Motorsport Formel 1 - Sotschi als Verschnaufpause im Titelkampf?

Stand: 23.09.2021 09:10 Uhr

Das Rennen im russischen Sotschi könnte im aufgeheizten Titelkampf der Formel 1 zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen eine Verschnaufpause werden - mit klaren Vorteilen für den Briten.

Kollision nach dem Start in Imola, Berührung nach dem Start in Spanien, Crash in der ersten Runde von Silverstone und zuletzt das Aus beider Fahrer in Monza: Das WM-Duell zwischen Lewis Hamilton im Mercedes und Max Verstappen im Red Bull ist ein Kampf auf Biegen und Brechen und einer der spannendsten Titelkämpfe in der Formel 1 der vergangenen Jahre. Vor dem Großen Preis von Russland in Sotschi liegt Verstappen fünf Punkte vorne in der Fahrerwertung. Bei noch acht ausstehenden Rennen in diesem Jahr ist jeder Zähler wichtig. Das 15. Rennen der Saison am Sonntag (26.09.2021) läutet langsam die entscheidende Phase im Duell der Titelanwärter ein.

Doch das Russland-Rennen könnte im enorm aufgeheizten und vergifteten Titelkampf eine Art Verschnaufpause werden. Vieles spricht dabei für Hamilton. Das zeigt schon die Statistik. Jedenfalls stand in den bisherigen sieben Rennen am Schwarzen Meer am Ende immer ein Silberpfeil-Pilot ganz oben auf dem Treppchen. Der Brite ist mit vier Erfolgen zugleich Rekordsieger auf dem Mercedes-Wohlfühlkurs.

Verstappen strafversetzt

Ein weiterer Vorteil für Hamilton: Verstappen wird nach dem Crash in Monza in der Startaufstellung um drei Plätze strafversetzt. "Es war nie eine gute Strecke für uns", sagt Verstappen. Trotzdem sieht sich der 23-jährige Niederländer bestens vorbereitet: "Wir sind dieses Jahr wettbewerbsfähiger." Im Vorjahr war er immerhin Zweiter hinter Hamiltons Teamkollegen Valtteri Bottas geworden.

Beobachter rechnen aber sogar damit, dass Red Bull sich entscheidet, den Motor des Herausforderers zu wechseln. Dann müsste er sich in der Startaufstellung ganz hinten einreihen. Fachmedien spekulieren bereits über dieses mögliche Szenario.

Start enorm wichtig

Wie auch immer: Ein Spektakel ist nicht zu erwarten. Vielmehr wird es vor allem auf den Start ankommen. Die ersten Meter sind für den Rennausgang vermutlich fast so entscheidend wie in Monaco. Denn Überholen ist im Autodrom durch den Olympia-Park der Winterspiele von 2014 schwierig bis nahezu unmöglich. "Man muss 1,4 oder 1,5 Sekunden pro Runde schneller sein als der Vordermann, um zu überholen", sagt Hamilton über den 5,848 Kilometer langen Kurs.

Die Folge: Sotschi gehört unter Fahrern und Fans nicht gerade zu den Lieblingsstrecken im Jahr. Die Macher der Formel 1 haben das Problem längst erkannt. Nächstes Jahr macht die Königsklasse ein letztes Mal in Sotschi Halt. Ab 2023 dreht sie dann in Sankt Petersburg ihre Runden - und hofft auf abwechslungsreichere Rennen in Russland.

Sticheleien gehen weiter

Wichtig ist deshalb das Qualifying. Landet Hamilton dort vor Verstappen, muss er seinen Wagen im Prinzip nur über die Ziellinie bringen. Doch er steht auch unter Druck. Die Bilanz ist mäßig, nur einen Sieg gab es in den zehn jüngsten Rennen. Einen Ausfall darf es deshalb nicht geben.

Und die Konkurrenz stichelt munter gegen ihn. "Ich fahre seit langer Zeit Rennen und bin so dankbar, dass ich immer noch hier bin", hatte Hamilton  in Monza gesagt, nachdem Verstappens Auto mit einem Rad auf seinem Helm gelandet war. Der Cockpit-Schutz verhinderte eine schlimme Verletzung, "Der ganze Vorfall war sicher nicht lebensgefährdend. Wenn er wirklich seriöse Nackenschmerzen oder Probleme gehabt hätte, dann wäre er nicht in New York gewesen", sagte hingegen Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Tatsächlich flog Hamilton direkt einen Tag nach dem Crash in die USA. Dort nahm er gut gelaunt an einer Mode- und Spendenveranstaltung teil.

Um Deeskalation bemüht

Dennoch sind die Teams um Deeskalation bemüht. "Wir von unserer Seite versuchen, auf Max einzuwirken, dass eben gegenseitiger Respekt da ist und Kollisionen zu vermeiden sind", sagte Marko. Ähnlich handhabt es Mercedes und vertraut ganz auf die Erfahrung von Hamilton, der in Sotschi als erster Fahrer seinen 100. Grand-Prix-Sieg landen kann. "Lewis bestreitet in dieser Saison zum zehnten Mal in seiner Formel-1-Karriere einen WM-Kampf und er ist hochkonzentriert auf seine Ziele für die nächsten acht Rennen", sagte Toto Wolff, der Motorsportchef von Mercedes.

Allenfalls eine Verschnaufpause

Falls in Russland alles seinen gewohnten Gang nimmt, dann landet Hamilton vor Verstappen und kann sich wieder an die Spitze der Gesamtwertung setzen – und das alles ohne Kollision. Beim Rennen in der Türkei werden dann wohl aber auch wieder auf der Strecke die Messer gewetzt.