Schach Großmeister Magnus Carlsen mit nachdenklichem Blick

Schach-Streit mit Hans Niemann Magnus Carlsen gibt Partie nach nur einem Zug auf

Stand: 22.09.2022 09:56 Uhr

Schachweltmeister Magnus Carlsen gibt bei einem Onlineturnier nach nur einem Zug auf. Hintergrund ist ein Streit mit Gegner Hans Niemann, der sich gegen Betrugsvorwürfe wehren muss.

Nächster Eklat zwischen Schachweltmeister Magnus Carlsen und dem talentierten Teenager Hans Niemann: Die Online-Partie am Montag (19.09.2022) zwischen beiden Schachprofis im Rahmen des "Julius Bär Generation Cup" dauerte nur wenige Sekunden. Carlsen gab nach nur einem Zug auf und verließ den Video-Chat. Die Schach-Szene brodelt.

Bereits Anfang September war es zum Eklat zwischen den beiden Kontrahenten gekommen. Nach einer unerwarteten Niederlage gegen den US-Amerikaner Niemann hatte sich Carlsen überraschend aus dem "Sinquefield Cup"-Präsenzturnier in St. Louis verabschiedet, sich jedoch öffentlich nicht zu seinen Beweggründen geäußert. Auf Twitter postete er lediglich ein altes Interview des Fußball-Star-Trainers José Mourinho, der sagte: "Ich ziehe es vor, nichts zu sagen. Wenn ich etwas sage, komme ich in große Schwierigkeiten, und ich möchte nicht in große Schwierigkeiten kommen."

Streamer Nakamura heizt Spekulationen an

In der Schach-Szene wurde Carlsens Ausstieg als Betrugsvorwurf gegen Niemann gedeutet. Angeheizt wurden die Spekulationen unter anderem durch den amerikanischen Großmeister Hikaru Nakamura, der mit seinen Online-Streams ein Millionenpublikum erreicht.

Noch während des "Sinquefield Cups" in St. Louis gab der 19-jährige Niemann ein emotionales Interview, in dem er zugab und bereute, bei zwei Gelegenheiten als junger Teenager bei Online-Partien betrogen zu haben, nie jedoch in Präsenz am Schachbrett. Ob der talentierte US-Profi tatsächlich nur zweimal bei Onlinepartien betrogen haben soll, ist unklar. Im Rahmen der Vorwürfe beim "Sinquefield Cup" sperrte die größte Schach-Plattform der Welt, Chess.com, seinen Account, da es Beweise gäbe, die die Anschuldigungen stützen würden. Mehr ins Detail gingen die Betreiber der Plattform bisher nicht.

Schiedsrichter untersuchen die Vorwürfe

Tatsächlich ergaben Untersuchungen der Schiedsrichter in St. Louis keine Anhaltspunkte für unsportliches Verhalten im Rahmen des 2022er-Turniers, wie in einem offiziellen Statement bestätigt wurde - auch nicht von Niemann. Alle Spieler wurden täglich vor Betreten der Wettbewerbsstätte abgetastet und auf die unerlaubte Mitnahme elektronischer Geräte untersucht. Nach Carlsens Ausstieg waren die Sicherheitsmaßnahmen zudem nochmals erhöht und beispielsweise eine 15-minütige Verzögerung des Livestream-Signals beschlossen worden.

Der 19-jährige Schachspieler Hans Moke Niemann

Carlsens Sofort-Aufgabe beim "Generation Cup" zieht Kritik aus der Schach-Szene auf sich. Der ungarische Großmeister Peter Leko zeigte sich "sprachlos". Maurice Ashley, US-Schachspieler, twitterte: "Das ist schockierend und beunruhigend. Niemand kann glücklich damit sein, dass das in der Schachwelt passiert. Unglaublich!"

"Hexenjagd" gegen Niemann

Aus Sicht der Internationalen Meisterin Jovanka Houska, die das Turnier kommentierte, habe Carlsen "mehr Öl ins Feuer gegossen" und sprach von einer "Hexenjagd" gegen Niemann, bei der jegliche Beweise für Betrug fehlen würden. Tatsächlich hinterließ der Skandal seine Spuren beim talentierten US-Teenager. Nach Carlsens Ausstieg zeigte seine sportliche Formkurve nach unten beim "Sinquefield Cup".

Doch auch Carlsens Ruf wurde durch die Affäre beschädigt. Der am höchsten gewertete Schachspieler der Geschichte scheint in einer Sinnkrise zu stecken. Da er keine sportliche Herausforderung mehr darin sehe, seinen WM-Titel nochmals zu verteidigen, werden im kommenden Jahr der Russe Ian Nepomniachtchi und Chinese Ding Liren um die WM-Krone im direkten Duell kämpfen.