Kinder beim Laufen

WDR-Sport Bewegungsgipfel: Sport soll für alle möglich und einfach erreichbar werden

Stand: 14.12.2022 12:30 Uhr

Der Bewegungsgipfel in Berlin will dem durch Corona-Stillstand und Energiekrise gebeutelten Breitensport auf die Sprünge helfen. Beim LSB weiß man, dass der Sport jede Hilfe gebrauchen kann.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Oktober alarmierende Zahlen veröffentlicht. Demnach könnten infolge des Bewegungsmangels weltweit von 2020 bis 2030 fast 500 Millionen Menschen krank werden. Reichere Länder - darunter Deutschland - seien besonders betroffen. Herzkrankheiten, Fettleibigkeit, Diabetes, Depressionen und Demenz drohen als Folge des Mangels.

DOSB warnt vor psychischen und physischen Folgen

Dieser das Gesundheitssystem belastenden Bewegungslosigkeit wollen das Bundesinnen- und das Bundesgesundheitsministerium nun bei Jung und Alt entgegenwirken. Darum haben sie am Dienstag zum Bewegungsgipfel nach Berlin geladen. Dies sei eine "extrem wichtige Initiative, die wir schon in der Vergangenheit gebraucht hätten", sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Daten des Robert Koch-Instituts zufolge ist Bewegungs- und Sportmangel in allen Altersgruppen weit verbreitet.

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hatte bereits im Sommer vor den psychischen und physischen Folgen von zu wenig Bewegung gewarnt. Die WHO-Zahlen verdeutlichen die Dimension des deutschen Bewegungsdefizits: Laut Bericht bewegen sich 44 Prozent der Frauen und 40 Prozent der Männer über 18 Jahren zu wenig, und bei den 11- bis 17-Jährigen seien es sogar 88 Prozent der Mädchen und 80 Prozent der Jungen.

Schnelles Gehen hilft gesundheitlich schon weiter

Den Bewegungsumfang, den die WHO empfiehlt, erreichen viele also nicht: Das wären etwa bei 5-17-Jährigen eine Stunde Bewegung am Tag und bei Erwachsenen 150 bis 300 Minuten in der Woche. Schnelles Gehen gehört schon zu den Arten von Bewegung, die helfen sollen.

Im kommenden Jahr soll ein Entwicklungsplan Sport erarbeitet werden, der laut Innenministerium "den Sport als gemeinschaftliche Aufgabe aller begreift". Zentrale Handlungsfelder sollen die Ertüchtigung von Sportstätten, Nachhaltigkeit, Integration, Inklusion, Sport in Schulen und Kinderbetreuung sowie die Stärkung des Ehrenamtes sein. Ziel sei es, bis Ende 2023 konkrete Vereinbarungen zu treffen, wer welchen Beitrag zur Bewegungsförderung leisten kann. Sport soll für alle Menschen möglich und einfach erreichbar werden.

Beim Landessportbund NRW hofft man, dass vor allem die Jungen von diesen Maßnahmen profitieren werden. "Kinder und Jugendliche bei vielfältigen Maßnahmen in den Fokus zu nehmen, ist eine unserer ganz zentralen Aufgaben", sagt LSB-Sprecher Frank-Michael Rall. In der Corona-Zeit sei deutlich geworden, was ihnen ohne Bewegung alles fehlt.

Sport hat durch Corona viele Helfer verloren

Man habe in NRW in der Sportstätten- und Bewegungsförderung schon einiges erreicht, so Rall. Die Herausforderungen blieben jedoch groß. Als Beispiel nennt Rall die deutlichen Probleme, die man derzeit bei der Gewinnung von Ehrenamtlern habe. "Gute Angebote" wie etwa Sport im Rahmen des Ganztags an Schulen seien nur mit ihnen zu stemmen, und man habe in der Corona-Zeit viele Helfer verloren, die man zurückgewinnen müsse.

Rall sowie LSB-Präsident Stefan Klett ist wichtig, dass bei Anlässen wie jetzt dem Bewegungsgipfel in Berlin die Bedeutung des Breitensports für die Gesellschaft hervorgehoben wird. "Der Sport leistet einen elementaren Beitrag zur Bildung von Kindern und Jugendlichen, zur Gesunderhaltung quer durch alle Altersklassen und für das lebenswerte Miteinander", so Rall. Da mangele es zuweilen an Anerkennung.

Mit Blick auf seine "integrative Kraft" betont Rall, dass Sport für alle bezahlbar bleiben müsse. Dem stimmte Kollege Klett zu und erwartet vom Bewegungsgipfel nicht nur Signale, sondern nur nun auch zügige finanzielle Unterstützung: "Eine Offensive muss nun finanziell vernünftig ausgestattet werden. Während Corona ist den rund 17.000 NRW-Vereinen viel verloren gegangen, insbesondere Übungsleiter. Hier braucht es eine Qualifizierungsoffensive." Außerdem forderte er, dass mehr Geld in die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Sportvereinen gesteckt werden müsse. Für dieses Ziel sei auch die Unterstützung durch hauptberufliche Fachkraftstellen nötig.

Verhandlungen über höhere Übungsleiterpauschale in NRW

Bezüglich der Übungsleiter gibt es bereits Gespräche in NRW: "Der Sport soll in einer neuen schriftlichen Zielvereinbarung umfassend berücksichtig werden. Dabei besteht unter anderem die Hoffnung, die bewährte Übungsleiterpauschale von derzeit 7,56 Millionen Euro auf deutlich wieder über 9 Millionen Euro jährlich aufzustocken", sagt Rall. Klar müsse man in finanziell angespannten Zeiten schauen, wo welches Geld für welche Dinge vorhanden sei, aber in NRW sei "viel in Bewegung" - und bis Weihnachten vielleicht schon spruchreif.

DOSB-Vizepräsidentin Kerstin Holze erhofft sich durch den Gipfel einen Kulturwandel: Sport dürfe nicht nur eine schöne Option, sondern unverzichtbar sein, sagte Holze.