Olympia | Rennrodeln Olympiasieger - Johannes, der Glückliche

Stand: 07.02.2022 10:32 Uhr

Rennrodler Johannes Ludwig ist seit Ewigkeiten im Rodelzirkus unterwegs. Aus "Liebe zum Sport" blieb er trotz vieler Rückschläge immer am Ball und erlebt als Oldie in Peking die Krönung.

Johannes Ludwig war jahrelang kein Siegfahrer. Einer, der oft und lange im Schatten von Felix Loch stand. Einer, der akribisch am Schlitten tüftelte und sich von Rückschlägen nicht unterkriegen ließ. Die Olympischen Winterspiele in Vancouver (2010) und Sotschi (2014) verfolgte der Thüringer zu Hause vor dem Fernseher. Er war nicht nominiert worden. Ans Aufgeben dachte der mittlerweile 35-Jährige nie.

Fasziniert vom Rodeln

Aus Liebe zum Sport sagt er, ist er am Ball geblieben. "Das war meine Motivation." Die Rennrodel-Faszination verflog nie, auch nicht, wenn Ludwig als Vierter bei einer Weltmeisterschaft mal wieder ohne Medaille zurückkehrte.

Er blieb ehrgeizig, arbeitete an seinen Schwächen, verbesserte seine Stärken und rodelt die Saison seines Lebens. Erst der Gesamtsieg im Weltcup, am Sonntag (06.02.2022) nun Olympia-Gold. Bei der Siegerehrung verdrückte sich der mittlerweile zweifache Familienvater eine Träne der Freude. Wochenlang hat er seine Familie nicht gesehen, ein kleiner plüschiger Koala in seinem Rucksack ist der Glücksbringer, den ihm seine Kinder mit nach Peking geschickt haben. "Der beruhigt mich noch mal", verrät der Champion.

Sportschau-Wintersport-Podcast, 06.02.2022 17:42 Uhr

Medaille wird wie ein Schatz bewacht

Ludwig ordnete dem Jahreshöhepunkt alles unter. Dass er den "Drachen" - so der Spitzname der Bahn, am schnellsten bezwingen kann, zeigte er schon beim Olympia-Test im November. Er gewann das Weltcuprennen im National Sliding Center von Yinqang und beherrschte die mit 1582 Metern extrem lange Bahn perfekt. Bei Olympia bestätigte der Oberhofer diese Leistung, brachte vier sehr gute Läufe ins Ziel und verdiente sich damit den Olympiasieg.

Die Medaille bewachte er wie einen Schatz - unterm Kopfkissen. Das werde er auch in den nächsten Tage so handhaben, erzählte er im ZDF. Eine große Sause gab es noch nicht. Dazu stehen noch zu viele Wettbewerbe an. Seine Teamkollegen Sascha Bennecken und Toni Eggert hatten aber eine Überraschung parat. Als Ludwig nach "Hause" kam, klebte an der Tür "Olympic Champion. Ludwig der Achte". Der Thüringer geht als achter deutscher Olympiasieger in die Geschichte ein.

Mit einem Krimi abgelenkt

Und er bleibt auch im Moment des größten Erfolges bodenständig. Abheben ist nicht sein Ding. Gelassenheit schon. Vor dem vierten Lauf sei er dann aber nervös geworden, erzählt er. Statt auf- und abzulaufen, verkrümelte er sich in die Kabine und las ein Kapitel aus "Das Paket" von Sebastian Fitzek. Wenige Minuten später rodelte er zum Olympiasieg. Mit 35. Am Ziel seiner sportlichen Träume.

Ob es das jetzt war, oder Ludwig weitermacht, ist noch offen. Die Rennrodel-WM im nächsten Jahr vor der Haustür in Oberhof reizt - auch einen Olympiasieger.