Die Ballettlehrerin korrigiert die Bewegungen der Kinder beim Training in der Tanzschule.

Zwei Jahre nach der Flut Die Flut zerstörte ihre Ballettschule, aber Claudia tanzt weiter

Stand: 13.07.2023 14:59 Uhr

Die Ballettschule von Claudia Olef wurde vor zwei Jahren von der Flut komplett zerstört. Nie wieder wollte sie Ballett im Ahrtal unterrichten, jetzt steht sie wieder im Ballettsaal.

Im Training der Tanzgruppe in Bad Neuenahr-Ahrweiler gibt es einen Spiegel, Ballettstangen, und die Kinder tragen Trikots, Haarnetze und Ballettschuhe. Ein typisches Balletttraining eben, mit allem was dazu gehört. Aber für die Kinder im Ballettunterricht von Claudia Olef ist das alles andere als selbstverständlich.

Nach der Flut tanzten die Kinder aus dem Ahrtal mit Gummistiefeln, offenen Haaren und auf rauen Böden. Überall dort, wo man eben noch tanzen konnte. Denn das alte Studio von Claudia Olef war nicht mehr zu retten. Nach der Flut konnte sie sich nicht mehr vorstellen, jemals wieder in einem richtigen Tanzstudio im Ahrtal Ballett zu unterrichten.

"Niemals aufhören": Claudias Weg zurück ins Tanzstudio

Zwei Jahre nach der Flut lächeln Claudia und ihre Schülerinnen wieder, wenn sie beim Tanzen in den Spiegel gucken. Und wenn Claudia jetzt Ballettmusik hört, plant sie die Bewegungen für die nächste Stunde. Vieles hat sich verändert nach der Flut.

Die Flut: Eine Nacht, die alles änderte

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, am 15. Juli 2021, ist es passiert. Der erste Gedanke von Claudia war "meine Schule, meine Schule, meine Schule", erzählt sie. Eben war sie noch frisch renoviert gewesen und dann kam Claudia Olef kaum durch die Tür, so verwüstet war das Studio nach der Flut. Als sie dann durch die Häuserblocks ging und das Ausmaß der Katastrophe sah, begriff sie die bittere Tatsache: Die Schule kann sie nicht mehr retten.

"Mach das, was du am besten kannst - tanze mit den Kindern!"

Claudia glaubte, sie hätte nicht genug Kraft, um eine neue Schule aufzubauen. Denn zu der Flut kam auch noch die Pandemie. Aber Claudia Olef fand in der Krise Zuflucht im Tanz. "Ich habe meine Stabilität bewahren können, weil ich getanzt habe. Ich weiß, dass ich sonst zusammengeklappt wäre", erzählt sie.

Eltern und Bekannte ermutigten sie, mit dem Tanzen weiter zumachen, denn so könne sie den Familien helfen. Sie boten ihr verschiedene Orte an und vermittelten Kontakte. Für die Hilfsbereitschaft ist sie bis heute dankbar. Die Eltern hätten dringend nach einer Ablenkung und mehr Struktur für ihre Kinder gesucht. Die Kinder würden durch den Tanz besser schlafen, ihre Hausaufgaben besser machen und hätten eine Motivation für ihren Tag, ist sich Claudia Olef sicher. Die Tanzbewegungen, das Aufrichten und Hüpfen, seien eine Abwechslung zum Schlamm schippen.

Carports, Hütten und Weinberge statt Tanzsaal

Und so hinterfragte sie auch ihre eigenen Überzeugungen durch die Flut. "Menschen, die das erlebt haben, machen einfach. Wenn du mir jetzt sagen würdest, dass ich mit einer billigen Box in einem Carport unterrichten soll, dann würde ich sagen, ich will einen Saal haben, ich will Stangen haben, ich will einen Spiegel haben", sagt sie im Interview.

So tanzte sie dann mit den Kindern im Ahrtal eben ganz ohne Spiegel und Ballettboden. Ob im Carport, in den Weinbergen, in Turnzelten oder in Hütten. "Dann habe ich festgestellt, ich trage das alles in mir. Ich brauche gar nicht meine eigene Ballettschule oder einen eigenen Saal. Ich habe das alles in mir. Das wusste ich aber nicht, das weiß ich erst durch diese Erfahrungen."

Claudia Olef übt trotzdem lieber im Ballettsaal

Dennoch drehen sich Pirouetten am besten auf Ballettboden - und er schont die Gelenke beim Tanzen. Im Oktober erhielt Claudia Olef endlich ein Angebot für einen Ballettsaal. Es ist ein Saal, wie sie ihn sich immer gewünscht hatte. Doch sie zögerte erst, zu sehr hing sie noch an der eigenen Schule, "Da hingen meine Bilder von meinen Aufführungen. Da war mein Geruch", erklärt sie. Aber dann hat sie doch zugesagt.

Inzwischen trainiert sie jeden Mittwoch verschiedene Altersgruppen in einem Reha-Sport-Zentrum in Bad Neuenahr Ahrweiler. Sie kann dort wieder alle Stile tanzen: Jazztanz, Improvisation und klassisches Ballett. Dort übt sie mit ihren Schülerinnen auch schon wieder für kleinere Auftritte.

Etwa ein Viertel der Schülerinnen kannte sie vorher, der Rest kam neu dazu. Jetzt ist Claudia Olef fast wunschlos glücklich, nur die Gruppen könnten noch voller sein, und mehr Trainingstage fände sie auch gut. "Und dann darf es immer weitergehen, bis ich irgendwann mit den Füßen nach vorne aus irgendeinem Ballettsaal rausgeschoben werde."