Markus Gaugisch, der Trainer der Bundesliga-Handballerinnen der SG BBM Bietigheim.

Handball | Bundesliga Bietigheim kurz vor der Meisterschaft: "Ein Ziel zu erreichen, ist immer geil"

Stand: 06.05.2023 09:58 Uhr

Die Handballerinnen der SG BBM Bietigheim können am Samstag Deutsche Meisterinnen werden. Für Trainer Markus Gaugisch wäre es der perfekte Abschluss seiner Zeit in Bietigheim.

Wenn die Bundesliga-Handballerinnen der SG BBM Bietigheim am Samstagabend (06.05., 19:00 Uhr in der Sporthalle am Viadukt in Bietigheim) mit einem Sieg gegen die HSG Bensheim/Auerbach die Deutsche Meisterschaft perfekt machen sollten, dann ist nicht davon auszugehen, dass ihr Trainer Markus Gaugisch sich als Feierbiest entpuppt. "Ich bin eher der stille Genießer", sagt der 49-Jährige im SWR-Interview. Für Sektduschen oder ähnliche Eskapaden seien die Jüngeren zuständig.

Das heißt aber nicht, dass Gaugisch sich nicht genauso freuen würde. Es wäre seine zweite Meisterschaft in Folge mit den Bietigheimerinnen. Außerdem hat die Mannschaft in dieser Saison den DHB-Pokal und den Supercup gewonnen. "Es geht nicht darum, darauf zu gucken, wie viele Titel man auf seiner Autogrammkarte hat. Der Moment, wenn man es geschafft hat, wenn ein Ziel erreicht ist, der war bisher immer geil."

Für Markus Gaugisch endet eine sehr erfolgreiche Zeit in Bietigheim

Gaugisch ist seit 2020 Chefcoach der Bietigheimerinnen. In der vergangenen Saison haben sie Historisches geleistet. Neben Meisterschaft, DHB-Pokal und Supercup haben sie auch die European League gewonnen und blieben 63 Spiele in Folge ungeschlagen. Gaugisch wurde zudem in Baden-Württemberg Trainer des Jahres 2022.

Die diesjährige Meisterschaft wäre für ihn der letzte Titel, den er mit den Bietigheimerinnen holt. Nach dieser Saison verlässt er den Verein, um sich auf seine Arbeit als Frauen-Nationaltrainer zu konzentrieren. Seit April 2022 hat er beide Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt. "Die drei Jahre waren toll und sind toll. Aber es ist gut für mich, dass ich es beende, weil beides gleichzeitig zehrt schon."

Große Qualitätsunterschiede in der Bundesliga der Frauen

Gaugisch ist stolz auf die Titel, die er mit seinem Team geholt hat. Aber am meisten zufrieden macht ihn, dass er seine Mannschaft weiterentwickeln konnte, dass sie besser Handball spielt als noch vor drei Jahren. In der zurückliegenden und in der laufenden Saison hat sie kein Spiel in der Bundesliga verloren. Das ist ein Beleg für die gute Arbeit, die in Bietigheim geleistet wird, zeigt aber auch, dass die Qualitätsunterschiede der einzelnen Bundesligateams enorm sind. Ein Phänomen, das sich auch in anderen europäischen Ligen wie in Frankreich, Norwegen oder Ungarn zeigt. "Es gibt nur eine kleine Spitze, die so viel Qualität hat, dass sie eigentlich vom Letzten nicht geschlagen werden kann. Diese Spitze ist weit weg und nicht so breit."

Die Bundesliga müsse attraktiver werden

Es gibt viele Ansätze, diese Diskrepanz in der Zukunft zumindest zu schmälern. Die Jugendarbeit müsse sich verbessern, dafür brauche es mehr Trainer, Bundesliga-Spielerinnen dürften nicht noch nebenbei 30 Stunden in der Woche arbeiten und dann für Spiele mit der Nationalmannschaft Urlaub nehmen müssen, die Bedingungen in den Hallen müssten standardisiert und professionalisiert werden. Das Ziel müsse laut Gaugisch sein, dass die Bundesliga besser und dadurch für Zuschauer und Medien attraktiver werde. In seiner Zeit in Bietigheim habe er es nur einmal erlebt, dass mehr als 1.000 Fans in der Sporthalle am Viadukt waren. "Mit den Bedingungen, die wir jetzt haben, da begeistern wir niemanden, der zufällig mal reinschaut."

Qualität ist auch eine Frage des Geldes - und wie klug es eingesetzt wird. Die SG BBM Bietigheim wird seit mehr als einem Jahrzehnt hauptsächlich von Olymp gesponsert, einem Bekleidungshersteller mit Sitz in Bietigheim-Bissingen. Diese finanziellen Mittel haben andere Vereine nicht. "Wir haben einen Kader, den kann sich kein anderer Bundesligist leisten. Wir haben einfach 16 Topspielerinnen, die in jeder anderen Bundesliga-Mannschaft wahrscheinlich unumstritten Stammspielerin wären", sagt Gaugisch.

Gaugisch: "Ich glaube nicht, dass ich in Tränen ausbreche"

Insofern wäre es keine Überraschung, wenn die Mannschaft auch am Samstag gewinnt und die Meisterschaft feiern darf. Es ist dann übrigens nicht davon auszugehen, dass Gaugisch angesichts seines bevorstehenden Abschieds wehmütig durch die Halle wandeln wird. "Was das angeht, bin ich schon brutal rational. Ich glaube nicht, dass ich in Tränen ausbreche." Stattdessen würde er sich am Sonntag etwas gönnen, das in den vergangenen Monaten wegen seiner beiden Trainertätigkeiten zu kurz kam: Er würde sehr lange schlafen.