Olympia | Ski-Freestyle Eileen Ailing Gu zwischen Superstar und Hasskommentaren

Stand: 11.02.2022 08:06 Uhr

Sie hat das Zeug zum absoluten Star der Olympischen Spiele, muss aber auch viel aushalten: Eileen Ailing Gu. In China wird sie geliebt, in den USA zum Teil beschimpft.

Geschichte hat Eileen Gu bei den Olympischen Spielen bereits geschrieben: Sie holte die erste Goldmedaille im Big Air der Ski-Freestyler und hat sich damit zur jüngsten chinesischen Olympiasiegerin bei Winterspielen gekrönt.

In einem spannenden Wettbewerb hatte sie am Ende die Nase vorne. Während sie sich freute und über die Wahl des Essens nachdachte, brodelte es in den (mal wieder nicht ganz so) sozialen Netzwerken.

Nach der Goldmedaille: Pekingente

Als Gu nach ihrem Goldsprung gefragt wurde, was sie nun tun wolle, sprudelte es aus der 18-Jährigen heraus: "Ich will mir eine Pekingente holen. Die kann man nicht nur essen, sondern auch dabei zuschauen, wie sie zubereitet wird. Das ist eine Kunstform. Warum stellt ihr mir solche Fragen? Ich bekomme schon Hunger."

Währenddessen wurden die ersten Hasskommentare verfasst - in erster Linie von Menschen aus den Vereinigten Staaten. Gu wurde in Kalifornien als Tochter eines Amerikaners und einer in die USA eingewanderten Chinesin geboren, entschied sich aber mit 15 Jahren, für das Heimatland ihrer Mutter bei den Winterspielen an den Start zu gehen.

Drohungen gegen Gu aus den USA

Es trendete ein Hashtag, der Gu als Verräterin hinstellte. "Schmeißt sie raus" und "Nehmt ihr die Stanford-Zulassung weg" zählten dabei zu den harmloseren Dingen, die geschrieben wurden. Andere drohten gar, sie solle nicht wieder in das Land, in dem sie aufgewachsen ist, wo sie studiert und lebt, zurückkehren.

Gu würde die Missachtung der Menschenrechte billigen und sei das neue Gesicht kommunistischer Unterdrückung, schrieben weitere.

Unterstützung von Olympiasiegerin Kim

Nach außen will sie sich nichts anmerken lassen, gibt die unbeeindruckte und selbstbewusste Frau: "Mein Bestreben ist es nicht, jeden glücklich zu machen. Wenn Menschen mich nicht mögen, dann ist das ihre Sache." Wie es in ihr aussieht, offenbarte eine Freundin - die Snowboard-Olympiasiegerin Chloe Kim.

Gu habe sie angeschrieben, "weil die Situation für sie schwierig war", berichtet Kim, die den Umgang mit Gu als "nicht fair" bezeichnet. Stattdessen solle man ihre Leistung bewerten, und die sei mit Gold im ersten Olympia-Wettkampf "einfach verrückt".

Kim war in einer ähnlichen Situation, sie entschied sich statt für Südkorea (das Land ihrer Eltern) für die USA. Dass es Gu anders gemacht habe, sei ihre Entscheidung, sie werde dafür ihre eigenen Gründe gehabt haben.

Inmitten des Kampfes der Weltmächte

Der Streit um Gu scheint sich zu einem Kampf der Kulturen zu entwickeln. Hass in den USA und übermäßige Freude in China. Im Kurznachrichtendienst Weibo wird die "Schneeprinzessin" hochgejubelt. Rund 30 der 50 Top-Trends in sozialen Medien drehten sich um Gu Ailing mit jeweils mehreren Hundert Millionen Klicks. "Lässt sich auf dem Weg zum Sieg nicht stoppen. Vorwärts Gu Ailing" und "Chinesische Mädchen sind großartig" schreiben die Nutzer dort.

Gu steht unfreiwillig in der Mitte eines Konfliktes zwischen den Weltmächten, auch wenn sie es selbst anders sieht und die Welten zusammenbringen will: "Sport kann Menschen vereinen. Wir sind hier, um menschliche Grenzen zu verschieben. Ich bin genauso Amerikanerin wie Chinesin. Ich bin Amerikanerin in den USA und Chinesin in China." In China aber wurde sie zu dem Gesicht der Spiele gemacht, auch wenn sie selbst keine Angst habe, für politische Zwecke missbraucht zu werden.

Auf dem Weg zum Superstar der Spiele?

In erster Linie sei sie "ein 18-jähriges Mädchen, das sein Leben liebt und eine gute Zeit hat." Eileen Ailing Gu will noch mehr erreichen und hat sich drei Goldmedaillen auf die Fahnen geschrieben. Damit hat sie gute Chancen, zum Superstar der Spiele zu werden. Teil eins ihrer persönlichen Mission hat sie erfüllt. Auch im Slopestyle und in der Halfpipe will sie mit sportlicher Höchstleistung überzeugen und zur Besten der Besten aufsteigen.

Dass sie damit alle Menschen für sich gewinnt, ist nicht zu erwarten. Dafür hat sich zum einen die Diskussionskultur in den sozialen Netzwerken in den vergangenen Jahren in eine völlig falsche Richtung entwickelt, zum anderen gilt, was die US-amerikanische R&B-Gruppe 3LW bereits im Jahr 2000 gesungen hat: 'Haters gonna hate'. Frei und wohlwollend übersetzt: Wer meckern will, wird auch meckern.