Lutz Munack auf der Mitgliederversammlung von Union Berlin. Quelle: imago images/Matthias Koch

Interview | Union-Geschäftsführer Jugend "Unter der Woche spielen wir in Madrid und am Wochenende gegen Meppen"

Stand: 12.09.2023 11:51 Uhr

Durch die Qualifikation für die Champions League nimmt Union Berlin in dieser Saison gleichzeitig auch an der Youth League teil. Lutz Munack, Geschäftsführer Jugend bei den Köpenickern, freut sich auf attraktive Gegner und große Chancen für die Spieler.

Die Uefa Youth League gibt es seit mittlerweile zehn Jahren. Parallel zur Champions League tragen die A-Jugend-Mannschaften der qualifizierten Vereine ein Turnier aus, bei dem genau die Teams aufeinander treffen, die auch in der Königsklasse der ersten Mannschaften gegeneinander spielen. Weil sich Union Berlin in der letzten Saison für die Champions League qualifiziert hat, nimmt die Jugendabteilung in diesem Jahr also ebenfalls automatisch und erstmalig an der Youth League teil. Die Spiele gegen Real Madrid, die SSC Neapel und Sporting Braga finden jeweils vor den Partien der Profis statt. Unions Nachwuchs darf seine Heimspiele im Stadion an der Alten Försterei austragen.

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rbb|24: Lutz Munack, Real Madrid, SSC Neapel, SC Braga – Das sind nicht nur die Champions-League-Gegner der ersten Mannschaft von Union, sondern zeitgleich auch die Teams, mit denen sich die U19 in der Youth League misst. Wie haben Sie die Auslosung der Champions League vor knapp zwei Wochen verfolgt?
 
Munack: Die Auslosung haben wir gemeinsam im Verein geschaut. Mit allen Mitarbeitern, der ersten Mannschaft und der U19. Das war schon schön, kann man genau so sagen. Die ersten Reaktionen waren wirklich querbeet. Die Gruppe an sich - insbesondere Madrid und Neapel - hat natürlich große Freude ausgelöst. Die Spieler freuen sich über Top-Gegner, das ist klar.

Für Ihre Spieler sind internationale Reisen wahrscheinlich ähnlich ungewohnt, wie sie vor wenigen Jahren auch für die Profis noch waren. Wie haben Ihre Spieler reagiert, als sie erfahren haben, dass sie schon bald gegen Real Madrid spielen?
 
Das ist tatsächlich nicht ganz richtig. Natürlich freuen wir uns auf die Youth League, wir spielen mit unserem U21-Perspektivteam aber schon seit 2016 regelmäßige in internationalen Partien. Die Teilnahme an der Youth League nimmt uns so gesehen eine Menge organisatorische Arbeit ab.
 
Wir sind seit sieben Jahren - die Corona-Zeit etwas ausgeklammert - gegen internationale Top-Klubs unterwegs. Egal ob Premier League oder die ersten Ligen in Frankreich, Holland, Skandinavien, Spanien oder Portugal. Es ist für uns, was die Reisen oder Gegner angeht, also nichts Ungewohntes.

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Was wollten Sie mit den Testspielen im Ausland parallel zum Liga-Alltag erreichen?
 
Wir bieten das für unsere Jungs schon länger an, weil wir in dieser Entwicklungsstufe Wettkämpfe auf höchstem Niveau gewährleisten wollen. Hierbei ist auch der Einschub wichtig, dass die Youth League für uns eine U21-Maßnahme ist. Die Regelungen des Wettbewerbs geben das her, es dürfen auch ältere Spieler eingesetzt werden. Bei uns haben zum Beispiel Yannic Stein oder Aljoscha Kemlein ein Spielrecht. Gleichzeitig geben wir aber auch den Top-Talenten aus der U16 oder U17 die Möglichkeit sich zu zeigen. Es ist also keine reine U19-Maßnahme.

Geht es bei der Youth League vor allem um die Weiterentwicklung der Spieler?
 
Im Nachwuchsbereich haben wir eine gesunde Mischung. Wir wollen natürlich in den Spielen das bestmögliche Ergebnis für uns erzielen. Trotzdem schicken wir eben nicht die U19 aus dem Ligabetrieb auf den Platz, sondern auch ältere und jünger Spieler, weil der Faktor Weiterentwicklung auf höchstem Niveau insbesondere für Spieler mit großem Potential wichtig ist. Der soll aber das bestmögliche Ergebnis nicht gefährden. Das ist der Spagat, den man im Nachwuchs gehen muss.

Wo würden Sie Ihre Mannschaft im Vergleich zu Madrid, Neapel und Braga sportlich einordnen?
 
Das ist schwierig. Wir haben am Wochenende mit unserer U21 gegen die AS Monaco 2:2 gespielt. Da stellt sich wiederum die Frage, wo Monaco steht. Im Nachwuchs ist es immer so, dass Jahrgänge unterschiedlich stark sind. Real Madrid und der SSC Neapel sind auf dem Papier weit vor uns, das ist uns bewusst. Ich glaube, wir gehen nicht als Favorit in die Spiele und trotzdem werden wir gute Ergebnisse erzielen, da bin ich sicher.

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Was bedeutet eine Teilnahme an der Youth League für die Entwicklung des Klubs?
 
Wir freuen uns darüber sehr. Bei uns kommen viele Dinge zusammen. Wir haben in den letzten Jahren mehrere Spieler in den Profifußball in Europa gebracht. Wir werden in diesem Herbst den Neubau unseres Nachwuchsleistungszentrums fertigstellen. Das ist eine Trainingsstätte, die 25 Millionen Euro kostet und mit der wir europäische Standards erreichen werden. Es ist schön, dass diese Dinge durch die Youth League ein Stück weit sichtbar werden und deutlich wird, dass man auch im Jugendbereich in Treptow-Köpenick beste Bedingungen vorfindet.
 
Hinzu kommen Spieler wie Aljoscha Kemlein, der bereits seit einem Jahr mit der ersten Mannschaft trainiert, in den ersten beiden Spielen für die Profis gespielt hat und uns zeigt, dass der Weg stimmt. Es ist gut, wenn das gesehen wird.

Durch die rasante sportliche Entwicklung der ersten Mannschaft rückt nun auch die Jugendabteilung immer stärker und schneller in den Vordergrund. Stellt Sie das bei allen positiven Faktoren auch vor Herausforderungen?
 
Es ist im Leistungssport alles auf Erfolg ausgelegt. Wenn er dann eintritt, freuen wir uns darüber und gehen damit um. Wir und die Spieler stehen aber auf jeden Fall vor Herausforderungen. Die Schere zwischen den Spielen ist sehr groß. Unter der Woche spielen wir in Madrid gegen Real und am Wochenende - das ist gar nicht despektierlich gemeint - gegen Meppen. Das sind Dinge, die die Jungs und alle Beteiligten hinbekommen müssen. Das ist eine große Aufgabe für den Kopf, die aber für einen erfolgreichen Leistungssportler total bedeutsam ist. Es ist wichtig, in jedem Wettkampf 100 Prozent abzuliefern. Diese Erfahrung müssen sie machen.

Vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb sport.