Gregor Schlierenzauer

Wintersport Schlierenzauers Karriereende - der leise Abschied eines ganz Großen

Stand: 22.09.2021 11:13 Uhr

Einer der größten Skispringer der Geschichte hat seine Karriere beendet. Am Ende waren die zahlreichen Rückschläge dann wohl doch zu viel für Gregor Schlierenzauer.

Ein warmer Sommerabend, ein famoser Sonnenuntergang, nettes Ambiente. Gregor Schlierenzauer sitzt in einem stylischen Sessel. Er lächelt, wirkt tiefenentspannt und spreizt zwei Finger zum "Victory-Zeichen". Das Foto hat der 31-Jährige am Dienstag (21.09.2021) in seinem Blog gepostet. "Jede Landung ist ein neuer Start", steht darüber. Der österreichische Skispringer hat seine Karriere beendet.

"Es war eine einzigartige und gefühlsintensive Reise, die nun anders weitergeht", schreibt Schlierenzauer: "Der aktive Leistungssport hat mich in den vergangenen 15 Jahren mit all seinen Höhen und Tiefen in Bewegung gehalten, mich voll ausgefüllt und nachhaltig geprägt."

Mit 16 Jahren Österreichs Liebling

Als sein Stern aufging, war Schlierenzauer gerade einmal 16 Jahre alt. Bei der Vierschanzen-Tournee 2006/07 gewann der Teenager die Springen in Oberstdorf sowie in Bischofshofen und eroberte damit die Herzen der österreichischen Skisprung-Fans im Sturm. Über Nacht wurde er zum Star - und zu einem der größten Skispringer der Geschichte.

Er hat nahezu alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Bei 53 Weltcups stand er oben auf dem Siegerpodest - so viele Siege schaffte bis heute niemand außer ihm. Er wurde sechsmal Weltmeister, bei der Skiflug-WM holte er viermal den Titel. 2010 gewann er bei den Olympischen Spielen in Vancouver mit dem Team die Goldmedaille. Nur im Einzel blieb dem Ausnahmesportler der Olympiasieg verwehrt. Zweimal gewann er die Vierschanzen-Tournee, dazu kommen zahlreiche Schanzenrekorde, Ehrungen und Auszeichnungen.

Verletzungssorgen und mentale Probleme

EIne Biderbuchkarriere, so liest es sich. Doch seine Laufbahn war nicht nur von großen Erfolgen geprägt, sondern auch von nicht minder großen Rückschlägen. Immer wieder gab es Verletzungssorgen, hinzu kamen mentale Probleme.

Man glaubt es kaum, doch Schlierenzauers letzter Weltcupsieg liegt schon fast sieben Jahre zurück. Auch geschwächt durch eine Corona-Erkrankung sammelte der Rekord-Weltmeister im vergangenen Winter nur acht Weltcup-Punkte, im Februar riss ihm dann auch noch das Kreuzband.

Im Mai dann der nächste Schock. Der Österreichische Skiverband (ÖSV) strich den einstigen Goldjungen aus den Kadern, die Aussichten für den kommenden Winter waren alles andere als vielversprechend. Schlierenzauer hatte viel Zeit, um nachzudenken – und er tat es.

"Zeit und Abstand"

"Durch die Verletzungspause hatte ich ausreichend Zeit und den nötigen Abstand, um Vergangenes aufzuarbeiten und zu schauen, wo ich jetzt stehe", schreibt er. Das Karriereende sei ihm nicht leicht gefallen, "aber die Entscheidung fühlt sich ebenso wie der Zeitpunkt richtig an."

Schlierenzauer hätte längst in sportlicher Rente sein können, Gelegenheiten zum Aufhören hatte er genug. 2013 zum Beispiel, als er auf dem Höhepunkt seiner Karriere war. Damals gewann er die WM, den Weltcup und die Vierschanzen-Tournee.

Auch 2016 wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, als ihn psychische Probleme und ein Kreuzbandriss lahmlegten. Oder 2018, als er sich ausgebrannt aus dem Weltcup zurückzog.

Immer weiter gekämpft, ohne Erfolg

Doch Schlierenzauer kämpfte weiter - ohne Erfolg. Auch die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen deutschen Bundestrainer Werner Schuster brachte nicht die erhoffte Trendwende. "Wenn ich zurückblicke, sehe ich eine emotionale Reise, die mich Grenzen verschieben hat lassen, mir aber auch Grenzen aufgezeigt hat", zieht Schlierenzauer Bilanz.

"Ein neues Niveau"

Nun verliert der Skisprung-Zirkus einen seiner größten Athleten. Schlierenzauer habe seinen Sport auf "ein neues Niveau gehoben", schrieb sein deutscher Wegbegleiter Severin Freund.

Und jetzt? "Mein Feuer, das immer voll und ganz für den Sport brannte, brennt jetzt für neue Aufgaben, die da sind und die auf mich warten", schreibt er. Zum Abschluss sagt Schlierenzauer "bewusst auf Wiedersehen, - wo und wann auch immer - ich freue mich darauf!" So bleibt die Hoffnung, dass er seinem Sport auf die ein oder andere Art erhalten bleibt.