Lok Leipzig gegen Eintracht Frankfurt Randale Ausschreitungen Pyrotechnik Pyro

Trauerspiel statt Fußballfest Minderheit macht Fest kaputt – Vereine fordern mehr Zivilcourage

Stand: 14.08.2023 12:21 Uhr

Beim 1. FC Lok Leipzig haben am Sonntag "ein paar dumme Vollidioten" (Pressemitteilung) für eine Spielunterbrechung und ein am Ende skandalöses Pokalspiel gesorgt. In Halle wurde ein Spieler von Greuther Fürth beleidigt und in Jena musste die Polizei eingreifen, weil beide Fanlager sich nach dem Abpfiff schlimme Prügelszenen lieferten. Die Vorkommnisse rückten den Fußball in den Hintergrund und werfen Fragen auf.

Es sollten Fußballfeste in der ersten DFB-Pokalrunde werden - und die Voraussetzungen dafür waren bei den drei mitteldeutschen Landespokalsiegern 1. FC Lok Leipzig, Hallescher FC und Carl Zeiss Jena bestens. Volle Stadien, interessante Gegner und das Hoffen auf eine Pokalüberraschung.

Doch nach dem Abpfiff rückte der Sport in den Hintergrund. Stattdessen haben die Pokalspiele Nachwehen. Unschöne Nachwehen. Es wird nach unfassbar lauten Knallkörpern unter anderem auf die eigenen Rollstuhlfahrer, rassistischer Beleidigung und Rangeleien zwischen den Fanlagern Ermittlungen geben, polizeiliche Auswertungen, Strafverfolgungen.

Civa: "Wollte schon aufhören wegen der Scheiße"

"Die Minderheit macht so ein Fest kaputt", war der Trainer des 1. FC Lok Leipzig, Almedin Civa, nach dem Duell gegen Bundesligist Eintracht Frankfurt (0:7) sichtlich angefasst. Böller-Werfer hatten eine fast 15 Minuten lange Unterbrechung provoziert. Tags darauf reagierte der Verein mit einem Statement, in dem er sehr deutliche Worte an die Unruhestifter, die dort als "dumme Vollidioten" bezeichnet werden, richtete: "Ihr seid keine Fans! Niemand will eure bescheuerte Ego-Show sehen (...). Verpisst euch! In einer anderen Sprache versteht ihr es sowieso nicht."

Civa forderte schon im Anschluss des Spiels harte Strafen. "Ich hoffe, es kommt irgendwann wie in England, dass die nie wieder ins Stadion kommen, aber in unserer Gesellschaft kommt das nicht. Ich war gerade sehr emotional, was das angeht. Es verfolgt mich mein ganzes Leben, ich wollte schon aufhören mit dem Fußball wegen so einer Scheiße", sagte der 51-Jährige. "Die Mehrheit schweigt leider", ärgerte sich Civa, der viel lieber über den Sport geredet hätte: "Man macht den Namen Lok Leipzig kaputt. Das lasse ich nicht zu."

Lok-Trainer Almedin Civa: "Die Minderheit macht so ein Fest kaputt"

Zorniger: Spieler beleidigt und keiner greift ein

Das gleiche Thema beschäftigte tags zuvor auch Alexander Zorniger. Der Trainer der SpVgg Greuther Fürth hatte gerade mit 1:0 beim Halleschen FC gewonnen, doch anstatt sich über die zweite Runde zu freuen, war Zorniger sauer. Sauer auf Hallenser Fans.

Laut seiner Aussage gab es "mal wieder Vollpfosten im Stadion, die meinen, sie müssten dunkelhäutige Spieler rassistisch beleidigen. Das legt einen Schatten über alles." Zorniger hätte sich gewünscht, dass die umstehenden Personen eingegriffen hätten. "Das Stadion war fast ausverkauft. Es gab nicht so viel Platz, dass jemand mehrfach einen Spieler als Affe beleidigen kann und niemand steht daneben." Solch ein Verhalten würde bestimmten Gruppen ("braunes Gesocks") in die Karten spielen.

HFC-Pressesprecherin Lisa Schöppe bestätigte dem MDR am Montag (14.08.2023), dass der Verein eine Strafanzeige bei der Polizei gestellt hat. Außerdem veröffentlichte der Verein am Montag Abend einen offenen Brief, indem sich bei allen Betroffenen entschuldigt und zur Zivilcourage aufgerufen wurde: Wir möchten uns daher an dieser Stelle beim Spieler Julian Green wie auch bei allen anderen Spielern, die hiervon betroffen sind, entschuldigen und versichern, dass wir Rassismus und Diskriminierung missbilligen. Sollten Fans zukünftig Zeugen solcher Vorfälle in Form von rassistischen oder diskriminierenden Rufen werden, bitten wir darum, sich an den Ordnungsdienst zu wenden."

"Das geht einfach nicht" – Zorniger fordert mehr Zivilcourage

Lok-Präsident Kracht: "Gesellschaftliches Problem"

Für Lok-Präsident Torsten Kracht ist dies kein fußballspezifisches Problem und erst recht kein Ostdeutsches. "Es ist ein gesellschaftliches Problem", macht der frühere Bundesliga-Profi im MDR klar. Menschlichkeit zu zeigen und für Schwächere einzutreten, fehlt in der gesamten Gesellschaft. "Wie kann man so bekloppt sein, Böller auf unsere eigenen Fans im Rollstuhl und auf Balljungen aus unserer U17 zu werfen? Sorry, aber da erwarte ich auch von den Fans, die da drumherum stehen, eine entsprechende Reaktion, dass sie die Übeltäter zur Verantwortung ziehen", sagte Kracht der "Leipziger Volkszeitung". Lok werde alle rechtlichen Mittel ausschöpfen.

Eigentlich wäre es so einfach, die Störenfriede dingfest zu machen. Sie saßen in einem proppenvollen Stadion. Doch wer macht den Mund auf? "Wahrscheinlich bin ich auf gut Deutsch gesagt der Arsch, der das anspricht, einfach traurig, eine Frechheit", sagte Civa auf der Pressekonferenz. 

Lok-Präsident Torsten Kracht: "Das hat mehr als einen faden Beigeschmack"

Prügelszenen in Jena

Warum nur? Diese Frage stellten sich die Zuschauer auch in Jena, als nach dem Abpfiff Fans beider Lager über die Zäune und Absperrungen sprangen. Vorausgegangen waren gegenseitige Provokationen und Beleidigungen während des gesamten Spiels. Polizei und Sicherheitsdienst mussten eingreifen. Beide Vereine seien dabei, die Vorfälle auszuwerten. Es dürften Stadionverbote folgen, doch diese zu kontrollieren wird das nächste Problem für viele Vereine, die sich so viel lieber um den Sport kümmern würden.

red