Tennis Tennisstar Novak Djokovic und die obskure Biotech-Firma in Dänemark

Stand: 21.01.2022 15:55 Uhr

Novak Djokovic ist an einer Firma beteiligt, die an einer erfolgreichen Behandlung von Covid-19 arbeiten soll. Doch das Engagement des serbischen Tennisstars wirft mal wieder viele Fragen auf.

Positive Schlagzeilen kann Novak Djokovic in diesen Tagen sehr gut gebrauchen. Die Abschiebung aus Australien und das tagelange Hickhack zuvor kosteten reichlich Sympathien. Falsche Angaben auf dem Einreiseformular, zweifelhafte Belege für einen positiven PCR-Test und ein Interviewtermin im Wissen um eine angebliche Infektion kratzten weiter am Image des Tennisstars, das bei vielen wegen dessen Nähe zu Nationalismus und Esoterik schon ramponiert war.

Die Meldung, dass Impfverweigerer Djokovic mehrheitlich ein dänisches Biotech-Unternehmen gekauft habe, das an einer Heilmethode gegen Covid-19 forscht, kam daher am Mittwoch (19.01.2022) zur rechten Zeit. Aber bei genauerer Betrachtung dürften sich auch diese Meldung und die Investition als wenig förderlich für den 34 Jahre alten Serben erweisen.

"Humbug-Lehre" und "Voodoo"

Das Unternehmen "Quantbiores" arbeitet mit einer Methode, die von seriösen Wissenschaftlern als unseriös bezeichnet wird. Das Nachrichtenmagazin "Stern" schreibt von einer "Humbug-Lehre", die "Süddeutsche Zeitung" von "Voodoo", der englische "Guardian" zitiert einen australischen Wissenschaftler, den die von "Quantbiores" verwandte Methode an Homöopathie erinnere, eine Pseudowissenschaft.

Als Leiterin der Forschung gibt das dänische Unternehmen die emeritierte Professorin Irena Cosic an, die an der Universität Belgrad studierte, seit vielen Jahren in Australien lebt und dort auch eine Beratungsfirma leitet, die mit dem "Resonant Recognition Model" (RRM) wirbt, das bei "Quantbiores" eingesetzt wird.

"Ungeprüftes und obskures Verfahren"

RRM ähnele "stark der Humbug-Lehre der Bioresonanz, bei der ein obskures Gewölk von Feldern, Schwingungen und Frequenzen unter anderem Allergien auslöschen und ansonsten alles und jedes irgendwie heilen oder zumindest diagnostizieren soll", schreibt der "Stern". In manchen Ländern sei das Verfahren verboten, in Deutschland werde es zumindest nicht von Krankenkassen  bezahlt.

Das stimme so, sagte der ebenfalls emeritierte Medizin-Professor Walter Dorsch zur Sportschau, der über von Irena Cosic publizierte Forschungen anhand ihres Modells hinzufügt: "Das vorgelegte Material lässt in keinster Weise vermuten, dass es beim Menschen therapeutisch eingesetzt werden kann." RRM nennt Dorsch zudem ein "ungeprüftes und obskures Verfahren", das keine Impfungen und die Einhaltung von Hygieneregeln ersetzen könne.

Leiche bei bester Gesundheit

Fragwürdig auch: Cosic veröffentlichte ihre Ergebnisse im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 im "International Journal of Sciences". Publikationen dort werden nicht von anderen Wissenschaftlern begutachtet und kommentiert, wie es bei seriösen Plattformen der Fall ist.

Walter Dorsch untersuchte vor wenigen Jahren auf dem Markt erhältliche Bioresonanzgeräte. Dabei verglich er den Gesundheitszustand von lebendigen Menschen, einem Toten, Leberkäse und feuchten Lappen. Als Ergebnis kam heraus, dass "bestehende Diagnosen schwer erkrankter Patienten" nicht erkannt worden seien, der Leiche sei "beste Gesundheit" attestiert worden. Dorschs Schlussfolgerung: "Die Gerätschaften waren nicht imstande, die jeweiligen Testmaterialien zu unterscheiden."

60 Millionen Fördergelder von der EU, Dänemark und Privatpersonen

Als Co-Autoren der Studie von Irena Cosic werden Drasko Cosic und Ivan Loncarevic genannt. Loncarevic ist Geschäftsführer von "Quantbiores". In seinem Profil beim sozialen Netzwerk "LinkedIn" gibt er an, zunächst als TV-Journalist gearbeitet zu haben, bevor er Unternehmen gründete, leitete und als Berater tätig war.

Er rühmt sich bei "LinkedIn", 450 Millionen dänische Kronen, umgerechnet mehr als 60 Millionen Euro, an Fördergeldern der EU, Dänemarks und von Privatleuten eingesammelt zu haben.

Ehepaar Djokovic hält 80 Prozent Anteile

Die Firma "Quantbiores" mit Sitz in Kopenhagen führt Loncarevic laut des sozialen Netzwerks seit August 2020. Zwei Monate zuvor war das Unternehmen gegründet worden. Die Einträge in offiziellen dänischen Registern zeigen, dass sich Novak Djokovic schon damals mit 40,8 Prozent beteiligte. Jelena Djokovic, die Frau des serbischen Tennisstars, hält 39,2 Prozent. Zu welchem Preis sie sich eingekauft haben, ist nicht bekannt.

Die restlichen 20 Prozent der Firma sind im Besitz von Anthony Charles Slingsby, dessen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Unternehmensgründung mit London angegeben wurde. Ansonsten ist über Slingsby mit einer Internetrecherche wenig zu finden, genau wie über mögliche Verbindungen von Djokovic zu ihm, Irena Cosic und Ivan Loncarevic.

Für jeden einzusehen ist hingegen der bislang einzig veröffentlichte Geschäftsbericht von "Quantbiores". Demnach fuhr das Unternehmen im ersten halben Jahr des Bestehens umgerechnet etwa 150.000 Euro Verlust ein. Die Anteilseigner, so der Bericht, hätten aber zugesagt, die Firma weiterhin zu unterstützen.