol. Es bricht mir ein Stück weit das Herz."

IOC empfiehlt neutralen Status

Das IOC verlangte in einer Empfehlung, dass eine Rückkehr nur unter einem "neutralen Status" möglich sein soll. Das IOC gab dafür als Rahmen an, dass die Sportlerinnen und Sportler in keiner Weise ihren Staat vertreten dürfen und "den Krieg in der Ukraine nicht aktiv unterstützt" haben dürfen. Wie das überprüft und sichergestellt werden soll, ist allerdings nicht klar.

Bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio und bei den Winterspielen in Peking durften russische Athletinnen und Athleten nur unter neutraler Flagge teilnehmen, da die Welt-Anti-Doping-Agentur es als erwiesen ansah, dass die russische Regierung Daten des Dopinglabors in Moskau manipuliert hatte. Die "neutralen" olympischen Teams gewannen 71 Medaillen in Tokio und 32 Medaillen in Peking.

Sport als Teil von Putins Propaganda

Mehrere Mitglieder der "neutralen" russischen Olympia-Teams traten im März 2022 mit ihren Medaillen bei einer Propaganda-Show Putins im Moskauer Luschniki-Stadion auf, auf ihrer Teamkleidung von den Spielen prangte wenig neutral ein "Z" - das Symbol für die russische Invasion in der Ukraine. Eine propagandistische Ausschlachtung sportlicher Leistungen ist also auch außerhalb des direkten Umfelds der Spiele möglich.

"Neutrale Athletinnen und Athleten" aus Russland bei einer Propaganda-Show im Luschniki-Stadion in Moskau

"Neutrale Athletinnen und Athleten" aus Russland bei einer Propaganda-Show im Luschniki-Stadion in Moskau

Der Sport ist oft ein Teil der Propaganda von Russlands Präsident Putin gewesen. Unmittelbar nach den Olympischen Winterspielen 2014 annektierte Russland völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim. Die FIFA bot Putin 2018 mit der WM ebenfalls eine der größten Bühnen des Weltsports.