Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers

WM-Hoffnung Leon Draisaitl Deutschland hofft auf den Superstar

Stand: 16.05.2023 18:08 Uhr

Als Leon Draisaitl nach dem letzten verlorenen Spiel der Playoff-Serie in der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL gegen Las Vegas noch einmal vor die Mikrofone trat, presste er jedes einzelne Wort in die Welt. Und hinter jedem Satz lauerten die Tränen. Wieder einmal waren die ruhmreichen Oilers aus Edmonton nicht in der Lage, all den Vorschusslorbeeren gerecht zu werden, die dem torgefährlichsten Team der Hauptrunde zugeschustert worden waren.

"Ich muss mich auch an die eigene Nase fassen", gab Draisaitl fast stimmlos zu Protokoll. Und in diesem Augenblick verschwendete der gebürtige Kölner ganz sicher keinen Gedanken an eine Reise zur Eishockey-Weltmeisterschaft in die finnische Provinz nach Tampere.

Doch genau hier, im "finnischen Manchester", wurden seither alle Räder in Bewegung gesetzt, um einen der besten Eishockeyspieler der Welt zu einer Teilnahme zu bewegen. Christian Künast hatte als DEB-Sportdirektor schon weit im Vorfeld der Titelkämpfe die grundsätzliche Bereitschaft Draisaitls abgefragt und sich zumindest keinen Korb eingefangen. Was danach folgte, waren Telefonate mit Sponsoren und auch mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Denn eine WM mit Draisaitl kostet viel Geld, kein Honorar oder gar eine Antrittsprämie für den Superstar, sondern eine beachtliche Versicherungssumme.

"Am Geld wird es nicht scheitern"

Diese Summe bemisst sich, wie bei allen anderen Profis aus Nordamerika auch, am Restwert des laufenden Vereinsvertrags. Bei Draisaitl und den Oilers gilt die Vereinbarung nur noch zwei Jahre, zu versichern wären deshalb "nur" 17 Millionen US-Dollar. Dafür müsste eine Versicherung abgeschlossen werden, die rund 100.000 Euro kostet. Ohne Versicherung gibt es keine Freigabe von den Oilers.

Ähnlich und doch anders liegt der Fall bei Torhüter Philipp Grubauer, der jetzt mit Seattle ebenfalls in der zweiten Playoff-Runde um den Stanley Cup ausgeschieden ist. Sein Jahressalär beträgt 5,9 Millionen Dollar, ist aber für weitere vier Jahre garantiert. Entsprechend höher fällt hier also die Versicherungssumme aus. DEB-Sportdirektor Christian Künast hat jedoch immer wieder betont, dass "eine WM-Teilnahme dieser Spieler nicht aus Geldgründen scheitern wird".

Olympia-Quali steht auf dem Spiel

Das Geld ist also da, bereitgestellt von einem Sponsorenpool, vom Internationalen Eishockeyverband (IIHF) und auch vom DOSB, denn die aktuelle Weltmeisterschaft bietet ja auch die Chance, sich direkt für die nächsten Olympischen Winterspiele in Mailand zu qualifizieren. Dafür müsste der aktuelle Weltranglisten-Neunte Deutschland einen Ranglistenplatz gut machen und entweder die Slowakei oder die Schweiz überholen. Ohne eine Viertelfinalteilnahme ist das jedoch praktisch ausgeschlossen. 

Moritz Müller: "Ich kann das nicht einschätzen"

Und kommt er nun, der Draisaitl? Und was ist mit Grubauer? Antworten auf diese Fragen können nur aus Nordamerika kommen und sie stehen noch aus. Mannschaftskapitän Moritz Müller, mit Draisaitl auch freundschaftlich verbunden, hofft auf den Superstar, schränkt aber ein: "Ich weiß nicht, wie es ihm gesundheitlich geht. Er war ja angeschlagen, wie sonst seine private Situation ist - das kann ich alles nicht einschätzen." Und auch der Bundestrainer Harold Kreis möchte das Thema am liebsten kleinhalten: "Jeder Trainer hätte Leon gerne in seiner Mannschaft. Aber ich kann diese Frage nicht beantworten, weil ich die Information zu seiner Situation nicht habe."

Und als wäre das alles nicht kompliziert genug, muss auch noch Folgendes in Erwägung gezogen werden. Nach dem Playoff-Aus gibt es auch bei den NHL-Klubs noch Gespräche zwischen Sportlicher Leitung und den Spielern. Außerdem eine letzte ärztliche Untersuchung. Das alles dauert manchmal eine Woche. Dann wartet eine fast 24-stündige Reise. Es braucht also alles eine gewisse Zeit. Draisaitl hat diese Strapazen in der jüngeren Vergangenheit schon häufiger auf sich genommen, zuletzt bei der WM 2019. Doch damals waren die Tränen nach einem enttäuschenden Saison-Aus für die Oilers auch schneller getrocknet als in diesem Jahr.