Neuer Trainer im Interview Skisprung-Bundestrainer Mechler: "Hätte schon gern mehr Medaillen gewonnen"

Stand: 24.11.2021 09:00 Uhr

Maximilian Mechler hatte sein berufliches Hauptaugenmerk auf den Vertrieb von Sportartikeln gelegt, doch dann kam ein Anruf des Deutschen Skiverbandes – und damit eine spannende Zeit für den Ex-Springer, der am Wochenende beim Weltcup-Auftakt in Russland seine Premiere als Cheftrainer der Skisprung-Frauen gibt.

Sportschau: Die ersten Monate als Bundestrainer der Frauen sind geschafft. Wie war es?

Maximilian Mechler: Aufregend natürlich. Es gab viel zu tun, um in die Abläufe hereinzuwachsen. Ich bin zufrieden, wie wir uns als Trainerteam gefunden haben und wie die Athletinnen mitgemacht haben.

Sie haben 2014 als Aktiver aufgehört. Waren Sie jemals richtig weg vom Skispringen?

Mechler: Nein, ich habe direkt als Trainer im Allgäuer Skiverband angefangen, nebenbei mein Studium beendet und gemeinsam mit Kollegen eine Firma in Isny aufgemacht. Damit war ich gut beschäftigt, bin aber trotzdem als ehrenamtlicher Trainer immer mit dem Nachwuchs unterwegs gewesen. Vor zwei Jahren kam vom Skiverband das Angebot, den B-Kader zu übernehmen. Und dann habe ich nach dem unverhofften Rücktritt von Andi Bauer im Frühjahr relativ zügig einen Anruf bekommen. Lange überlegen musste ich nicht. Es ist eine Wahnsinnsehre und -herausforderung.

Der DSV erwartet neue Impulse. Was ist damit konkret gemeint?

Mechler: Der neue Prozess wurde noch unter Andi Bauer angestoßen, ich führe ihn intensiver weiter. Im Fokus stand in den letzten Wochen vor allem die Athletik. Auch auf die Technik im Flug haben wir mehr Wert gelegt, weil die Anforderungen in dieser Saison größer werden.

… weil es öfter auf Großschanzen geht …

Mechler: Genau. Wir haben einige gemeinsame Wettkämpfe mit den Männern und springen häufiger auf Großschanzen. Diese Entwicklung finde ich sehr positiv. Sie rückt Frauen-Skispringen mehr ins Blickfeld.

Mit welchen Zielen starten Sie in Ihre Premierensaison?

Mechler: Sportlich wollen wir uns an die führenden Nationen herankämpfen. Da war ja doch ein kleiner Abstand da. Bei Olympia wollen wir besonders im Mixed um eine Medaille mitspringen. Abseits des Sportlichen wünsche ich mir vor allem, dass wir gut durch die Saison kommen, ohne Verletzungen und Corona-Ausfälle. Wir geben unser Bestes und treffen alle Vorsichtsmaßnahmen, man sieht aber in den anderen Sportarten, dass es nicht ganz so leicht ist, gut durchzukommen.

Holen Sie sich Tipps von Andreas Bauer?

Mechler: Andi ist sehr interessiert daran, dass es weiter gut läuft. Er sitzt für den Deutschen Skiverband noch in FIS-Gremien, dadurch stehen wir was Material und Termine betrifft, regelmäßig im Austausch. Er fragt dann natürlich auch, wie es läuft. Er würde mir von sich aus nie reinreden, aber wenn ich ihn frage, gibt er mir Tipps.

Wie würden Sie sich als Trainer beschreiben?

Mechler: Puh, das ist schwierig. Auf jeden Fall versuche ich von allen Trainern, die ich hatte, Sachen mitzunehmen, die mir als Athlet gutgetan haben. Ich hatte viele sehr gute Trainer, davon profitiere ich jetzt auch. Ich nutze schon die Technik, würde mich aber nicht als Laptop-Trainer bezeichnen. Mir ist es schon sehr wichtig, die Sportlerin in Ihrer Persönlichkeit wahrzunehmen und nicht nur als Athletin zu sehen. Ich bin sehr ehrgeizig, versuche mich voll reinzuhängen und alles zu geben - als Sportler hatte das bei mir nicht immer funktioniert (lacht).

Im Vergleich zur letzten Saison ist der Terminkalender deutlich voller. Ist das problematisch?

Mechler: Wir werden sehr viel unterwegs sein. Nach den zwei Jahren mit verdammt wenigen Wettkämpfen wird das eine Umstellung und eine große Herausforderung für alle, bis zum Schluss gut dabei zu sein.

Erstmals gibt es auch bei den Frauen ein Neujahrsspringen: Ist das Lust oder Frust?

Mechler: Ich kenne das ja noch als Aktiver, da fiel Silvester oft klein aus. Für die Frauen ist es jetzt das erste Mal. Ich denke aber, sie freuen sich darauf.

Und worauf freuen Sie sich am meisten?

Mechler: Auf die Highlights, und davon gibt es einige. Die Heim-Weltcups in Klingenthal, Willingen und Oberhof. Auch das Neujahrsspringen, die Raw Air-Tour und, natürlich, Olympia. Als Athlet war ich nie bei den Spielen, jetzt freue ich mich auf meine Premiere als Trainer, auch wenn es vor Ort wohl sehr anstrengend wird.

Blickt man als Trainer anders auf die eigene Karriere?

Mechler: Oh ja. Manchmal denkst du, das ist doch gar nicht so schwer, warum hast du das damals nicht besser gemacht. Ich hätte in meiner Karriere schon gern mehr Medaillen gewonnen und sicher hätte man das eine oder andere anders machen können. Aber ich habe gut damit abgeschlossen und das ist wichtig.

Sind Sie vor Wettkämpfen als Trainer nervöser als zu Ihrer aktiven Zeit?

Mechler: Am Wettkampftag ist man als Trainer etwas nervöser, allerdings ist man abgelenkt, weil man die Mädels bestmöglich vorbereiten will. Zu viel Nervosität wäre da hinderlich. Angespannt und vorfreudig trifft es eher.

Das Interview führte Sanny Stephan