Skispringen Skispringer Severin Freund beendet seine Karriere

Stand: 27.03.2022 12:00 Uhr

Genau 250 Mal hat sich Severin Freund im Skisprung-Weltcup in die Tiefe gestürzt. Am Sonntag (27.03.2022) endete seine eindrucksvolle Karriere.

In Planica feierte Severin Freund einen seiner größten Erfolge – auf der Monsterschanze in Slowenien hatte der 33-Jährige nun auch seinen letzten Flug als Skispringer. Mit einer Weite von 215 Metern endete die Karriere des jahrelangen Top-Springers am Sonntag auf der Letalnica.

Freund: "Kein Ziel mehr eingefallen"

Das Karriereende des Bayern wurde am Sonntag kurz vor dem Saisonfinale in der Sportschau bekannt. Nach seinem letzten Sprung sagte Freund: "Es war nicht der einfachste Tag. Man versucht, die normalen Sachen zu machen. Aber man merkt schon beim Aufwärmen, es ist ein bisschen anders."

Die Gedanken an den Rücktritt seien ihm erst in den vergangenen Wochen gekommen, sagte Freund in der Sportschau, "als die Fragen kamen, wie es mit mir weitergeht", erklärte er. Zu den Gründen für den Rücktritt sagte er: "Dann habe ich mich gefragt, wenn Du weitermachst, dann wofür? So wie es im vergangenen Jahr mit Oberstdorf ein klares Ziel gab, und dieses Jahr mit Vikersund ist mir jetzt kein weiteres Ziel mehr eingefallen. Und dann weißt Du, dass Du in zwei Wochen im Kraftraum nicht 100 Prozent geben würdest", sagte Freund ergänzte mit einem Lächeln: "So ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Danke."

250 Weltcupspringen

Damit geht im Sonnenschein der Julischen Alpen nach genau 250 Weltcup-Springen, 14 WM- und drei Olympia-Teilnahmen eine eindrucksvolle Skisprung-Karriere zu Ende.

Eisenbichler: "Muss Tränen verdrücken"

Freunds Teamkollegen und Bundestrainer Stefan Horngacher bedauerten den Rücktritt - äußerten aber auch Verständnis für den Schritt: "Ich habe von ihm extrem viel gelernt. Ich habe gestern schon ein paar Tränen verdrücken müssen, und jetzt muss ich auch Tränen verdrücken", sagte Markus Eisenbichler, der am Samstagabend vom Karriereende erfahren hatte: "Wir haben einen Großen verabschiedet mit Severin."

Olympia-Gold 2014 - Gesamt-Weltcup 2015

Zwischen 2011 und etwa 2016 war der Rastbüchler der beste deutsche Skispringer. In dieser Zeit feierte er Olympia-Gold 2014 mit der Mannschaft, die WM-Titel von der Großschanze (2015) und im Skifliegen (2014), gewann den Gesamt-Weltcup 2015 und schaffte bei der Vierschanzentournee 2015/2016 als Zweiter seine beste Platzierung.

Viele Verletzungen ab 2017

Danach wurde die Karriere des in München lebenden Vorzeige-Springers immer wieder durch Verletzungen und Operationen unterbrochen. Die schlimmste Verletzung zog er sich dabei im Januar 2017 zu: im Training erlitt er den Riss des Kreuzbandes. Nach dem Verheilen folgte im Juli 2017 ein zweiter Kreuzbandriss. Freund verpasste Olympia 2018 und kehrte erst zur Saison 2018/2019 in den Weltcup zurück.

Wegen einer weiteren Knie-Operation verpasste er die WM 2019. Zwischenzeitlich ging Freund im Continental Cup an den Start, kämpfte sich aber in der Saison 2021/22 in den Weltcup zurück. Als letzten großen Erfolg feierte er Anfang März, als er mit dem deutschen Team Silber bei der Skiflug-WM in Vikersund holte.

Geiger: "War immer gut fürs Team"

Für Karl Geiger, der in der jüngeren Vergangenheit zu den deutschen Erfolgen flog, war Freund "viele Jahre mein Vorbild, ich habe unheimlich viel von ihm lernen können, er war immer gut fürs Team, hat uns immer unterstützt. Er wird uns fehlen", sagte der 29-Jährige in der Sportschau: "Er hatte eine unheimliche Karriere gehabt. Unheimlich auch, was er in den letzten Jahren noch geleistet hat nach seinen Verletzungen, da kann ich nur Chapeau sagen."

Geiger (noch) nicht in Freund-Fußstapfen

Fast hätte Freund mit Karl Geiger in Planica auch noch seinem legitimen Nachfolger im deutschen Team zum Weltcup-Gesamtsieg gratulieren dürfen. Doch der aktuell deutscher Vorzeigeflieger konnte sich auf der Letalnica nicht zum Weltcup-Gesamtsieger krönen.

Horngacher: "Hat viele mitgenommen"

Wie Geiger betonte auch Bundestrainer Horngacher die Teamplayer-Fähigkeiten des in München lebenden Rastbüchlers: "Severin schätze ich als Mensch sehr, schätze ihn als Sportler sehr. Er hat vorgelebt, wie man lebt als Spitzensportler, wie man an die Sachen herangeht. Er hat da viele andere Athleten mitgenommen. Er ist der Ruhepol in unserem Team gewesen. Er hat extrem mitgeholfen in der Kommunikation zwischen Athleten und Trainern", sagte der Österreicher in der Sportschau.

Schmid: "Ich werde ihn vermissen"

Teamkollege Constantin Schmid war von der Entscheidung nicht überrascht. Severin Freund werde aber "eine große Lücke reißen im Team - persönlich und auch sportlich. Ich schätze ihn sehr und ja, ich werde ihn vermissen!"

Freund und Freitag

Nach der Ära von Sven Hannawald und Martin Schmidt und vor den Erfolgen von Karl Geiger und Markus Eisenbichler waren es Severin Freund und der ebenfalls kürzlich zurückgetretene Richard Freitag, die das deutsche Skispringen am Leben hielten.

"Es war wunderschön" - Wie geht es weiter?

Im Deutschen Skiverband wünscht man sich, dass Freund künftig dem Sport erhalten bleibt. Doch der jetzige Skisprung-Rentner will sich erst einmal Zeit dafür nehmen "durchzuatmen, Zeit mit der Familie zu verbringen". Zu seiner Zukunft könne er nur so viel sagen: "Ich war zu 100 Prozent Sportler und habe das bis heute gemacht. Jetzt wird ein neues Kapitel kommen, wie das ausschaut, kann ich noch nicht sagen." Aber zumindest so viel kann er sagen: "Ich bin unheimlich zufrieden und sehr stolz und dankbar. Es war wunderschön."