Christopher Grotheer

Bundestag | Sportpolitik Bedrohter "Edelstein" – Medaillenschmieden IAT und FES beklagen Kürzungspläne

Stand: 12.07.2023 09:59 Uhr

An fast jeder deutschen WM- oder Olympiamedaille haben Wissenschaftler ihren Anteil. Nun sollen zwei bedeutende Institute in Leipzig und Berlin deutlich weniger Geld vom Bund bekommen. Dagegen formiert sich Protest.

Am Erfolg deutscher Athletinnen und Athleten bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen haben wissenschaftliche Leistungssport-Institute großen Anteil. Doch jetzt bangen das Leipziger Institut für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT) und das Berliner Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) um ihre finanzielle Ausstattung.

Medaillenschmieden IAT und FES drohen Millionen-Kürzungen

Vier Millionen Euro weniger im Olympiajahr

Vier Millionen Euro sollen beide Einrichtungen allein im Olympia-Jahr 2024 weniger bekommen. Das geht aus dem von der Bundesregierung verabschiedeten Entwurf des Haushaltsplans für das kommende Jahr vor. "Der Bundeshaushalt verkürzt sich, wird verkleinert um 6,4 Prozent, der Leistungssport ungefähr um 8 Prozent, unser Trägerverein um 19 Prozent und beim FES, wenn man es runterbricht, kommt man bei 22,3 Prozent an", erklärte FES-Direktor Michael Nitsch im Gespräch mit "Sport im Osten".

IAT-Chef Löw zu Mittelkürzungen für den Sport: "Das passt überhaupt nicht zusammen"

IAT-Chef Löw: "Werden kämpfen"

IAT-Chef Marc-Oliver Löw ordnet geplante Kürzung von vier Millionen Euro für beide Häuser ein: "Wir hatten einen Haushalt für dieses Jahr von 21,1 Millionen Euro, für 2024 wären das 17,2 Millionen. So ist es im Entwurf vorgesehen", erklärt er bei "Sport im Osten" und rechnet für das Leipziger Institut vor: "Für unser Haus würde das bedeuten, wir müssten rund 2,8 Millionen einsparen. Wir werden alles dafür tun, mit Blick auf das parlamentarische Verfahren Erleichterungen durchzubekommen. Wir werden dafür kämpfen."

An 21 von 27 Peking-Medaillen beteiligt

An 21 der 27 deutschen Olympia-Medaillen bei den letzten Winterspielen 2022 in Peking war das FES beteiligt. Entsprechend groß ist das Unverständnis von Nitsch über die geplanten Einsparungen: "Wer so einen Edelstein kaputt macht, den wir haben mit IAT und FES, da möchte ich jetzt gar keine Worte dafür finden."

Offener Brief an Bundestagsabgeordnete

Als Protest gegen die geplanten Kürzungen haben sich FES und IAT bereits am Montag (10.07.2023) mit einem offenen Brief an die Mitglieder des Deutschen Bundestages gewandt. Darin heißt es: "Sollte die angekündigte Kürzung wirksam werden, sind die Institute mit ihrer heutigen Bedeutung nicht zu erhalten. Einsparungen müssten, um wenigstens die generelle Funktion zu erhalten, weitestgehend in sportartspezifischen Projektkosten erbracht werden."

Löw: Irreparable Schäden für Sport "nicht auszuschließen"

Die Haushaltskürzungen kommen für IAT und FES überraschend. Zum einen hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gerade erst eine Kampagne für eine mögliche deutsche Olympiabewerbung gestartet. Für IAT-Chef Löw passen Bewerbung und Mittelkürzungen "überhaupt nicht zusammen. Mit einer seriösen Olympiabewerbung ist das nicht zusammenzubringen, da sind Mittelkürzungen eher kontraproduktiv." Löw geht sogar noch weiter: Irreparable Schäden für den Sport "seien nicht auszuschließen".

Zuletzt stiegen Gelder für IAT und FES

Zur Überraschung gehört auch, dass zuletzt in den Jahren 2022 und 2023 die finanziellen Mittel für IAT und FES gestiegen waren, weshalb viele neue Projekte gestartet und eine zweistellige Zahl an Mitarbeitern eingestellt wurden.

Viele Kürzungen im geplanten Haushalt

Über finanzielle Kürzungen klagen allerdings nicht nur IAT und FES. Der in der vergangenen Woche beschlossene Haushaltsentwurf sieht Einsparungen in fast allen Ressorts vor – nur im Bereich Verteidigung, Arbeit und Soziales sowie Digitales und Verkehr wurde der Etat aufgestockt. Kritisiert wurde der Entwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) so unter anderem von Gewerkschaften und dem Sozialverband VdK.

dh/dpa/pm