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Kommentar zum Startverbot Warum Russen und Belarusen nicht zu Olympia sollten

Stand: 09.12.2022 21:34 Uhr

IOC-Präsident Thomas Bach will das Startverbot für russische Sportler aufheben. Doch gerade bei Olympia wäre das ein fatales Signal - ein Kommentar.

Während Russland seinen Angriffskrieg auf die Ukraine fortsetzt und verstärkt zivile Ziele bombardiert, setzt Thomas Bach auf Entspannung. Wenn es nach dem IOC-Präsidenten geht, sollen russische und belarusische Athletinnen und Athleten möglichst bald wieder an Wettkämpfen teilnehmen - und vor allem auch an den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Damit würde sich Bach einmal mehr als Helfer eines autoritären Regimes erweisen.

Wie so oft gibt sich Bach bei seinem Vorstoß als Hüter der olympischen Werte. "Athleten dürfen nicht für Handlungen ihrer Regierungen bestraft werden", sagt er. Und: "Wir sollten Sportler nie wegen ihres Passes von Wettkämpfen ausschließen."

Olympia - das politischste Sport-Großereignis der Welt

Bach zeichnet damit das Bild unabhängiger Athleten, die nur den Sport im Sinn haben und völlig unabhängig sind von der Politik. Es ist ein Traumbild, das besonders bei Olympia nichts mit der Realität zu tun hat.

Olympische Spiele sind das politischste Sport-Großereignis der Welt. Regierungen feiern ihre Athletinnen und Athleten als Nationalhelden, als Repräsentanten des Staates. Und sie geben Milliarden dafür aus, dass diese Repräsentanten möglichst Medaillen mit nach Hause bringen.

Sportkompanien, Empfänge und Staatsdoping

Russland ist dabei besonders eifrig. Wladimir Putin hat die Sportkompanien aus Sowjetzeiten wiederbelebt. Dort leisten Athletinnen und Athleten einen reduzierten Wehrdienst und sollen zu Spitzensportlern geformt werden.

Wer Russland dann bei Olympia vertritt, wird von Putin höchstpersönlich feierlich empfangen - so wie zuletzt noch die Winter-Olympioniken im April. Und vor allem ist das flächendeckende russische Staatsdoping bestens dokumentiert - alle Mittel sind recht.

Sportswashing mit Sotschi 2014 und Fußball-WM 2018

Zudem nutzt Putin Sport-Großereignisse als politisches Werkzeug. 2014 ließ er sich von Bach und Co. für die Austragung der Winterspiele in Sotschi loben - um kurz darauf die Krim völkerrechtswidrig zu annektieren. Auch 2018 bei der Fußball-WM in Russland gab sich Putin weltmännisch und friedliebend.

Sportswashing nennt man es, wenn autoritäre Staaten ihr internationales Image mit Sport-Großveranstaltungen aufhübschen wollen. Wie Putin hinter der Fassade tickt, zeigen die Zehntausenden Leichen in der Ukraine.

Belarus ist als Russlands Unterstützer mitschuldig, beherrscht unter seinem Machthaber Alexander Lukaschenko ebenfalls alle Tricks, den internationalen Sport für seine Zwecke zu nutzen.

Viele Sportler schweigen zum Krieg

Es gibt russische und belarusische Sportlerinnen und Sportler, die sich glaubwürdig gegen den Krieg ausgesprochen haben. Meist kommen sie aus Einzelsportarten wie Tennis, wo die Abhängigkeit vom russischen Staat gering ist. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl derer, die gegen den Krieg sind, dies aus berechtigter Angst vor Repressalien aber nicht zu äußern wagen. Für sie ist das Startverbot bitter.

Doch schwerer wiegt, was bei einer Starterlaubnis passiert, selbst wenn dies unter neutraler Flagge geschehen würde. Putin würde dies als Sieg feiern, als Signal, dass Russland weiter mitmischt. Er wäre innenpolitisch und international gestärkt. Und ukrainische Sportlerinnen und Sportler müssten gegen Angehörige eines Staates antreten, der gerade skrupellos ihre Heimat zerbombt.