NHL-Saisonstart Leon Draisaitl - weit entfernt vom Nowitzki des Eishockeys

Stand: 12.10.2021 10:30 Uhr

Nach historischen persönlichen Bestmarken und Auszeichnungen will der beste deutsche Eishockeyspieler mit seinen Edmonton Oilers jetzt endlich um den Titel in der nordamerikanischen Profiliga NHL mitspielen. Mit sportlichem Erfolg allein wird Leon Draisaitl aber keine Eishockey-Euphorie in Deutschland auslösen können.

Von Dorian Aust

Damit sich Leon Draisaitl so richtig wohl fühlt, braucht es nicht viel: eine Eisfläche, Schlittschuhe, Schläger und Puck. Wenn das gegeben ist, wird der 25-Jährige mit ziemlicher Sicherheit viel Spaß haben. Sobald Draisaitl allerdings die anderen notwendigen Pflichten eines Superstars seiner Sportart ableistet, scheint ihm der Spaß ein wenig abhanden zu kommen.

Pressekonferenzen mit dem gebürtigen Kölner kommen daher eher kurz und knapp daher. Äußerst kurz und wenig euphorisch fallen seine Antworten aus – egal ob es um sportliche Ziele oder Privates geht. Leon Draisaitl ist ein wortkarger, junger Mann, der lieber seine Taten auf dem Eis sprechen lässt.

500. NHL-Spiel gegen Vancouver

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (14.10.2021) wird Draisaitl das bereits zum 500. Mal in der NHL tun. Dann starten seine Edmonton Oilers gegen Vancouver in die neue - wieder etwas normalere Saison: "Es ist toll, dass die Zuschauer wieder zurück sind, es macht wieder viel mehr Spaß zu spielen", erzählt Draisaitl: "Wir freuen uns wieder andere Gegner zu sehen und mit der Mannschaft zu reisen." Im vergangenen Jahr war die NHL coronabedingt in Regionalgruppen aufgeteilt worden.

Das 500. Spiel in der besten Eishockey-Liga der Welt ist ein weiterer Meilenstein in der jetzt schon bemerkenswerten Karriere des ehemaligen Nachwuchsspielers der Kölner Haie und Adler Mannheim. Immerhin ist der Offensivmann bereits seit April der beste deutsche NHL-Scorer der Geschichte und hat Marco Sturm in nur wenigen Jahren überholt. 2020 wurde er gleich zweifach zum wertvollsten Spieler der Liga geehrt.

Draisaitl: "Ich glaube, dass unsere Zeit gekommen ist"

Jetzt geht Draisaitl in seine achte Saison mit den Oilers und will nach persönlichen Auszeichnungen endlich auch mit der Mannschaft etwas erreichen: "Ich glaube, dass unsere Zeit jetzt gekommen ist", so der Center. Er sieht einen – vor allem in der Tiefe – deutlich verbesserten Kader. Mit dem ein Jahr jüngeren Connor McDavid und Leon Draisaitl haben die Oilers zwei absolute Superstars der NHL in ihren Reihen – dahinter fiel der Kader allerdings regelmäßig deutlich ab.

Draisaitl und McDavid sind die beiden Topscorer der beidenen vergangenen Jahre - trotzdem war für Edmonton jeweils in der ersten Playoff-Runde Schluss. Zuletzt mussten die Oilers im Mai gegen Winnipeg die Segel streichen. Eine 0:4-Playoff-Serie ohne eigenen Sieg - die Höchststrafe im Eishockey.

Durch einige neu verpflichtete Playoff-Routiniers wollte General Manager Ken Holland diesem Phänomen entgegenwirken und endlich um den Titel mitspielen. Ganz zum Gefallen von Leon Draisaitl: "Unser Ziel ist es und muss es sein, ganz oben mitzuspielen."

Star in Edmonton - Unerkannt in Köln

Die Basis für neue sportliche Erfolge hat Draisaitl wie gewohnt im Sommer in Köln gelegt – in einem Kraftraum vor dem Fußballstadion und der Eishalle der Kölner Haie, wo er wie gewohnt mit alten Freunden aufs Eis geht: "Es ist jeden Sommer das gleiche. Ich arbeite an meiner Kraft und Schnelligkeit", erklärt er: "Ich versuche als kompletter Spieler besser zu werden."

Wenn Leon Draisaitl nach Köln und nach Hause kommt, ist es auch eine Art Untertauchen für ihn. Dort wird er kaum erkannt, kann mehr oder weniger ungestört durch die Stadt streifen – ein Phänomen, das sich durch sportlichen Erfolg alleine nicht verändern wird.

Nur sportlich auf einer Stufe mit Dirk Nowitzki

Leon Draisaitl kann sportlich auch in jungen Jahren schon auf eine Stufe mit dem einstigen Basketball-Superstar Dirk Nowitzki gestellt werden. Sie sind die beiden einzigen Mannschaftssportler, die in Deutschland zum Sportler des Jahres gewählt wurden. Ihre Rollen als deutsche Botschafter in Nordamerika sind von großem Wert und das obwohl sie beide keine Lautsprecher sind.

Dirk Nowitzki (l)

Dirk Nowitzki (l)

Und dennoch unterscheidet die beiden Ausnahmesportler etwas: Dirk Nowitzki flogen während und auch nach seiner Karriere die Herzen der Deutschen zu. Sein Charisma und die stets zugewandte, humorvolle Art, haben ihm Werbedeals eingebracht. Man musste kein Sportfan sein, um Dirk Nowitzki in Deutschland zu kennen.

Connor McDavid - Mitspieler und Gegenspieler

Draisaitl fällt naturgemäß weniger auf: Sein Gesicht ist meistens unter dem Helm versteckt, er bringt keine übernatürliche Körpergröße von 2,13 Metern mit und auch hat die NBA seit Jahren einen anderen Stellenwert in Deutschland als die NHL. Aber Draisaitl bringt eben auch keine natürlich, offenherzige Art mit. Sein Wert für das deutsche Eishockey könnte noch viel größer sein – als seine jetzt bereits sichere Teilnahme an den Olympischen Winterspielen in Peking.

Dort wird Draisaitl dann im Übrigen auf seinen kongenialen, kanadischen Sturmpartner Connor McDavid treffen: "Wir freuen uns auf das Gruppenspiel gegeneinander", sagt Draisaitl: "Ihr könnt Euch denken welche Wörter da fallen." Aber zunächst soll erst einmal gemeinsam gezaubert werden.