Der niederländische Radfahrer Matthieu van der Poel in einem Rennen

1. Gravelbike-WM in Italien Van der Poel und viel Spektakel auf dem Schotter-Ritt

Stand: 07.10.2022 12:24 Uhr

Am Wochenende findet in Italien die erste Gravelbike-WM der Radsportler statt. Die Favoriten kommen von der Straße - es gibt aber auch ein paar echte Schotter-Spezialisten.

Von Olaf Jansen

Was soll man tun als Straßen-Radsportler, wenn man gern schnell unterwegs ist, aber zwischendurch auch mal den glatten Asphalt verlassen und sich im Gelände bewegen will? Richtig: Man steigt auf ein Gravelbike - eine Mischung aus Straßenrad und Mountainbike.

Die Industrie hat den Trend schon lange erkannt - das Geschäft mit den Rennmaschinen mit Stollenbereifung boomt. An diesem Wochenende finden in Venetien nun die ersten Weltmeisterschaften in diesem Genre statt.

Favorit van der Poel - der Alleskönner aus den Niederlanden

Topfavorit bei den Männern, die am Sonntag auf einen 194 km langen Kurs gehen, ist der Niederländer Mathieu van der Poel. Jener Alleskönner, der jüngst auch bei der Straßen-WM in Australien zu den Spitzenleuten gezählt wurde. Der dann aber früh vom Rad stieg, nachdem er die Nacht vor dem Rennen in Polizeigewahrsam verbringen musste. Eine Auseinandersetzung mit Teenagern hatte ihm Schlaf und gute Vorbereitung geraubt.

Van der Poel ist so etwas wie ein Multitalent auf dem Rad. Er wurde bereits Weltmeister im Cyclocross und Europameister auf dem Mountainbike. Es ist ganz klar, dass ihm auch das Gravelbike auf den Leib geschneidert erscheint.

Die üblichen Verdächtigen sind dabei

Van der Poel wird in einem starken niederländischen Kader von Niki Terpstra, Piotr Havik und Jasper Ockeloen - die alle mindestens ein Rennen der diesjährigen "Gravel World Series" gewonnen haben - und dem Unbound-Gravel-Sieger Ivar Slik unterstützt.

Die "Gravel World Series" ist eine elfteilige Rennserie auf dem Gravelbike - organisiert vom Radsport-Weltverband UCI. Zwar dominieren auch im Gravel-Sport weitestgehend die üblichen Verdächtigen vor allem aus den Niederlanden und Belgien, besonders beliebt ist der Sport aber in den USA und Australien.

Trend in den USA und Australien

So muss zweifelsohne auch der Australier Adam Blazevic zu den Favoriten gezählt werden - er gewann in diesem Jahr bereits zwei UCI-Rennen und stand ein drittes Mal auf dem Podest. Alex Howes, der kürzlich seine Straßenkarriere beendet hat, ist eine Schlüsselfigur in der amerikanischen Auswahl.

Andere Straßenfahrer mit einem besonderen Talent für diese Art von Gelände sind der Slowake Peter Sagan, Zdenek Stybar aus Tschechien, Sacha Modolo und Daniel Oss (Italien) und Greg Van Avermaet aus Belgien.

Paul Voss am Start - "Erwarte taktisches Rennen"

Aus deutscher Sicht ist sicherlich der Start von Paul Voss sehr interessant. Der 36-jährige Ex-Profi startet bei den Elitefahrern, obwohl er auch für einen Start in einer Altersklasse (gegen weniger starke Konkurrenz) startberechtigt wäre. "Ich freue mich auf das Rennen über 190 km auf einem doch sehr flachen Kurs. Es haben schon viele große Namen aus dem Straßenradsport ihren Start angekündigt und ich habe einfach Bock, mich wieder einmal mit diesen Fahrern zu messen", schreibt Voss in seinem Blog "Inside Pro Gravel" im "Cycling Magazine".

Ganz vorn erwartet er die Fahrer aus dem Nachbarland: "Die Niederlande wird sicherlich mit Abstand das beste Team haben mit Fahrern wie Niki Tersptra, Mathieu van der Poel und Ivar Slik. Normalerweise gewinnt bei den Gravelrennen immer der oder die Stärkste, aber ich kann mir gut vorstellen, dass es bei der Weltmeisterschaft anders sein wird, da die Rennen wohl viel taktischer sein werden."

Französin Favoritin, Svenja Betz will mitmischen

Bei den Frauen, die schon am Samstag auf einen 140-km-Kurs gehen, spricht einiges dafür, dass Pauline Ferrand-Prévot Hauptdarstellerin werden könnte. Die Französin jagt nach ihren Shorttrack-, Cross-Country- und Marathon-Mountainbike-Weltmeistertiteln ihrem vierten Regenbogentrikot des Jahres 2022 nach. 

Größte Konkurrentin könnte Lauren De Crescenzo aus den USA werden. Die Amerikanerin ist Gewinnerin der vergangenen beiden Ausgaben der langjährigen, aber inoffiziellen Gravel Worlds in Lincoln (Nebraska) und hat während der gesamten Gravel-Saison starke Leistungen gezeigt. Aus deutscher Sicht werden die Augen auf Svenja Betz gerichtet sein. Einer Quereinsteigerin, die erst seit 2017 auf dem Rad sitzt. Die 27-Jährige hat auch bereits zwei Rennen der Gravel-Series für sich entscheiden können.

Die deutsche Svenja Betz aus Steinfurt bei der deutschen Meisterschaft Strasse 2020

Svenja Betz - Spätstarterin

Alle Räder sind erlaubt

Gefahren wird in Venetien im Übrigen auf zum Großteil unbefestigten Straßen, hartem Schotter und Kopfsteinpflaster. Lediglich 27 Prozent der Strecke sind Asphalt.

Die Regeln erlauben derweil die Verwendung aller Arten von Fahrrädern - Schotter-, Straßen-, Cyclocross- oder Mountainbikes - vorausgesetzt, sie wiegen mindestens 6,8 kg und es gibt keine Beschränkungen hinsichtlich der Reifenbreite. Radwechsel sind in Verpflegungszonen erlaubt, aber Fahrradwechsel sind nicht erlaubt: Die Fahrer müssen das Rennen auf demselben Rahmen beenden, auf dem sie gestartet sind.