Dokuserie "Generation F" Die entscheidenden 1,27 Sekunden - Julia und ihr Traum von Olympia

Stand: 07.03.2022 21:44 Uhr

Für Leistungsschwimmerin Julia Mrozinski hängt alles an einem einzigen Wettkampf, um die Normzeit für die Teilnahme an Olympia in Tokio zu schwimmen. Die Dokuserie Generation F begleitet sie auf ihrem Weg.

Von Laura-Jasmin Leick

"Freundschaft ist wichtig, aber am Ende steht jeder für sich am Startblock." Julia Mrozinskis Weg war nie geradlinig. Schon als Kind hatte die 21-Jährige mit Asthma zu kämpfen. Umso härter trifft sie eine Corona-Infektion im Sommer 2020 - mitten in der Vorbereitung für die Olympischen Spiele in Tokio. Acht Wochen Trainingspause und mit jedem Tag geringere Chancen, sich noch rechtzeitig zurückzukämpfen.

Doch Julia gibt nicht auf und trainiert härter denn je, um es zurück an die Spitze zu schaffen. Die Dokuserie Generation F begleitet Julia auf ihrem Weg, der sie letztendlich in die USA führen wird.

Dokureihe Generation F

Generation F ist die erste Dokuserie in Deutschland, die sich auf Frauen im Sport fokussiert. Erzählt werden persönliche Geschichten von Athlet:innen, die ihren eigenen Weg gehen – dabei erleben sie Momente des Scheiterns und Zweifelns, feiern Erfolge und wachsen über sich hinaus. Julias Geschichte läuft ab 8. März in der ARD Mediathek und ab 10. März bei YouTube.

Ein Weg geprägt von Rückschlägen und Selbstzweifeln

Nicht nur die Corona-Infektion wirft Julia 2020 weit zurück. Auch ihre Psyche macht nicht mehr mit. Sie fühlt sich in ihrem muskulösen Körper nicht mehr wohl, vergleicht sich mit anderen Schwimmerinnen und fällt in ein tiefes Loch. "Ich brauche Hilfe, ich komme da nicht alleine raus."

Noch heute fällt es ihr schwer, auf diese Zeit zurückzublicken, sie muss tief durchatmen, um ihre Gedanken dieser Zeit zu teilen. Man bekommt den Eindruck, dieses Kapitel hat Julia bis heute nicht ganz abgeschlossen, denn immer noch gibt es Momente, in denen sie ihr Gewicht, ihren Körper, ihre Statur hinterfragt und die psychische Belastung spürbar wird, die ihr Sport mit sich bringt.

"Im Schwimmbad hängen geblieben"

Durch ihre Eltern sei sie einfach "im Schwimmbad hängen geblieben". Julia kam schon früh zum Schwimmsport. Mit 15 Jahren gewann sie ihre erste Goldmedaille über 200-Meter-Schmetterling bei den Europaspielen. "Wenn man ganz oben steht und die Hymne hört, das berührt einen sehr. Man sieht, dass alle für einen aufstehen und sie zollen einem Respekt dafür, was für eine Leistung man erbracht hat. Das ist schon schön."

Im gleichen Jahr verlässt Julia ihre Heimat Frankfurt am Main und ihr Elternhaus, um in Hamburg an der Eliteschule des Sports ihre Schwimmkarriere zu verfolgen. Das war schon immer so: Julia gibt alles auf, um im Schwimmen erfolgreich zu sein - auch heute, mit 21 Jahren.

Der entscheidende Moment

"Am Ende trennt die Spreu vom Weizen, wer mental am stärksten ist und wer es 110 Prozent will", sagt Julia. Und sie gibt 110 Prozent. Während des Qualifikationswettkampfs in Berlin ist sie sichtlich angespannt. Es ist Julias letzte Chance, die Olympianorm zu schwimmen. Sie läuft durchgängig mit Kopfhörern auf den Ohren durch den Europasportpark, versucht ihrer Anspannung mit Musik entgegenzuwirken. Sie spricht nicht und zieht sich in eine ruhige Ecke zurück – Julia ist im Tunnel.

In der Schwimmhalle steigt die Lautstärke. Schwimmer:innen machen sich warm, Trainer:innen laufen durch die Gänge oder feuern ihre Schützlinge im 50-Meter-Becken an. Die Luft ist warm und drückend, die Anspannung spürbar. Startschuss. Julia springt ab, taucht ins Wasser ein. Auf nur vier Bahnen entscheidet sich, wer zu Olympia fliegt und wer nicht. Am Ende sind es 1,27 Sekunden, die über Julias Teilnahme entscheiden.

Neuen Chancen in den USA

Generation F begleitet Julia im wichtigsten Jahr ihres Lebens. Neben ihrer Chance auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen absolviert sie außerdem ihr Abitur und verlässt Deutschland. Sie wird in Tennessee (USA) ein Vollstipendium antreten, um dort ihren Leistungssport neben dem Studium weiter verfolgen zu können.

"Als Profi kannst du dich in Deutschland kaum finanziell halten, das ist in den USA anders, dort bekommst du alles gestellt. Ich werde dort vier Jahre studieren und Leistungsschwimmen betreiben können."

Alles hinter sich lassen

Wie schon vor sechs Jahren lässt Julia alles hinter sich: ihren Verein in Hamburg und ihr Umfeld, das sie in jeder Krise aufgefangen und aufgebaut hat. Sie ist dankbar für die Menschen, die diesen Weg bisher mit ihr gegangen sind, findet aber, “nur weil es jetzt gerade bequem genug hier ist, muss ich das ja nicht weitermachen".

Wenn Julias Mutter Britta Lange-Mrozinski über die Zukunftspläne ihrer Tochter spricht, dann ist ein leichtes Zittern in ihrer Stimme zu hören. Dass ihre Tochter immer unterwegs ist, sind sie als Eltern gewohnt, doch diesmal ist es anders: "Das sind halt nicht 500 Kilometer, sondern mehr als 5.000."

Sicher ist sich Julia mit ihrer Entscheidung nicht. Immer wieder hinterfragt sie in stillen Momenten, ob sie den richtigen Weg einschlägt. Julia formuliert selbst: Ihr Aufbruch sei eher eine Reise zu sich selbst.