Olympia | Peking Olympia-Tagebuch: Wie ein Reporter der Kälte trotzt

Stand: 08.02.2022 13:51 Uhr

Olympia-Impressionen jenseits des Sports: Extreme Temperaturen fordern nicht nur Athletinnen und Athleten heraus. Sportschau-Reporter Sebastian Rieth nimmt uns mit in die "Kältekammer" in den Bergen rund um Zhangjiakou.

Das auf dem Foto da bin ich. Ja, ich weiß, man erkennt mich darauf nicht wirklich, aber so ist das eben in den Bergen von Zhangjiakou bei eisigem Wind und Temperaturen von bis zu minus 20 Grad. Da hilft nur dick einpacken. Zehenabfrierfaktor: 10 von 10.

An die Kälte kann man sich nicht gewöhnen

Die Kälte, sie ist mittlerweile das Topthema hier oben, sie hat den Bammel vor den täglichen Corona-Tests und das Staunen über Helfer in Marsmännchen-Anzügen locker abgelöst. An das alles haben wir uns gewöhnt - an die Kälte nicht.

Natürlich werden Sie jetzt sagen: Der soll sich mal nicht so anstellen. Winterspiele sind halt im Winter. Was für eine Memme! Aber selbst erfahrene Kollegen berichten, dass sie solche Bedingungen bisher noch nicht erlebt haben. Das mit der Memme stimmt leider trotzdem.

Unter drei paar Socken geht nichts

Also packen wir uns alle dick ein, jeden Tag, Schicht um Schicht. Unter der dicken Skijacke stecken nicht selten drei bis vier Pullover, in den Schuhen mindestens drei Paar Socken. Danach sind wir es, die sich bewegen wie Marsmännchen.

An die Athletinnen und Athleten haben wir dabei noch gar nicht gedacht, die in ihren knapp geschnittenen Anzügen sportliche Höchstleistungen bringen. Das Gesicht pulsiert, die Lunge brennt, der Atem gefriert. Egal, ob bei den Alpinen, den Langläufern, den Biathleten. Zehenabfrierfaktor: 15 von 10. Das sind schon Heldentaten.

Wir, die darüber nur berichten, versuchen uns derweil mit allem zu helfen, was wir in die Finger kriegen. Wir haben kleine Einlagen, die Wärme abgeben und die man sich unter die Füße kleben kann. Ich habe mir so eins aufs Handy gepappt, denn schon bei fünf Minuten an der eisigen Luft rauscht der Akku ab. Von 100 auf 10.

Kameramann in kurzen Hosen

Bei all den Frostbeulen gibt es aber auch so Typen wie Jan Medlik, ein Kameramann aus Tschechien, der allen Ernstes in kurzen (!) Hosen unterwegs ist. In seiner Heimat sei es auch oft so kalt, er habe sich dran gewöhnt. Harter Hund. Nach seinen Zehen hab ich ihn nicht gefragt. Vielleicht besser so.

Achja, als wir heute Morgen aus dem Hotel kamen, zeigte das Thermometer zum ersten Mal Minusgrade im einstelligen Bereich an. Minus acht Grad. Oder wie wir hier oben sagen: fast schon Sommer.