von links: Dayot Upamecano, Sadio Mané, Mathys Tel, Noussair Mazraoui und Ryan Gravenberch

BR24 Sport FC Bayern: Ist Sepp Maiers harte Transfer-Kritik berechtigt?

Stand: 08.05.2023 12:22 Uhr

FC-Bayern-Legende Sepp Maier hat die Transferpolitik seines ehemaligen Vereins scharf kritisiert. "Sie haben Spieler geholt, die woanders nicht gebraucht wurden", spricht Maier den Verpflichtungen die Qualität ab. Doch sind die Vorwürfe berechtigt?

Von Victor List, BR24Sport

Die Kaderzusammenstellung beim FC Bayern ist seit Wochen ein viel diskutiertes Thema, spätestens nach dem Ausscheiden in Champions League und DFB-Pokal, womit den Münchnern "nur" noch die Aussicht auf den deutschen Meistertitel bleibt. In der Diskussion hat sich nun auch Torwart-Legende Sepp Maier zu Wort gemeldet. Im Interview mit dem "Kicker" kritisierte er die Transferpolitik seines ehemaligen Vereins scharf. Doch was ist dran an den Vorwürfen: Ein Überblick über die Transfers des FC Bayern.

Maier: Bayern hat Spieler geholt, die woanders nicht gebraucht wurden

"Bei Sadio Mané hieß es: ein super Deal. Bei (Leroy) Sané hieß es: ein super Deal. Aber glaubst du wirklich, dass Pep Guardiola einen super Spieler für 50 Millionen Euro verkauft? Oder dass Jürgen Klopp einen super Spieler gehen lässt?", fragte Maier und gab die Antwort gleich selbst: "Nein, die lassen keinen super Spieler ziehen. Bayern war da mal wieder nicht schlau, ist wieder darauf reingefallen. Sie haben Spieler geholt, die woanders nicht mehr gebraucht wurden."

Mané war vor der Saison von Jürgen Klopps FC Liverpool nach München gewechselt, konnte die Erwartungen mit elf Torbeteiligungen in 23 Spielen bislang aber nicht erfüllen. Nach seinem Kabinen-Eklat in der Champions League samt Faustschlag gegen Leroy Sané sollen die Bayern nicht abgeneigt sein, den Senegalesen im Sommer direkt wieder abzugeben.

Mané ein Schnäppchen, das nicht einschlug

Der Transfer des Flügelflitzers war von den Zahlen betrachtet ein absolutes Schnäppchen für die Münchner. Der FCB zahlte 32 Millionen für Mané, der zu diesem Zeitpunkt gerade den zweiten Champions-League-Titel im Finale gegen Real Madrid verpasst hatte und laut dem Portal transfermarkt.de über einen Marktwert von 70 Millionen verfügte. Sportvorstand Hasan Salihamdizic wurde dementsprechend von der Fußballwelt gefeiert. Auf den ersten Blick auch zu Recht. Immerhin zählte Mané zu diesem Zeitpunkt zu den besten Flügelspielern der Welt.

Kein Lewandowski-Ersatz

Doch Mané sollte Robert Lewandowski ersetzen, der München gen Barcelona verlassen hatte. Mit dem Empfehlungsschreiben von 57 Torbeteiligungen in 46 Spielen - 35 Treffer allein in der Bundesliga. Im Jahr zuvor hatte der Pole den Allzeit-Rekord von Gerd Müller geknackt und 41 Treffer erzielt. Zahlen, von denen Sadio Mané nur träumen kann. Die man von ihm aber auch nicht erwarten konnte. Denn der 31-Jährige ist kein echter Stürmer wie Lewandowski. Stattdessen ist er, der in Liverpool von Klopp bisweilen auch als falsche Neun aufgeboten wurde, eher auf dem Flügel zuhause.

Sané mit großen Leistungsschwankungen

Besser eingeschlagen hat der von Maier ebenfalls stark kritisierte Leroy Sané - Manés Kabinenopfer. Der ehemalige Schalker wechselte 2020 für eine Ablöse von 49 Millionen Euro von Manchester City nach München. Sein damaliger Marktwert betrug 80 Millionen Euro, also auch das ein Schnäppchen. Vollends überzeugen konnte Sané in München noch nicht - zu groß sind seine Leistungsschwankungen. In der letzten Spielzeit wurde der Offensivmann von den eigenen Fans sogar ausgepfiffen. Gegen Bremen traf er am Wochenende acht Minuten nach seiner Einwechslung zum zwischenzeitlichen 2:0 für das Team von Thomas Tuchel.

Nur de Ligt überzeugt bisher

Ob Cancelo, Gravenberch, Sommer oder de Ligt. Salihamidzic hat teils namhafte Spieler an die Säbener Straße gelotst. Doch von den Transfers sowohl im Sommer als auch im Winter konnte bisher nur Matthijs de Ligt überzeugen, der im Sommer von Juventus Turin an die Isar gewechselt war und sich in Windeseile zum Abwehrchef emporgeschwungen hat. Beispielhaft seine Rettungsaktion im Champions-League-Achtelfinale, als er auf der Linie klärte - nach einem Fehlpass von Wintereinkauf und Neuer-Ersatz Yann Sommer.

Auch der Schweizer hat bisher einen schweren Stand. "Natürlich waren ein paar Situationen dabei, wo er nicht gut ausgesehen hat, aber es hängt auch oft mit der Abwehr zusammen", sagte Maier. Sommer sei ein "hervorragender Bundesligatorwart, aber ihm fehlt die Genialität". Diese Genialität habe Neuer und die könne man laut Maier auch nicht trainieren.

Der im Winter von Manchester City ausgeliehene Joao Cancelo zählt unter Tuchel zwar zum Stammpersonal, hat seine Zauberflanken aber noch nicht regelmäßig zeigen können. Ein Treffer und fünf Vorlagen in 18 Pflichtspielen stehen für den Portugiesen zu Buche.

Gravenberch und Mazraoui fallen durch Interviews auf

Außerdem bedienten sich die Bayern vor der Saison großzügig bei Ajax Amsterdam. Doch die Neuzugänge Ryan Gravenberch (18,5 Mio.) und Noussair Mazraoui fallen bisher mehr durch Interviews auf, in denen sie sich über zu wenig Spielzeit beklagen, als durch Leistung auf dem Platz. Mazraoui bereitete in Bremen Sanés 2:0 immerhin mit einem sehenswerten Steilpass vor. Es war seine erste Torbeteiligung im Jahr 2023. Tuchel entgegnete Mazraoui nach seinem Interview: "Leistung ist noch viel besser als Interviews [...] Bei Bayern München liegt der Standard so hoch: Wenn du nur fünf Minuten bekommst, dann musst du in den fünf Minuten liefern." Diese Aussage lässt sich auch ohne Weiteres auf Gravenberch übertragen, der noch ohne Torbeteiligung ist und gegen Bremen nicht überzeugte.

Salihamidzic in der Kritik

Insgesamt lag Salihamdzic also mit deutlich mehr Transfers daneben. Und trotzdem feierte er sich intern für den "besten Kader aller Zeiten". Von der Einzelspielerqualität mag das stimmen, doch das Gesamtgefüge passt nicht. Das wurde in dieser Saison deutlich und dafür muss sich der Vorstand rechtfertigen. Die Aufsichtsratssitzung wurde um eine Woche nach hinten geschoben auf den 30. Mai 2023. Dort geht es dann auch um die Zukunft von Hasan Salihamidzic.

"Hier ist Bayern": Der neue BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Quelle: BR24Sport 08.05.2023 - 11:54 Uhr