Robert Andrich steht im Deutschland-Trikot auf dem Fußballplatz (Quelle: IMAGO / Langer)

Ex-Unioner Robert Andrich im Interview Ex-Unioner Robert Andrich im Interview: "Union Berlin gehört in die Bundesliga"

Stand: 05.04.2024 12:01 Uhr

Bei Union Berlin entwickelte sich der gebürtige Potsdamer Robert Andrich zum Bundesliga-Spieler. Im Interview spricht er über seine sensationelle Saison mit Leverkusen, seine Rolle in der Nationalmannschaft und die Rückkehr nach Berlin.

rbb|24: Herr Andrich, Herzlichen Glückwunsch zum Einzug ins Endspiel des DFB-Pokals. Hat das Finale in Berlin für Sie eine besondere Note? 
 
Robert Andrich: Es ist grundsätzlich schon etwas sehr Besonderes, überhaupt ein Finale spielen zu können. Und wenn man wie ich in Berlin aufgewachsen ist, dann kann man natürlich die Spezialität des Pokalwochenendes einordnen. Es ist ein Stück weit besonders für mich, aber ich glaube, das ist für alle in der Mannschaft etwas Großartiges. Darauf freuen wir uns und wollen dann auch den Pokal holen.

Sagenhafte 40 Pflichtspiele in Folge hat Bayer Leverkusen nicht verloren. Die Experten rätseln: Ist es die Mentalität Ihrer Mannschaft? Die individuelle Qualität? Taktische Finesse?
 
Wahrscheinlich ist es eine Mischung. Die Qualität des Teams ist unfassbar hoch, ob es die erste Elf ist oder die nächsten zehn. Die Mentalität kommt hinzu. Das wird gemixt und das Ergebnis sehen wir.

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Berüchtigt sind die Leverkusener Last-Minute-Erfolge. Sie selbst leiteten zuletzt gegen TSG Hoffenheim mit dem Ausgleichstreffer die Wende zum Sieg ein. Was passiert da in der Schlussphase?
 
Wir verlieren nicht den Kopf. Wir sind selbstbewusst genug, dass wir einfach unseren Stiefel zu Ende spielen und versuchen, den Gegner zu zermürben: mit vielen Pässen, vielen Richtungs- und Positionswechseln. Und es ist auch nicht so, dass wir in diesen Spielen vorher keine Torchancen gehabt hätten. Wir spielen uns über die Spieldauer hinweg viele Gelegenheiten heraus. Da will der Ball manchmal einfach nur nicht rein. Aber bisher waren wir oft genug so nervenstark, die Kugel am Ende dann doch noch über die Linie zu drücken. Das spricht brutal für die Mannschaft. 

Wie blicken Sie auf das anstehende Spiel gegen Ihren einstigen Verein Union Berlin?
 
Das Spiel ist ein besonderes für mich, weil ich viele schöne Erinnerungen mit der Alten Försterei verbinde. Ich freue mich auf die Rückkehr. Trotzdem geht es um weitere drei Punkte und die wollen wir aus Berlin mitnehmen.

Für die Unioner ist es eine schwierige Saison, zeitweise war der Verein akut vom Abstieg bedroht. Zitterten Sie mit?
 
Ja, natürlich zittert man irgendwo immer mit seinen Ex-Vereinen mit. Und natürlich schaut man das ein oder andere Spiel an, wenn es die Zeit zulässt. Ich habe schon nach dem Hinspiel gegen Union Berlin gesagt, dass ich mir wünsche, dass der Klub in der Liga bleibt. Das ist zwar noch nicht fix, aber ich gehe stark davon aus, dass sie auch nächstes Jahr in der Bundesliga spielen. Da gehört Union Berlin auch hin.

Sie selbst spielten für Bayer Leverkusen in der Hinrunde nur sporadisch. In der Rückrunde sind Sie wieder Leistungsträger. Was ist nun anders?
 
Ich bin aus einer langwierigen Verletzung wieder dazugekommen, konnte die Sommervorbereitung nicht mit der Mannschaft absolvieren. Dann kommst du in eine sehr gut funktionierende Mannschaft wieder rein, die fast jedes Spiel gewinnt. Aber Xabi Alonso hat die Rotationsmaschine angeschmissen, vor allem im DFB-Pokal und in der Europa League. Dann musst du deine Leistung bringen und das habe ich gemacht, so wie alle anderen auch. 

Öffentlich wird bei Xabi Alonso das Bild eines perfekten Trainers ohne Makel gezeichnet. Allerdings scheint er schwer greifbar.
 
Xabi hat immer viele Ideen im Kopf, setzt sich tagtäglich mit Fußball auseinander, mit den bestmöglichen Taktiken. Er strahlt eine unfassbare Ruhe aus, aber auch eine große Autorität und Siegermentalität. Lustigerweise ist er dazu ein etwas schüchterner Typ. Wenn er von den Fans herangeholt wird, dann muss er sich überwinden. Aber das macht ihn noch sympathischer.

Ein großer Erfolg war für Sie die Berufung in die Nationalmannschaft. Doch erstmal setzte es eine herbe 0:2-Pleite in Österreich.
 
Ich war einfach froh, mein Debüt für eine halbe Stunde zu geben. Ich wollte alles raushauen, was ging. Andererseits war das Spiel da schon relativ gegessen. Wir lagen zurück und waren ein Mann weniger.

Nach der Niederlage hagelte es Kritik. Zuletzt präsentierte sich das Nationalteam gegen Frankreich und die Niederlande plötzlich erfolgreich und spielfreudig. Wie haben Sie den Kontrast erlebt?
 
Ich glaube schon, dass sich in den drei, vier Monaten einiges geändert hat. Man hat es gesehen: Unsere Art und Weise, Fußball zu spielen, hat sich auch ein bisschen geändert. Ich glaube, die letzten zwei Spiele können Mut machen.

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Wie ist es, im Nationalteam neben Toni Kroos zu spielen?
 
Erstmal ist es großartig, das Trikot der deutschen Nationalmannschaft zu tragen, die Hymne zu singen und zu wissen, du stehst danach auf dem Platz. Es gibt kaum bessere Momente. Und ja, neben Toni zu spielen, ist natürlich auch eine tolle Sache. Ich hoffe, er kann das auch von mir sagen. (lacht)

Hat sich bei Ihnen beiden schon ein bestimmter Rhythmus eingespielt?
 
Ich denke schon. Ich glaube, in den zwei Spielen konnte man schon sehr viele gute Dinge sehen von uns zusammen. Aber insgesamt ist es wichtig, dass wir eine eingespielte Truppe sind. Wir sind auch zwei Spiele hintereinander mit der gleichen Aufstellung gestartet. Der Mannschaft tut das gut, wenn du gewisse Automatismen hast.

Wie sehen Sie Ihre Chancen, im hochkarätig besetzten Mittelfeld zur EM im eigenen Land zu fahren?
 
Ich glaube schon, dass ich in den letzten zwei Länderspielen meine Chance genutzt habe und gezeigt habe, was ich draufhabe. Jetzt möchte ich weiterhin im Verein performen, und dann vielleicht mit dem einen oder anderen Titel im Gepäck auch nominiert werden. Ohne überheblich zu sein, glaube ich schon, dass meine Chancen sehr gut sind.

Welchen persönlichen Empfang von den Rängen erwarten Sie eigentlich am Samstag in der Alten Försterei?
 
Wie ich die Union-Fans kenne, werden Sie etwas lauter applaudieren, wenn mein Name fällt. Darauf freue mich.

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Shea Westhoff, rbb Sport.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.04.2024, 12:15 Uhr