Ärmel hoch: Für Karl Geiger steht in Klingenthal der erste internationale Wettkampf der Vorbereitung an.

BR24 Sport Skispringen: Generalprobe mit Geiger und Eisenbichler

Stand: 05.10.2023 15:30 Uhr

In Klingenthal machen die deutschen Skispringer noch ein letztes Mal Station, bevor der Weltcup startet. Während die DSV-Stars Markus Eisenbichler und Karl Geiger die letzte Saison vergessen machen wollen, kämpft die zweite Reihe um Kaderplätze.

Von Raphael Weiss

In der vergangenen Saison sah man im Lager der deutschen Skispringer oft sehr unterschiedliche Stimmungsbilder. Während die Frauen, beflügelt von einer überragenden Katharina Schmid (ehemals Althaus), mit einem breiten Grinsen durch die Saison flogen, sah man bei den Männern meist aus Frust geballte Fäuste nach der Landung. Es war die schlechteste Weltcupsaison der vergangenen elf Jahre. Nur zwei Siege und acht Podestplätze lautete am Ende die Bilanz. Weniger Siege hatte das deutsche Team zuletzt 2011/12 (1) geholt. Rang fünf in der Nationenwertung bedeutet zudem die schlechteste Platzierung seit 15 Jahren.

Eisenbichler und Geiger: Mit Top-Aufgebot nach Klingenthal

Doch diese Negativ-Schlagzeilen, gepaart mit den Leistungstiefs der beiden Stars Markus Eisenbichler und Karl Geiger, sollen in der kommenden Saison nur noch als Motivationsgrundlage für einen deutlich besseren Weltcup dienen. Bis der wieder losgeht, dauert es noch eine ganze Weile. Am 25. November starten die Skispringer im finnischen Ruka. Ein Mattenspringen wie im vergangenen Jahr in Wisla soll es diesmal nicht geben.

Wellinger nach dem Comeback des Jahres

Und dennoch schickt der DSV zum Abschluss des Sommer-Grand-Prixs seine Topspringer nach Klingenthal. Eisenbichler und Geiger werden zum ersten und einzigen Mal in diesem Sommer in einem internationalen Wettkampf antreten und eine erste Einschätzung zulassen, wo es in dieser Saison hingehen könnte. Andreas Wellinger hat da schon ein paar mehr Sprünge auf die Matte gesetzt. Und bestätigte den guten Eindruck, den er im Saisonendspurt hinterlassen hatte. Nach vielen Verletzungen hatte der Olympiasieger von 2018 seinen Anschluss an die Weltspitze verloren. 1.539 Tage hatte er nicht mehr auf einem Podest gestanden - dann kam der Weltcup in Lake Placid und Wellinger segelte ganz nach vorne. Bei der WM krönte er sein Comeback mit Sliber im Einzel und Gold im Team.

Und der Sommer macht Lust auf mehr: Mit Sprüngen auf 92 und 90,5 Meter sicherte sich Andreas Wellinger den Sieg beim ersten von zwei Wettbewerben im österreichischen Hinzenbach und wurde anschließend Vierter. "Nach dem für mich sehr positiven Wochenende in Hinzenbach freue ich mich jetzt auf die Großschanze in Klingenthal. Das Grand-Prix-Finale in Klingenthal zu springen, macht immer großen Spaß. Die Fans sind enthusiastisch und unterstützen uns ganz enorm. Ich hoffe, wir können unsere besten Sprünge zeigen und damit auch gleich die Werbetrommel für die Deutschen Meisterschaften Anfang November rühren", wird Wellinger in einer DSV-Mitteilung zitiert.

Paschke und Leyhe kämpfen, Horngacher in der Kritik

Stephan Leyhe, in Hinzenbach Zweiter hinter Wellinger und Sechster, wird trotz - oder besser wegen - seiner starken Auftritte in Klingethal nicht an den Start gehen. Er wird zeitgleich in Lake Placid beim Continental Cup an den Start gehen. Sein ärgster Konkurrent wird dort im eigenen Team sein: der Oberstdorfer Pius Paschke. Beide kämpfen noch um den fünften Kaderplatz beim DSV. "Gemäß den neuen Regeln stehen uns fünf Startplätze im Weltcup zur Verfügung. Speziell Stephan und Pius haben gute Chancen, den Quotenplatz zu erspringen", so Bundestrainer Stefan Horngacher.

Auch für Horngacher wird der kommende Winter eine Bewährungsprobe. In der vergangenen Saison stand Horngacher stark in der Kritik. Besonders nach der verpatzten Vierschanzentournee wurde öffentlich über den Bundestrainer diskutiert. "Wir werden an verschiedenen Schrauben drehen und versuchen, wieder in die richtige Spur zu finden", hatte der 54-Jährige zum Abschluss der vergangenen Saison angekündigt. Horngacher definierte die Schrauben: Überprüfen des Materials, "Trainingsprozesse ändern. Wir machen jetzt drei Jahre das Gleiche" und mehr Durchlässigkeit für junge Talente.

Nachwuchshoffnung Raimund: Bronze und große Ansprüche

Als Konsequenz rückte Philipp Raimund (SC Oberstdorf), Shootingstar der vergangenen Saison in die Leistungsgruppe Ia. Gemeinsam mit Felix Hoffmann (SWV Goldlauter Heidersbach) und Justin Lisso (WSV Schmiedefeld), der sich im Juni am Kreuzband verletzt hat, soll Raimund die Zukunft des DSV sein. Ob sich das in einem der fünf Weltcup-Kader-Plätze widerspiegeln wird, bleibt abzuwarten. Schließlich dürften mit Eisenbichler, Geiger und Wellinger die ersten drei Plätze schon vergeben sein. Constantin Schmid - wie Raimund ebenfalls 23 - gilt als heißester Anwärter auf Platz Nummer vier.

Es wird sich auch an der Personalie Raimund zeigen, ob der Bundestrainer den Fokus auf Stabilität und Konstanz setzt, oder trotz der Kritik an seiner Person das Experiment mit Nachwuchsspringern wagt. Auch Raimund hat in diesem Sommer zahlreiche Argumente für sich gesammelt. Bei den Europaspielen in Krakau holte der 23-Jährige Bronze von der Großschanze und ließ dabei unter anderem Olympiasieger Marius Lindvik (Norwegen) hinter sich. In Klingenthal kann er noch einmal zeigen, ob er der Mannschaft auch kurzfristig helfen kann. Noch, so hört man aus dem DSV, ist das Rennen um die Kaderplätze nicht endgültig entschieden. Die Wettbewerbe am Wochenende könnten in einer engen Entscheidung den Ausschlag geben. Für die Wackelkandidaten geht der Weltcup inoffiziell also jetzt schon los.

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Quelle: Blickpunkt Sport 07.10.2023 - 17:15 Uhr