Pferdesport Fall Beerbaum - Reiterliche Vereinigung erhärtet Vorwürfe

Stand: 18.01.2022 14:42 Uhr

In die Affäre um angeblich unerlaubtes Barren der Springpferde auf dem Hof des viermaligen Olympiasiegers Ludger Beerbaum ist neue Bewegung gekommen. So entsprechen Beerbaums Handlungen nicht dem harmlosen "Touchieren", teilte die Reiterliche Vereinigung mit.

Nachdem der TV-Sender RTL der Deutschen Reiterlichen Vereinigung FN weiteres unveröffentlichtes Material zur Verfügung gestellt hatte, stellte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach fest, dass "Teile der dokumentierten Vorgänge eindeutig nicht unserer Beschreibung des Touchierens entsprechen. Zum Beispiel ist eine Ausholbewegung zu sehen, bevor die Touchierstange die Pferdebeine berührt."

FN bekommt ausführliches Videomaterial

RTL hatte der FN einen mehrminütigen Zusammenschnitt verschiedener Videosequenzen überlassen. Bisher waren der FN nur bei einer Gelegenheit wenige Sekunden kurzer und verpixelter Szenen vorgeführt worden. Ort und beteiligte Personen waren nicht zu erkennen. Die FN hat den längeren, unverpixelten Zusammenschnitt nun dahingehend geprüft, ob die gezeigten Szenen der Beschreibung des Touchierens entsprechen, die in den Richtlinien für "Reiten und Fahren Band 2" formuliert ist.

Beerbaum begrüßte die erste Einordnung des Verbandes in einem Statement. Es werde "deutlich, dass sich die deutsche FN sehr differenziert mit den Originalaufnahmen auseinandersetzt und auf das nach meiner festen Überzeugung zu sehende Touchieren eingeht", erklärte der 58-Jährige. Er werde mit seinem Team nun auf die FN zugehen, um anhand der Originalbilder "auch von unserer Seite die Videoaufnahmen zu erläutern und zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen".

Im Hinblick auf verbandliche Ordnungsverfahren prüft die FN nun weiter, ob sich aus den Bildern der Vorwurf einer Verletzung der Leistungs-Prüfungs-Ordnung ergibt. Darin werden konkrete Handlungen beschrieben und nur diese können von der FN mit einer Ordnungsmaßnahme belegt werden. Neben der Frage, ob solche Handlungen vorliegen, wird auch untersucht, wer die handelnden Personen in dem Video sind.

Disziplinarkommission der FN entscheidet

Für Ordnungsverfahren ist die Disziplinarkommission der FN zuständig. Die Disziplinarkommission ist ein ehrenamtliches Gremium, das mit unabhängigen Rechtsexperten besetzt ist. Am Ende eines Ordnungsverfahrens entscheidet die Disziplinarkommission darüber, ob ein Verstoß nachgewiesen wurde und ob eine Ordnungsmaßnahme ausgesprochen wird. Eine Ordnungsmaßnahme kann zum Beispiel eine Geldstrafe oder ein Ausschluss von der Teilnahme an Turnieren sein.

Unabhängig vom verbandlichen Ordnungsverfahren sind staatliche Verfahren durch die Staatsanwaltschaft oder Veterinärbehörden wegen einer möglichen Verletzung des Tierschutzgesetzes. Die FN hatte die Staatsanwaltschaft bereits in der vergangenen Woche auf den Fernsehbeitrag hingewiesen. In dem von RTL zur Verfügung gestellten Videomaterial sind auch Szenen von einem ländlichen Reitturnier zu sehen. Auch diese werden derzeit daraufhin überprüft, ob Ordnungsverfahren einzuleiten sind.

Anzeigen erstattet

Unter anderem hatte die Tierrechtsorganisation PETA bei der Staatsanwaltschaft Münster Strafanzeige gegen Beerbaum und eine weitere noch unbekannte Person wegen quälerischer Tiermisshandlung und Mittäterschaft erstattet. Beerbaum hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und seinerseits juristische Schritte angekündigt.

In der Sendung "RTL extra" sollte auf der Basis heimlich gedrehter Videoaufnahmen der Beweis erbracht werden, dass auf dem Beerbaum-Anwesen das unerlaubte Barren zur Anwendung kommt. Ob der Reiter auf den Videobildern tatsächlich Ludger Beerbaum ist, lässt sich allerdings nicht mit letzter Sicherheit erkennen. Zu sehen ist jedoch, dass ein hinter einem Hindernis kniender Mann beim Absprung des Pferdes eine lange Latte in Höhe der Vorderbeine hochreißt.