Olympia | Peking Olympia-Tagebuch: "Ich bin dein Vater!"

Stand: 14.02.2022 16:59 Uhr

Er beobachtet mich schon eine ganze Weile. Dann nimmt er Fahrt auf, rast in vollem Tempo auf mich zu und kommt nur wenige Zentimeter vor mir zum Stehen: ein Roboter. Gut 80 Zentimeter groß, weiß, blinkt mal rot, mal blau. Ich, Vollblut-Journalist, nutze natürlich die Gelegenheit für ein kurzes Interview.

sportschau.de: Hallo, ich bin Sebastian. Wer bist du?

Roboter: (lautes Schnaufen) … Ich bin dein Vater!

sportschau.de: Was?

Roboter: Oh, man! Kleiner Scherz. Wegen Star Wars und so. Aber ich habe mir schon gedacht, dass ihr Deutschen keinen Spaß versteht.

sportschau.de: Moment mal, woher weißt du, dass ich aus Deutschland komme?

Roboter: Mein Lieber, ich weiß alles über dich. Sebastian Rieth, 33 Jahre alt, wohnhaft in Frankfurt, hast als Haustier einen Goldfisch. Machst hier in China so ein Tagebuch für die Sportschau und hattest gestern Abend zwei Gläser Wein, dann drei Gin Tonic und dann hast du …

sportschau.de: Ey, stop! Das gehört hier nicht her. Lass mal bitte seriös bleiben. Wie ist Olympia so für dich?

Roboter: Für mich ist das ein Kindheitstraum. Seit ich zusammengebaut wurde, fiebere ich auf diesen Moment hin. Es ist toll hier.

sportschau.de: Und was genau machst du hier?

Roboter: Ich zeige euch Journalisten den Weg.

sportschau.de: Welchen Weg? Wir sind hier in einer Halle, es gibt nur einen Weg. Und die Toiletten sind beschildert.

Roboter: Das scheint euch alle aber nicht daran zu hindern, bei mir stehen zu bleiben, mich voll zu quasseln und Fotos mit mir zu machen. Und wenn ihr fertig seid, habt ihr ganz vergessen, dass ihr eigentlich auf Toilette wolltet. (lacht)

sportschau.de: Also bist du nur hier, um auf dicke Hose zu machen?

Roboter: Ich habe keine Hose.

sportschau.de: Puh … das Interview mit dir ist ganz schön schwierig. Du bist recht klein, wächst du eigentlich noch?

Roboter: Ja, wenn ich mal groß bin, möchte ich so werden wie der Kaffee-Roboter da hinten.

sportschau.de: Das ist doch wieder so ein Dicke-Hose-Ding. Das dauert zwei Minuten, bis der den Kaffee gekocht hat. Da ist der Automat schneller. Und außerdem müssen ihn zwei Menschen betreuen.

Roboter: Ein guter Kaffee braucht eben Zeit.

sportschau.de: Das ist simpler Filter-Kaffee.

Roboter: Das ist echte Handarbeit.

sportschau.de: Von einem Roboter. Naja, ich muss jetzt tatsächlich aufs Klo. Vielen Dank für das Gespräch.

Roboter: Sehr gerne! Und nochmal zu gestern Abend, da hast du dann ...

(lautes Scheppern ist zu hören)

PS: Das Gespräch gab es so nie. Es ist frei erfunden. In Wirklichkeit waren bei dem Roboter, kurz nachdem er vor mir anhielt, die Batterien leer.