Gesperrte Schwimmbahnen

Energiekrise im Sport Kosten, Energie und Vereine - die wichtigsten Fragen und Antworten

Stand: 26.09.2022 07:46 Uhr

Welche Auswirkungen hat die Energiekrise auf den Breitensport? Was für Maßnahmen werden empfohlen? Droht die Schließung von Sportstätten? Nach zwei Jahren Corona-Pandemie steht der Breitensport vor der nächsten Herausforderung. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Auswirkungen hat die Energiekrise auf Sportvereine?

Die steigenden Energiepreise treffen nicht nur Privatbürger und Industrie, auch Sporthallen und Bäder sind bedroht. Im Rahmen von Einsparungsmaßnahmen stand bereits die Schließung von Sportstätten im Raum. Um dem entgegenzuwirken, sind mit der Verordnung zur Energieeinsparung der Bundesregierung bereits Schritte eingeleitet worden.

Nach jenem Erlass sind innerhalb von Sportstätten als "öffentliche Nichtwohngebäude“ seit dem 01.09.2022 folgende Maßnahmen in Kraft getreten:

  • Öffentliche Gebäude sollen nur noch bis höchstens 19 Grad beheizt werden. Das gilt, wenn die Menschen in den Räumen vorwiegend sitzen. Der Deutsche Olympischer Sportbund (DOSB) empfiehlt für Sporthallen eine Raumtemperatur von 17 Grad.
  • Durchgangsbereiche wie Flure, Foyers oder Technikräume sollen nicht mehr beheizt werden.
  • Von Seiten der Regierung wird keine Regulierung der Duschzeiten- und Temperaturen vorgegeben, auch der Flutlichtbetrieb und die Schwimmtemperaturen in den Bädern bleiben von dieser Seite unkommentiert. Der DOSB empfiehlt jedoch hier eine Reihe von Maßnahmen, um 20 Prozent Energieeinsparungen erzielen zu können.

Welche Sparmaßnahmen empfiehlt der DOSB?

Der DOSB hat eine Reihe von "Empfehlungen zur Energiereduktion für Sportvereine“ veröffentlicht, um mindestens 20 Prozent Energie zu sparen.

  • Bewusstes Heizen: Heizungsanlagen sollen in Abhängigkeit von Belegungszeiten gesteuert werden.
  • Abschalten der Warmwasserzubereitung für alle Sportstätten (ausgenommen Schwimmbäder): Das Duschen mit Warmwasser soll zwar weiterhin möglich bleiben, dafür fordert der DOSB auf, die Duschzeiten zu kürzen. Außerdem soll auf ressourcenschonende Sanitäranlagen umgerüstet werden (wassersparende Duschköpfe und Durchflussbegrenzer).
  • Bedarfsgerechter Betrieb von Flutlichtanlagen: Hier soll eine Optimierung der Platznutzung vorgenommen werden, um stellenweise nur das halbe Feld auszuleuchten.
  • Umrüsten auf LED-Lichttechnik (Indoor und Outdoor)
  • Einstellung der Nutzung von verzichtbaren Elektrogeräten
  • Wartungen der Heizanlagen
  • Isolierung der Heizungs- und Warmwasserleitungen
LED-Flutlichtanlage am Sportplatz in Großbottwar

Das kompakte Merkblatt des DOSB ist hier zu finden.

Welche Maßnahmen sieht der DOSB für Schwimmbäder vor?

Da mehr als 90 Prozent der Schwimmbäder mit Gas beheizt werden, sind diese besonders von der Krise betroffen. Bei den Sofortmaßnahmen für Schwimmbäder empfiehlt der DOSB einen Drei-Stufen-Plan:

  • Stufe 1: Bei Gasbetrieb: Abschaltung der hochtemperierten Außenbecken, ggf. zusätzlich Freibäder unbeheizt bis zum Saisonende weiter betreiben
  • Stufe 2: Außer Betrieb nehmen aller freizeitaffinen Becken und Saunen (alle Becken außer Sportbecken und Lehrschwimmbecken)
  • Stufe 3: Absenken der Wassertemperatur in den verbleibenden Sport-/Lehrschwimmbecken auf 26 °C

Droht eine Schließung der Vereine?

Eine mögliche Schließung steht im Raum: "Wir können nicht jeden Betrieb als systemrelevant einstufen. […] Produkte und Angebote, die in den Freizeit- und Wohlfühlbereich fallen, [wären] eher nachrangig. Schwimmbäder gehören wohl nicht zum kritischen Bereich, genauso wie die Produktion von Schokoladenkeksen“, sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur gegenüber der "WAZ".

Vonseiten des DOSB wurde aber eine Vermeidung der erneuten Schließung von Sportstätten als höchstes Ziel ausgegeben. Eine Kompensation der erhöhten Energiepreise durch eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge hält der DOSB "nach herausfordernden Pandemiejahren“ und zu erwartenden Mitgliederverlusten für "keine Option“.

Für Christian Siegel, Ressortleiter "Sportstätten, Umwelt und Nachhaltigkeit" muss der Breitensport als "Rückgrat unserer Gesellschaft" unbedingt geschützt und offen gehalten werden: "Sport bildet und ist ein wesentlicher, sozialer und gesundheitlicher Faktor für ein aktives und selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft – gerade nach den herausfordernden Pandemiejahren."

Man könne die Vereine nicht alleine lassen: "Von daher ist es sinnvoll, dass Bund, Länder und Kommunen Förderprogramme für finanziell in Not geratene Sportvereine entwickeln", so Siegel gegenüber dem WDR.

Welche Konsequenzen hat die Verordnung auf Werbemaßnahmen?

Für semi-professionelle Sportvereine sind Werbeflächen in und an den Hallen sowie die damit verbundenen Sponsoring-Gelder elementar. Laut der Energiesparverordnung ist "der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen“ von 22 bis 16 Uhr untersagt.

Es laufen aber bereits Gespräche zwischen den Kultur-, Jugend- und Sportämtern und dem Bundeswirtschaftsministerium. Demnach wurde in Aussicht gestellt, dass es wegen der Beleuchtungen bei Sportveranstaltungen bundesweite Ausnahmen geben dürfte: "LED-Banden in Veranstaltungsstätten wie Hallen und Stadien sind nicht von der Nutzungseinschränkung für beleuchtete Werbeanlagen erfasst", hieß es in einer Stellungnahme der Initiative Profisport Deutschland (IPD).

Die IPD geht von "einer bundeseinheitlichen Auslegung des Begriffes aus. Hinzu kommt, dass LED-Banden in Veranstaltungsstätten nur zeitlich begrenzt in Betrieb sind - nämlich während der jeweiligen Veranstaltung - und nicht täglich. Sie richten sich zudem an einen bestimmten Adressatenkreis, die jeweiligen Zuschauerinnen und Zuschauer bei einer Veranstaltung".

Wo können sich Vereine Hilfe holen?

Sollte Ihr Verein von einer finanziellen Notlage betroffen sein, sollten Sie sich an den Stadtsportbund, Landessportbund, das Sportamt und gegebenenfalls den Landesfachverband wenden.

Eine Auflistung der Landessportbünde finden Sie hier.

Können Vereine Insolvenz anmelden?

Sportvereinen ist es möglich, beim zuständigen Amtsgericht einen Insolvenzantrag zu stellen. Im Falle einer Insolvenz haftet der Vorstand des Vereins auch mit seinem Privatvermögen.

Was passiert auf der sportpolitischen Ebene?

Neben den Entlastungspaketen für Privatverbraucher sind bislang keine Hilfsprogramme für Sportvereine angekündigt. Der DOSB hat die Nichtberücksichtigung kritisiert und fordert ein Entlastungspaket für Vereine: "Es kann nicht sein, dass die Politik die Fehler der Corona-Pandemie wiederholt und die Bedeutung des Sports für die Gesellschaft so geringschätzt", sagte der DOSB-Vorstandsvorsitzende Torsten Burmester und ergänzte: "Unsere Sportvereine brauchen eine spürbare finanzielle Entlastung.“

Um Informationen über die Auswirkungen der Krise auf den Breitensport zu sammeln, hat der DOSB eine repräsentative Umfrage bei einer Auswahl von Sportvereinen angekündigt. Mit den Zahlen soll auf politischer Ebene für höhere Entlastungen geworben werden.

Auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf betonte gegenüber dem "SID" die Notwendigkeit von Hilfspaketen: "Hier brauchen wir die Politik, brauchen Förderprogramme. Ich habe das deutlich in Berlin bei der Politik platziert."

Der 61-Jährige warnte vor drohenden Auswirkungen auf den Sport: "Eines darf nicht passieren, dass nach zwei Jahren Corona, als die Plätze aufgrund der Pandemie zu waren, jetzt Plätze, Schwimmbäder oder Turnhallen geschlossen werden. Das ist nicht gut für die Gesellschaft insgesamt. Und für diese Einsicht werbe ich auch in der Politik."