Der Rettenbachferner in Sölden beim Saisonauftakt: Wenig Schnee, viele Felsen

Zwischen Kommerz und Klimawandel Liebesgrüße aus Thailand - ein denkwürdiger Skiauftakt in Sölden

Stand: 29.10.2023 21:39 Uhr

Während beim Ski-alpin-Saisonauftakt Klimakleber, Klimawandel und ein Rennabbruch die beherrschenden Themen sind, weilt Skiweltverbands-Präsident Johan Eliasch in Thailand. Von dort gibt's Botschaften, die in Sölden alles andere als gut ankommen.

Von Bernd R. Eberwein

Es wird dauern, das erste Weltcup-Wochenende im Ski-alpin-Weltcup aufzuarbeiten. Zuviel ist passiert, vor allem neben der Piste. Schon im Vorfeld war viel diskutiert worden, über Baggerarbeiten am Gletscher, den frühen Saisonstart, die Kritik von Athletinnen und Athleten am Zeitpunkt.

Auch sportlich war's dann ganz schnell turbulent: Norwegens Supertalent Lucas Braathen trat wegen Querelen mit seinem Verband zurück, seine Landsfrau Ragnhild Mowinckel wurde nach Lauf eins am Samstag disqualifiziert - sie wurde das erste Opfer des neuen Fluorwachs-Verbots.

Dass die Frauen ansonsten zumindest ihr erste Weltcuprennen - Siegerin Lara Gut-Behrami - über die Bühne bringen konnten, rückte nur einen Tag später schon wieder in den Hintergrund: Klimaaktivisten blockierten den Weg zum Rettenbachferner, das anschließende Männerrennen blieb ohne Sieger - Rennabbruch wegen zuviel Wind.

FIS-Präsident Eliasch und eine seltsame Kehrtwende

Aus Sicht des Skiweltverbands FIS also eigentlich ein Wochenende zum Vergessen. Doch dessen Reaktion fiel, formuliert durch Präsident Johan Eliasch, der aus privaten Gründen in Thailand weilte, so aus, dass es der deutsche Sportvorstand Wolfgang Maier so formulierte: "Das ist hier sehr suspekt angekommen."

Was er damit meinte. Im ORF meldete sich Eliasch zu Wort. "Ich verstehe auch nicht, wer sich im Oktober für Skirennen interessiert und warum wir auf Gletschern ohne Schnee fahren", sagte er dort: "Ich hoffe, dass der ÖSV offen ist für eine Verlegung nach hinten." Wumms.

Nur noch Kopfschütteln bei nationalen Skiverbänden

Eine Breitseite gegen den Österreichischen Skiverband (ÖSV), wo man sich seitdem verwundert die Augen reibt. Denn: Bei der Gestaltung des Rennkalenders hat die FIS das letzte Wort. Und gerade der Weltverband sorgt bei den nationalen Verbänden mit ungewöhnlichen Rennansetzungen schon länger für Kopfschütteln.

So sind früh im November grenzübergreifende Abfahrten auf dem Matterhorn angesetzt. Auch dort waren wie in Sölden vorab Bagger & Co. im Einsatz, um die Strecken ideal zu präparieren.

DSV-Sportvorstand: "FIS präsentiert sich katastrophal"

Der Deutsche Skiverband DSV zählt wie der ÖSV zu den Verbänden, die schon länger auf Konfrontation zur FIS gehen. "Der Skiweltverband, der präsentiert sich katastrophal", sagte Wolfgang Maier schon am Samstag: "Diese ganzen Diskussionen hätten gar nicht sein müssen, wenn man den Leuten einfach mal ein bisschen zuhört. Wenn man mal versucht, Verständnis für das zu kreieren, was wir eigentlich wollen."

Die Skiverbände der Ländern wollen den Reise- und Klimawahnnsinn ja eigentlich einschränken. Die FIS beharrt in ihrem Rennkalender aber weiter auf kuriosen Ansetzungen. "Wir wollen nicht zweimal nach Amerika fliegen, das haben wir noch nie gewollt", schimpft Maier: "Erstens sprengt das unsere Budgets, die wir in den Verbänden haben, zweitens ergibt es aus unserer Sicht überhaupt keinen Sinn."

Ski alpin in Zukunft wie die Formel 1?

Maier glaubt, dass das Ende des Ski-alpin-Wahnsinns noch lange nicht erreicht hat. "Wir haben gesagt, wir wollen Wintersport betreiben, da wo wir hingehören. In einer Zeit von Anfang November bis Ende März, das ist unser Thema gewesen", sagte der Sportvorstand in Sölden: "Aber wenn man natürlich glaubt, dass man eine Formel 1 daraus machen muss – was wir aber nicht sind."

Der deutsche Ski-Funktionär erinnert an die Wurzeln des Sports: "Wir sind kein Weltsport, wir sind eine Randsportart mit einer geilen Performance, sag ich immer dazu. (...) Und wir werden auch nicht besser, nur weil wir dann nicht 40, sondern 80 Rennen fahren oder weil wir in der Wüste und in China Rennen fahren." In diese Richtung gehen aber die Visionen der FIS und ihres Präsidenten Eliasch.

DSV selbstkritisch: "Keine Gegenbewegung"

Allerdings schiebt Maier die Schuld nicht ausschließlich auf den Weltverband FIS. Die Schwäche liege auch und vor allem bei den nationalen Verbänden wie dem DSV. "Natürlich sind wir auch selber mitverantwortlich", erklärte Maier, "weil wir uns nicht so positionieren können, dass wir eine Gegenbewegung starten können und deshalb haben wir das, was wir gerade haben."

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Quelle: Blickpunkt Sport 29.10.2023 - 21:45 Uhr